Verurteilung eines Richters und eines Oberstaatsanwaltes wegen Rechtsbeugung

…ist vom 5. Strafsenat des BGH, wie der gerade mit einer PM meldet, aufgehoben worden (Beschl. v. 07.07.2010 – 5 StR 555/09).

Aufgehoben hat der BGH allerdings wegen eines Verfahrensfehlers, nicht wegen eines materiellen Fehlers. Die Strafkammer hatte nämlich in der sog. Zweier-Besetzung entschieden, nach Auffassung des BGH war jedoch wegen der Komplexität des Verfahrens die Mitwirkung von drei Berufsrichtern erforderlich. Eine Frage, die in der Rechtsprechung des BGH immer wieder eine Rolle spielt.

In der Sache war festgestellt worden, dass der Richter als Vorsitzender eines Schöffengerichts im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Untreue „absichtlich ein Reihe von schweren Verfahrensverstößen“, begangen hatte, um dem dortigen Angeklagten und weiteren Personen Nachteile zuzufügen. Insbesondere erließ er auf Antrag des mitangeklagten Staatsanwalts gegen Zeugen, unter anderem den Verteidiger des dortigen Angeklagten, Haftbefehle, ohne dafür zuständig zu sein. :-(.

Der BGH hat dann zur Sache „Segelanweisungen“ gegeben bzw. der neu zur Entscheidung berufenen Strafkammer schon mal mitgeteilt, wie er die Zuständigkeitsfrage im Haftbereich sieht. Im Ergebnis hält er die Verurteilung m.E. wohl für zutreffend.

12 Gedanken zu „Verurteilung eines Richters und eines Oberstaatsanwaltes wegen Rechtsbeugung

  1. Dante

    „Im Ergebnis hält er die Verurteilung m.E. wohl für zutreffend.“

    …was die üblichen Verdächtigen nicht davon abhalten wird, das Aufhebungsurteil als Skandal zu werten und den Spruch von den Krähen auszupacken.

    Bin mal gespannt, wie lange es dauert.

  2. Hans

    @Dante

    Nicht lange, denn hier kommt schon mein Einwand… 🙂

    Ich finde es zum einen nicht besonders glücklich, daß der BGH ausgerechnet ein Rechtsbeugungsverfahren zum Anlaß genommen hat, die Rechtsprechung zu § 76 GVG zu verschärfen und mit dieser Begründung eine Verurteilung aufzuheben. Es gab schon in jüngster Vergangenheit reichlich Anlaß zu diesen Klarstellungen. Viele äußerst komplexe Verfahren wurden und werden nur mit zwei Berufsrichter entschieden, worauf der BGH selbst hinweist. Wenn man ausgerechnet bei der Verurteilung eines Richters zu einem Umdenken gelangt, darf man sich über den Krähenvorwurf zumindest nicht wundern.

    Es betrifft zwar nicht den BGH, sondern das Landgericht: aber daß man nach nicht einmal fünf Jahren Verfahrensdauer „schon“ eine rechtstaatswidrige Verfahrensverzögerung feststellt, die zu einem satten Abschlag von 1/4 bzw. 1/3 führt, ist schon bemerkenswert. Da kenne ich andere Verfahren, wo man diese Verfahrensdauer für völlig normal hält.

    Es mag ja sein, daß die materiellrechtlichen „Segelanleitungen“ im Hinblick auf den Richter recht eindeutig sind (der Staatsanwalt soll wohl besser wegkommen). Die durch die Zurückverweisung verursachte weitere Verfahrensverzögerung wird jedoch voraussichtlich zu einer milderen Bestrafung auch des Richters führen. Das ist zwar aus Verteidigersicht völlig korrekt und wünschenwert. Insofern wurden die Angeklagten bislang offenbar gut verteidigt. Aber es wird sicher nicht zur Verbesserung des Ansehens des BGH und dessen unseliger Rechtsprechungsgeschichte zum Rechtsbeugungstatbestand beitragen, daß immer wieder Rechtsbeugungsverfahren zum Anlaß genommen werden, grundsätzlich prozessuale Fragen neu zu entscheiden, die bei „normalen“ Angeklagten nicht zum Tragen kommen.

    Im Hinblick darauf, daß der Rechtsbeugungstatbestand ein Verbrechen ist, der in Verbindung mit den oftmals gleichzeitg verwirklichten Tatbestand der schweren Freiheitsberatung schon bei einem einzigen Fall einen Strafrahmen von bis zu 10 Jahren eröffnet, kommen wegen Rechtsbeugung verurteilte Richter in meinen Augen zumeist vergleichsweise günstig davon. Und es liegt nicht daran, daß Richter in der Regel nicht vorbestraft sind und vorher ein vorbildliches bürgerliches Leben geführt haben. Ich kenne Verurteilte, die auch erstmals in ihrem ansonsten bürgerlichen Leben straffällig geworden sind und weit höhere Strafen für eine schwere Freiheitsberaubung erhalten haben.

  3. Detlef Burhoff

    @ 3: Gebe Ihnen darin Recht, dass die Lösung über die Verfahrensrüge nicht besonders glücklich aussieht; aber was soll der BGH machen, wenn es gerügt wird. Augen zu und durch, geht ja auch nicht. Von daher fand ich den Hinweis auf die materielle Seite doch recht bemerkenswert.
    Im Übrigen: Über die Rechtsbeugungsrechtsprechung des BGH kann man sicherlich Tagesseminare abhalten…..

  4. Uta Beitlich-Thommes

    Ich stimme den Vorrednern zu.

    Leider wurde das besondere Verhalten des früheren Direktors des Amtsgerichts (Erfindung und Anwendung der sogenannten HPO = Hüttenstädter Prozessodnung) – dessen beruflicher Ziehsohn der Angeklagte M ist – viele Jahre von den Beteiligten vor Ort geduldet, denn es hat zu weniger Straftaten in der Stadt geführt. Erst als der Angeklagte M. noch über dieses bereits bedenkliche Verhalten hinaus gegangen ist und ein Anwalt verhaftet wurde ist der Stein ins Rollen gekommen.

  5. Henning Prüfer

    Richter sind dem Gesetz verpflichtet. Haben Zeugen zu laden und glauben sie etwas nicht, haben sie Augenschein zu nehmen! Wer das nicht tut ,beugt das recht!

  6. Henning Prüfer

    Rechtsbeugung auch dann , wenn Richter ihnen bekannte Zeugen
    nicht laden und keinen Augenschein nehmen!

  7. Henning Prüfer

    Wenn Zeugen lügen und Richter verfügen keinen Beweisbeschluß und fahren nicht hinaus an den Ort, worauf sich die Zeugenaussage bezieht, kein Beweisbeschluß und urteilen trotzdem gegen offenkundige Tatsachen, dann ist und bleibt das Rechtsbeugung ! Recht hat immer noch die offenkundige Tatsache, Straßen, Plätze usw:, die unanfechtbar sind!

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