Vergleichende Strafzumessung – gibt es nicht bzw. kann es nicht geben

Der 1. Strafsenat des BGH hat in dem zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen BGH, Beschl. v.28.06.2011 – 1 StR 282/11 zur vergleichenden Strafzumessung bei Tatbeteiligten Stellung genommen. Das ist ein Punkt, der in der Praxis immer wieder ein Rolle spielt. Der 1. Strafsenat hat dazu jetzt grundsätzlich Stellung genommen und führt u.a. aus:

Der Revisionsführer weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die vergleichenden Ausführungen des Landgerichts zu der Strafpraxis anderer Gerichte rechtlichen Bedenken begegnet.

Dem Landgericht ist zuzugeben, dass in zahlreichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs das Postulat aufgestellt wird, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 – 5 StR 536/08 = StV 2009, 244, 245; BGH, Beschluss vom 27. November 2008 – 5 StR 513/08 = StV 2009, 351; BGH, Beschluss vom 11. September 1997 – 4 StR 296/97 = NStZ-RR 1998, 50; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1996 – 1 StR 562/96 = NStZ-RR 1997, 196, 197; BGH, Urteil vom 7. Januar 1992 – 5 StR 614/91 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23; BGH, Beschluss vom 9. Juli 1987 – 1 StR 287/87 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1; BGH, Beschluss vom 16. De-zember 1980 – 1 StR 461/80 = StV 1981, 122, 123; BGH, Urteil vom 14. März 1978 – 1 StR 8/78).

Das soll auch gelten, wenn ein Täter nach Jugendrecht und der andere nach Erwachsenenrecht verurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 1991 – 4 StR 272/91 = StV 1991, 557).

Diese Verpflichtung für den Tatrichter bei seiner Strafzumessungsentscheidung trifft sicherlich zu, wenn Mittäter in einem Urteil abgeurteilt werden. Freilich müssen Unterschiede nur dann im angefochtenen Urteil erläutert werden, wenn sie sich nicht – was aber zumeist der Fall sein wird – aus der Sache selbst ergeben (vgl. u.a. BGH StV 2009, 244, 245; BGH StV 2009, 351; BGH NStZ-RR 1998, 50; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1).

Diese sachlich-rechtliche Begründungspflicht kann auch gegeben sein, wenn die Strafkammer in derselben Besetzung (einschließlich der Schöffen), z.B. in einem abgetrennten Verfahren gegen Mittäter, entscheidet und das oder die anderen Verfahren danach gerichtsbekannt sind. Auf die Strafpraxis anderer Gerichte und auch anderer Kammern desselben Gerichtes kommt es hingegen nicht an (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl., Rn. 485). Ein Grundsatz, dass Mittäter, wenngleich von verschiedenen Gerichten, bei vermeintlich gleicher Tatbeteiligung gleich hoch zu bestrafen seien, besteht nicht und kann in dieser Form auch nicht bestehen, weil die Vergleichsmöglichkeiten zwischen den in verschiedenen Verfahren gewonnenen Ergebnissen zu gering sind, ganz besonders zur inneren Tatseite und zum Ma-ße der Schuld (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 5. April 1951 – 4 StR 129/51 NJW 1951, 532; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Dies gilt auch bei vermeintlich abgestufter Beteiligung und demgemäß abgestufter Strafe (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1979 – 3 StR 178/79 bei Schmidt MDR 1979, 886)...“

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