Das BVerfG wehrt sich – mit der Missbrauchsgebühr, das können andere Gerichte (leider?) nicht…

Das BVerfG berichtet heute über die Verhängung einer Missbrauchsgebühr von 1.100 € gegen zwei Kollegen, die in einem OWi-Verfahren nach 7-tägiger Hauptverhandlung eine rund 1.200 (!) Seiten dicke Verfassungsbeschwerde eingelegt haben (vgl. die Beschlüsse v. 06.07.2010 in 2 BvR  1354/10 und in 2 BvR 1465/10). Zu den Beschlüssen und zum Verfahren muss man m.E. nichts mehr sagen, das BVerfG hat mehr als deutliche Worte gefunden und das haben ja auch schon einige Kollegen treffend kommetiert (vgl. hier, hier und hier).

Als ich die Beschlüsse gerade so las, habe ich nur gedacht: Manchmal hätte ich mir eine solche Missbrauchsgebühr im OWiG als OLG-Richter auch gewünscht (ich weiß, jetzt gibt es sicherlich böse Kommentare), denn auch da habe ich mich manchmal gefragt: Merkt der Betroffene bzw. sein Verteidiger es eigentlich noch, um die Überschrift des Kollegen Melchior aufzunehmen.

Ich erinnere mich noch gut an einen Kollegen, also einen Rechtsanwalt, der immer in der Nähe seiner Kanzlei verbotswidrig parkte, dafür ein Knöllchen von 10 oder 15 € bekam und dann das ganze Programm abzog, also Einspruch, AG  und OLG, das ihm in der ersten Sache in einem umfangreichen Beschluss bescheinigt hat, dass er da nicht parken darf, wo er seinen Pkw immer abstellte. Aber das hat den Kollegen nicht gestört. Er hat dort weiter geparkt und weiter die Verfahren betrieben bis zum OLG. Natürlich kann man sagen, schnelle Erledigung und tut ja auch der Statistik gut. Aber da werden Ressourcen vertan, die man gut an anderer Stelle einsetzen könnte. Und da denkt man dann bei der 4 oder 5 Rechtsbeschwerde schon mal: Schade, dass es keine Missbrauchsgebühr im OWiG gibt.

Aber ich räume ein, zumindest reingeschrieben worden ist in den Verwerfungsbeschluss: Nur der Umstand, dass das OWiG eine Missbrauchsgebühr nicht vorsieht, hat den Senat davon abgehalten, eine solche festzusetzen. Nur: Mehr als ein Versuch, sich zu wehren :-), war es nicht. Geholfen hat es übrigens auch nicht. 🙁

6 Gedanken zu „Das BVerfG wehrt sich – mit der Missbrauchsgebühr, das können andere Gerichte (leider?) nicht…

  1. Jens Ferner

    „Manchmal hätte ich mir eine solche Missbrauchsgebühr im OWiG als OLG-Richter auch gewünscht“

    Man muss aber schon differenzieren: Beim BVerfG fallen keine Gerichtsgebühren an, anders als bei Instanzgerichten, wo man bei einem (überflüssigen?) Verfahren zumindest ein paar Kosten decken muss.

  2. Henning

    „dafür ein Knöllchen von 10 oder 15 € bekam und dann das ganze Programm abzog, also Einspruch, AG und OLG,“

    Der Kollege muss beim ADAC oder Roland rechtschutzversichert gewesen sein, denn die gewähren auch Deckung bei Verstössen im ruhenden Verkehr… 😉

  3. ra kuemmerle

    Ach ja, die parkenden Kollegen. Ich erinnere mich an mein Referendariat in der Verwaltung. Dort war ich bei der Berliner Bußgeldstelle tätig und durfte z.B. immer zu den Umsetzfällen zum VG. Eines Tages wurde die Klage eines RA verhandelt, der vor dem AG Tiergarten abgeschleppt worden war und gegen den Gebührenbescheid vorging. Als er merkte, dass er keinen Blumentopf gewinnt, äußerte er in Richtung Gericht, dass es ja hier schlimmer zugehe als beim Volksgerichtshof. Dabei war die Verhandlung bis dahin alles andere als laut. Ich dachte jetzt knallts. Aber der Verwaltungsrichter lächelte nur und meinte, er habe da gerade so ein Rauschen gehört, ob ich das auch gehört hätte. Das habe ich dann etwas fassungslos bejaht. Der Kollege hat es offensichtlich auch gehört, er hat seine Klage zurückgenommen.

  4. Herbert

    Die Entscheidungen des BVerfG klingen aber weder souverän noch sachlich, sondern eher empört und nach „Nase voll“. Da sollte das BVerfG doch drüber stehen, zumal die Entscheidungen für die Richter durch deren wissenschaftliche Mitarbeiter vorbereitet werden und die hohen Senatsmitglieder nicht jede Akte selbst von vorne bis hinten durchforsten. Die Akte wird wegen der offensichtlichen Unbegründetheit der Beschwerden auch weniger Arbeit gemacht haben als deren Umfang vermuten läßt.

    Allein die Tatsache, daß man mit so einem Mist behelligt wird, sollte nicht zu solchen, leicht angefressen klingenden Entscheidungstexten Anlaß geben. Erweckt ja den Eindruck, als habe die Justizangestellte, die den Mist kopieren mußte, sich Luft verschafft (oder der Faxwächter, der am Morgen 1.200 Seiten quer verteilt durch das Büro vorgefunden hat).

    Unter Anwälten, Notaren, Richtern, Staatsanwälten und Beamten ist der Anteil der leicht Durchgeknallten am Rande der Dienstunfähigkeit nicht geringer als im Rest der Bevölkerung. Da sollte man gelassen mit umgehen und bei den zuständigen Stellen eine Überprüfung der Amtsfähigkeit anregen.

  5. GKutscher

    @ Herbert

    wie wahr, wie wahr. Man sollte soetwas als Krankheit begreifen, dann berührt es die soziale Ader und lässt die 1.200 Seiten mit Nachsicht betrachten 🙂

    Ach ja, sozial: Das SGG kennt die Mutwillensgebühr, die landläufig auch Missbrauchsgebühr genannt wird. In meiner Zeit am SG fand ich die zuweilen hilfreich – wohlgemerkt gegenüber beiden Seiten, Kläger und Behörde.

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