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Strafzumessung II: Zulässiges Verteidigungsverhalten, oder: Nochmals – keine strafschärfende Bewertung

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Und als zweite Entscheidung dann ein weiterer Beschluss vom 6. Strafsenat des BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 04.05.2022 – 6 StR 155/22. Das LG hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit schwerem Raub zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Revision hatte hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg, und zwar wegen eines „Dauerbrennerfehlers“, nämlich: Strafschärfende Bewertung zulässigen Verteidigerverhaltens:

„1. Nach den Feststellungen überfiel der Angeklagte eine Tankstelle, um dadurch an Bargeld zu gelangen. Er bedrohte eine Tankstellenmitarbeiterin mit einem ungeladenen Luftgewehr und veranlasste sie so dazu, dass in den Kassen befindliche Geld in seinen Rucksack zu legen. Währenddessen entnahm er selbst einem Regal mindestens vier Schachteln Zigaretten, die er ebenfalls in den Rucksack steckte. Anschließend fuhr er zu seiner Arbeitsstelle und nachmittags zu einem Supermarkt, um Einkäufe zu erledigen. Beim Verlassen des Supermarktes sah er zwei Polizeibeamte an seinem Pkw, die auf das Fahrzeug aufmerksam geworden waren, weil der Angeklagte gestohlene Kennzeichen daran angebracht hatte. Bei der Durchsuchung des Autos stellten die Polizeibeamten das Luftgewehr, einen Großteil der Beute und Kleidungsstücke sicher, die der Angeklagte bei der Tatausführung getragen hatte. Der Angeklagte entfernte sich zu Fuß von dem Supermarkt, stellte sich aber noch am Abend des Tattages der Polizei. Bei seiner Vernehmung gab er zunächst an, von einem unbekannten Mann gezwungen worden zu sein, die Tankstelle zu überfallen. Nachdem der Vernehmungsbeamte Zweifel an dieser Einlassung geäußert und dem Angeklagten Gelegenheit zum Nachdenken gegeben hatte, räumte er die Tat schließlich – ebenso wie in der Hauptverhandlung – ein; zur Erklärung für seine anfängliche Darstellung gab er an, gedacht zu haben, er „komme noch irgendwie aus der Sache raus“.

2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht, das dem Angeklagten zugutegehalten hat, sich noch am Tattag gestellt und sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung ein Geständnis abgelegt zu haben, hat sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er sich „nicht unmittelbar nach der Tat und auch erst dann der Polizei stellte, als diese bereits an seinem Fahrzeug stand, in dem sich ein Großteil der Beute, ein Teil der Kleidung, die der Angeklagte bei der Tat getragen hatte, sowie das Luftdruckgewehr befanden“. Außerdem hat das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass er zunächst angab, von einem unbekannten Mann zu der Tat gezwungen worden zu sein, bevor er die Tatbegehung einräumte.

Die strafschärfende Bewertung dieser Umstände ist rechtsfehlerhaft, weil es sich um zulässiges Verteidigungsverhalten handelte. Da ein Angeklagter sich im Verfahren nicht selbst zu belasten braucht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1974 – 1 StR 366/73, BGHSt 25, 325, 331 mwN), darf nicht erschwerend gewichtet werden, wenn er sich nach der Tat nicht oder erst zu einem Zeitpunkt stellt, in dem bereits ihn belastende Beweismittel aufgefunden wurden. Ebenso wenig ist der Angeklagte der Wahrheit verpflichtet, so dass es ihm freisteht, sich zu verteidigen, indem er die Täterschaft leugnet oder eine ihm günstigere Sachverhaltsvariante behauptet, etwa von einer unbekannten Person zur Tatausführung gezwungen worden zu sein (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 StR 451/13, NStZ-RR 2014, 107; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 675).

Die Ausführungen des Landgerichts können nicht als missverständliche Formulierungen interpretiert werden, durch die lediglich eine gewisse Relativierung des dem Geständnis des Angeklagten zukommenden strafmildernden Gewichts zum Ausdruck gebracht werden sollte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 f.). Sie lassen vielmehr deutlich erkennen, dass das Landgericht dem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten maßgebliche strafschärfende Bedeutung beigemessen hat, wie sich schon daran zeigt, dass es diesen Gesichtspunkt gleich als ersten Straferschwerungsgrund angeführt und dadurch besonders hervorgehoben hat.“

Strafzumessung I: Zulässiges Verteidigungsverhalten nachteilig verwertet, oder: Klassiker

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Hier sind sie – seit längerem mal wieder Strafzumessungsentscheidungen.

