Archiv für den Monat: November 2011

Erst klauen, dann beschweren

FahrradfahrerEben unter der Überschrift „Erst klauen, dann beschweren“ berichtet die Münsteraner Tagespresse heute über einen ungewöhnlichen Brief, den ein Münsteraner Fahrradhändler erhalten hat. In dem Brief beschwert sich der Absender über ein kaputtes Fahrradschloss, das er bei ihm entwendet hatte. Der Dieb beschwert sich darüber, dass das Fahrradschloss nicht funktioniert. Für seine Tat hat der Dieb eine ungewöhnliche Entschuldigung parat, nachzulesen hier:

Der Unbekannte beschwert sich zunächst, dass die Stadt aus seiner Sicht „unrechtmäßigerweise mein gutes Fahrradschloss am Bahnhof kaputt geflext hat.“ Da er kaum Geld zur Verfügung habe, „musste ich mir leider bei Ihnen eins klauen.“ Doch die Freude an dem bei Hürter direkt im Thekenbereich von der Regalwand stibitzten Bügelschloss währte nicht ewig.“

Die Stadt Münster also als Anstifterin? 🙂 :-).

Strafzumessung: Strafschärfende fehlende Einsicht

Mich erstaunt bei der Auswertung der BGH-Entscheidungen auf der Homepage des BGH dann doch immer wieder, welche (Anfänger)Fehler doch bei der Strafzumessung gemacht werden. Ein Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 20.10.2011 –  1 StR 354/11, in dem es heißt:

Die Ausführungen in den Urteilsgründen, zu Lasten des überwiegend bestreitenden Angeklagten sei dessen fehlende „Einsicht darin, dass er Fehler gemacht hat“ zu berücksichtigen (UA S. 178), lassen besorgen, dass prozessual zulässiges Verteidigungsverhalten zu Unrecht strafschärfend berück-sichtigt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 3 StR 192/10; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 – 1 StR 199/07 jew. mwN). Zwar kann ein Verhalten des Täters nach der Tat strafschärfend wirken, wenn es trotz der ihm zustehenden Verteidigungsfreiheit auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit oder die Gefahr künftiger Rechtsbrüche hinweist oder andere mit der Tat zusammenhängende ungünstige Schlüsse auf seine Persönlichkeit zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1981 – 3 StR 61/81; BGH, Urteil vom 24. Juli 1985 – 3 StR 127/85) oder wenn die Grenzen angemessener Verteidigung eindeutig überschritten sind und das Vorbringen des Angeklagten eine selbständige Rechtsgutsverletzung enthält (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2004 – 4 StR 576/03; zum Ganzen auch Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl.,  § 46 Rn. 41 mwN; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 378 ff.). Dafür ist hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich.

So etwas sollte einer Strafkammer nicht passieren.

Mit der Vollmacht kann man verteidigen

Mit der Vollmacht kann man verteidigen. Das ist kein Geheimnis, sondern u.a. gerade der Grund für die sog. „Vollmachtsverweigerung“. Es macht auch schon Sinn, die Vollmacht auf einen Verteidiger zu beschränken. Das kann, wie der OLG Celle, Beschl. v. 30.08.2011 – 311 SsRs 126/11 – zeigt, Auswirkungen haben. Denn:

„Eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides an den Verteidiger liegt nicht vor, wenn die Zustellung ausdrücklich an die Kanzlei als solche und ohne jeden namentlichen Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger erfolgt ist.“

Interessant der Beschluss dann auch im weiteren Teil, wenn es um die Heilung eines solchen Zustellungsmangels geht. Denn dazu sagt das OLG Celle:

Ein solcher Zustellungsmangel wird nicht durch die formlose Übersendung des Bußgeldbescheides an den Betroffenen in Verbindung mit der Unterrichtung über die an den Verteidiger veranlasste Zustellung geheilt.“

Das hat vor einiger Zeit das OLG Saarbrücken anders gesehen.

DNA passt – Basta, du warst es…

Ungefähr so hatte es sich offenbar die Strafkammer beim LG Aachen in ihrer Beweiswürdigung gedacht, die einem bestreitenden Angeklagten eine Verurteilung wegen der Beteiligung an einem Raubüberfall eingebracht hat. Dem LG lag ein DNA-Gutachten des LKA NRW vor. Auf das hatte die Strafkammer pauschal verwiesen. U.a. das beanstandet der BGH, Beschl. v. 12.10.2011 – 2 StR 362/11:

….Die vom Revisionsführer und dem Generalbundesanwalt gleichermaßen beanstandete Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssät-ze verstößt (BGH 4 StR 285/10 vom 28. Oktober 2010; st. Rspr.).

Legt man dies zugrunde, stellt sich die Beweiswürdigung hier in mehrfacher Hinsicht als lückenhaft dar. Zunächst rügt die Revision zu Recht, dass das Landgericht zur Begründung seiner Feststellung, es habe sich eine DNA-Spur des Angeklagten auf der Handytasche der Umhängetasche befunden, pauschal auf ein „Gutachten des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen vom 30.3.2011 in Verbindung mit dessen Mitteilung vom 3.2.2009“ verweist (UA 11). Zwar handelt es sich bei der molekulargenetischen Untersuchung von DNA-Spurenträgern um ein standardisiertes Verfahren, bei dem die Darlegungsanforderungen in den Urteilsgründen geringer sind, als dies normalerweise bei Sachverständigengutachten der Fall ist, und es insbesondere keiner Darlegung der Untersuchungsmethode bedarf. Um dem Revisionsgericht die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die auf das Gutachten gestützte Überzeugung des Landgerichts auf rechtsfehlerfreier Grundlage beruht, hätte es gleichwohl in den Urteilsgründen neben der Berechnungsgrundlage zumindest der Mitteilung bedurft, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger in Be-tracht kommt. Denn was das Ergebnis der DNA-Analyse betrifft, bedarf es re-gelmäßig jedenfalls eines Seltenheitswertes im Millionenbereich, um die Überzeugung des Tatrichters zu begründen, dass eine bestimmte Spur vom Ange-klagten herrührt (BGH NStZ 2009, 285).

Die Beweiswürdigung ist aber auch deshalb lückenhaft, weil das Landge-richt sich nicht ausreichend mit der für die Täterschaft des Angeklagten entscheidenden Frage auseinandersetzt, ob zwischen der DNA-Spur und der Tat ein Zusammenhang besteht. …...

Zunächts: Für alle die, die immer auf die Staatsanwaltschaft und den GBA schimpfen:..“Die vom Revisionsführer und dem Generalbundesanwalt gleichermaßen beanstandete Beweiswürdigung …“.

Und: DNA passt – basta, du warst es, geht so einfach nicht.

 

Schlussantrag des Generalanwalts zur Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in EuGH C-419/10

Ein Autor des VRR hat mich auf den am 10.11.2011 gestellten Schlussantrag des Generalanwalts in der noch beim EuGH anhängigen „Führerscheinsache“ C-419/10 (Hofmann) aufmerksam gemacht. Er lautet:

„Die Art. 2 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ablehnen muss, wenn dessen Inhaber im erstgenannten Mitgliedstaat ein Führerschein wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss entzogen worden ist und in dem ausstellenden Mitgliedstaat nicht die in Nr. 14.1 des Anhangs III der Richtlinie 2006/126 vorgesehenen Überprüfungen bezüglich seiner Fahrtauglichkeit vorgenommen wurden.