Zum „Warmwerden“ hier zunächst der BGH, Beschl. v. 01.09.2021 – 4 StR 123/21. Das LG hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine Revision hatte hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg:

„2. Der Strafausspruch hält hingegen der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sowohl bei der Begründung, mit der es einen minder schweren Fall der schweren Körperverletzung nach § 226 Abs. 3 StGB abgelehnt hat, als auch bei seiner – hierauf Bezug nehmenden – konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass „es für den Nebenkläger bis zur Hauptverhandlung ungewiss war, wer tatsächlich Täter der Tathandlung war“ und der Nebenkläger davon ausging, dass „der Angeklagte die Tat bestreitet und es nicht sicher war, ob es zu einer Verurteilung des Angeklagten kommt oder nicht“.

Mit dieser Erwägung hat das Landgericht rechtsfehlerhaft das zulässige Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu seinem Nachteil verwertet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. August 2010 – 3 StR 192/10; vom 21. November 2019 – 4 StR 546/19 mwN). Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände nicht ausschließen, dass die Bemessung der Strafe auf der rechtsfehlerhaften Erwägung beruht.“

Strafzumessung I: Sicherungsverwahrung, oder: Zulässiges Verteidigungsverhalten und Hang

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Der heutige Donnerstag ist mal wieder ein Tag der Strafzumessung.

Zunächst stelle ich dazu den BGH, Beschl. v. 12.08.2020 – 4 StR 588/19 – vor. Es geht mal wieder um die Berücksichtigung zulässigen Verteidigungsverhaltens des Angeklagten zu seinen Lasten.

Das LG hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zehn Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen versuchten besonders schweren Raubes in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Der BGH hat die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) aufgehoben:

„2. Die auf § 66 Abs. 2 StGB gestützte Unterbringung des Angeklagten R. in der Sicherungsverwahrung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar hat die Strafkammer – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – bei der Annahme der formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB nicht gegen § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB verstoßen, denn sie hat sich bei der Prüfung der formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung nicht auf die von ihr zwar festgestellte, aber von der zugelassenen Anklage nicht umfasste und deshalb im hiesigen Verfahren und auch anderweit bislang nicht ausgeurteilte Tat in Ha. vom 31. Mai 2017 (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. November 1972 – 3 StR 210/72, BGHSt 25, 44, 45 ff.; Ziegler in: BeckOK StGB, 46. Edition Stand 1. Mai 2020, § 66 Rn. 20; siehe hierzu auch BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2001 – 3 StR 458/01, BeckRS 2002, 870 Rn. 8), sondern letztlich zu Recht nur auf die von ihr in ausreichender Zahl ausgeurteilten Taten gestützt. Nur auf aktuell ausgeurteilte oder bereits anderweitig zur Verurteilung gelangte Taten, die zur Begründung der formellen Voraussetzungen in Betracht kommen, finden die Vorschriften über die Rückfallverjährung Anwendung (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 66 Rn. 32 und 42 mwN). Die Unterbringungsanordnung erweist sich aber als rechtsfehlerhaft, weil die Strafkammer bei der Begründung eines Hangs zu gefährlichen Straftaten gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat.

a) Zulässiges Verteidigungsverhalten darf weder hangbegründend noch als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit des Angeklagten verwertet werden. Andernfalls wäre er gezwungen seine Verteidigungsstrategie aufzugeben, will er hinsichtlich der Sicherungsverwahrung einer ihm ungünstigen Entscheidung entgegenwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2020 – 4 StR 134/19, Rn. 24; Beschluss vom 24. Oktober 2019 – 4 StR 200/19, NStZ-RR 2020, 15 mwN). Wenn der Angeklagte ihm zur Last gelegte Taten leugnet, bagatellisiert oder einem anderen die Schuld an der Tat zuschiebt, ist dies grundsätzlich zulässiges Verteidigungsverhalten. Die Grenze ist erst erreicht, wenn das Leugnen, Verharmlosen oder die Belastung des Opfers oder eines Dritten sich als Ausdruck besonders verwerflicher Einstellung des Täters darstellt, etwa weil die Falschbelastung mit einer Verleumdung oder Herabwürdigung oder der Verdächtigung einer besonders verwerflichen Handlung einhergeht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2019 – 4 StR 200/19, NStZ-RR 2020, 15; Beschluss vom 21. August 2014 . 1 StR 320/14; Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 5 StR 267/11, NStZ-RR 2012, 9; Beschluss vom 25. April 1990 – 3 StR 85/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 8).

b) Die Strafkammer hat zur Begründung eines Hanges unter anderem herangezogen und festgestellt, dass der Angeklagte auch an einer am 31. Mai 2017 in Ha. begangenen gravierenden Raubtat zum Nachteil des Geschädigten K. als „Hauptfigur“ beteiligt war. Im Hinblick auf diese Tat, die nicht Gegenstand der zugelassenen Anklage war, hatte der Angeklagte in der Hauptverhandlung lediglich eingeräumt, „Schmiere gestanden“ zu haben. Auch sei die Initiative zur Tatbegehung von der Tochter des Geschädigten ausgegangen. Diese habe ihrem Vater, der sie in der Kindheit missbraucht habe, einen „Denkzettel verpassen“ wollen. Die Strafkammer meint, der Angeklagte habe mit dieser Einlassung den Eindruck vermitteln wollen, es gebe eine moralische Rechtfertigung für die Tat und das Tatopfer sei nicht schützenswert. Dies lasse (neben weiteren Argumenten) den Schluss auf eine zustimmende innere Haltung des Angeklagten zu seinen Taten zu. Auch finde der „antisoziale Denkstil“ des Angeklagten „vor allem“ in dieser Einlassung seinen Ausdruck. Beide Gesichtspunkte seien Indizien für das Vorliegen eines Hanges.

Damit hat die Strafkammer zulässiges Verteidigungsverhalten hangbegründend verwertet. Denn der Angeklagte hat in seiner Einlassung lediglich in zulässiger Weise versucht, ihm vorgeworfenes Verhalten anders darzustellen oder Umstände zu behaupten, die dieses in einem milderen Licht erscheinen lassen.“

„Lügenteppich“, oder: Zulässiges Verteidigungsverhalten als Strafschärfungsgrund geht nicht

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Mal außer der Reihe eine Strafzumessungsentscheidung, die noch einmal festchreibt, was auf keinen Fall erlaubt ist: Nämlich zulässiges Verteidigungsverhalten strafschärfen heanzuziehen. Dazu der BGH grundsätzlich im BGH, Beschl. v. 21.09.2017 – 1 StR 268/17 – in einem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der Angeklagte hatte gegen seine Verurteilung Revision eingelegt. Insgesamt hatte sie im Ergebnis keinen Erfolg. Auch die Strafaussprüche hatten Bestand:

„a) Allerdings hat das Landgericht strafschärfend berücksichtigt, „dass der Angeklagte – trotz seines weitreichenden Geständnisses – in der Hauptverhandlung kaum eine Gelegenheit ungenutzt ließ, seine während des gesamten Prozesses in ihrer Rolle als Nebenklägerin persönlich anwesende Stieftochter als „wahre Täterin“ hinzustellen und diese, ebenso wie seine Ehefrau und seinen Stiefsohn, zum Teil übel zu diffamieren“ (UA S. 35). Dies war unter den gegebenen Umständen rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht dem Angeklagten zulässiges Verteidigungsverhalten strafschärfend angelastet hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen Zeugen und Mittäter betreffende Angaben nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie eindeutig die Grenzen angemessener Verteidigung überschreiten und Rückschlüsse auf eine rechtsfeindliche Einstellung des Angeklagten zulassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. März 2001 – 2 StR 21/01, NStZ 2001, 419 und vom 22. Juni 1999 – 1 StR 238/99, StV 1999, 536 mwN). Daher dürfen auch Äußerungen über ein Tatopfer nur dann strafschärfend verwertet werden, wenn in ihnen eine über das Leugnen eigener Schuld hinausgehende Ehrverletzung des Tatopfers oder eine rechtsfeindliche Gesinnung gesehen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692 mwN; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 46 Rn. 53 f. mwN). Solches ist hier jedoch nicht tragfähig festgestellt.

Zwar ist der Angeklagte nach der Wertung des Landgerichts die Nebenklägerin während der drei Hauptverhandlungstage in einer Weise angegangen, dass sein Einlassungsverhalten nicht mehr als durch die Wahrnehmung seiner prozessual und verfassungsrechtlich verbürgten Verteidigungsrechte gerechtfertigt angesehen werden könne (UA S. 35). Diese Wertung wird jedoch von den in den Urteilsgründen hierfür als Beleg angeführten Äußerungen des Angeklagten aus seiner „Erklärung zur Adhäsionsforderung“ nicht getragen. Vielmehr dienten alle dort angeführten Äußerungen des Angeklagten seiner Verteidigung im Hinblick auf das Zustandekommen der Taten und betrafen damit unmittelbar strafzumessungsrelevante Tatsachen. Der Angeklagte hatte sich eingelassen, seine sexuellen Handlungen seien jeweils von der Nebenklägerin veranlasst gewesen; sie sei immer der aktivere Teil gewesen und habe ihn zum Teil auch erpresst (UA S. 11). Wenn sich der Angeklagte aber gegen den Vorwurf, die Tathandlungen seien jeweils von ihm ausgegangen, obwohl die Nebenklägerin ihm mehrfach gesagt habe, dass sie das nicht möchte (UA S. 14 f.), mit der Behauptung verteidigt, das seien alles „Lügengeschichten“ (UA S. 35) und er sei Opfer einer Intrige der Nebenklägerin und deren Mutter, seiner Ehefrau (UA S. 11), so verlässt dies noch nicht den Bereich zulässiger Verteidigung. Auch soweit der Angeklagte Formulierungen verwendete, wie etwa, er sei völlig fassungslos, mit welcher Gefühlskälte die Nebenklägerin sei-nen Untergang geplant habe bzw. sie habe „ihren mörderischen Lügenteppich konsequent über alles ausgebreitet“ (UA S. 35), bezweckte er ersichtlich noch seine Verteidigung und verließ noch nicht eindeutig den Bereich zulässiger Verteidigung. Darüber hinausgehende diffamierende Äußerungen des Angeklagten hat das Landgericht nicht benannt. Damit hat es noch zulässiges Verteidigungsverhalten rechtsfehlerhaft strafschärfend gewertet.“

Aber: Die Strafen waren trotz dieses Zumessungsfehlers nach Auffassung des BGH noch angemessen. Daher: Verwerfung.

Führt zulässiges Verteidigungsverhalten in die Sicherungsverwahrung?

entnommen wikimedia.org Urheber ComQuat

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Ich habe länger nicht mehr geschrieben: Darauf muss man erst mal kommen, beim BGH, Beschl. v. 04.02.2014 – 3 StR 451/13 – bin ich aber fast geneigt es zu tun. Nicht bezogen auf den BGH, Beschluss, sondern bezogen auf das ihm zugrunde liegende Urteil des LG Wuppertal, durch das der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg, denn – so der BGH unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des GBA:

„Ein wesentliches Begründungselement der sachverständig beratenen Strafkammer für die Gefahr weiterer Straftaten ist eine beim Angeklagten vorliegende Externalisierung eigener Verantwortlichkeit dahingehend, dass er in der Hauptverhandlung zwar das äußere Tatgeschehen objek-tiv eingeräumt habe, im Übrigen aber gegenüber Gericht, Sachverständigen und seinem privaten Umfeld angab, zu den Taten von einem ‚Russen‘ gezwungen worden zu sein (UA S. 22 ff., 29 f., 38). Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht die Einlassung des Angeklagten im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose zu seinem Nachteil verwertet hat. Zulässiges Verteidigungsverhalten darf im Rahmen der Prüfung des § 66 StGB jedoch weder hang- noch gefahrbegründend verwertet werden (BGH NJW 1992, 3247; NStZ 2001, 595, 596; 2010, 270, 271; Senat, Beschl. v. 5. April 2011 – 3 StR 12/11 – Rn. 7; BGH, Beschl. v. 13. September 2011 – 5 StR 189/11 – Rn. 17). Anderenfalls wäre der Angeklagte gezwungen, seine Verteidigungsstrategie zu ändern, um der Anordnung von Sicherungsverwahrung zu entgehen (BGH StV 2002, 19; Beschl. v. 26. Oktober 2011 – 5 StR 267/11 – Rn. 6).“

Also, muss man erst mal drauf kommen, dass zulässiges Verteidigungsverhalten in die Sicherungsverwahrung führt. Und so ganz neu ist die Auffassung des  BGH, dass das unzulässig ist, ja nicht, wie die Zitate des GBA zeigen.