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Winnenden: BGH berichtigt sich – doch „Strafkammer“.

Ich hatte ja über den BGH, Beschl. v. 22.03.2012 1 StR 359/11 in dem „Winnenden-Verfahren“ berichtet und die durch ihn hervorgerufene Verwirrung wegen der Zurückverweisung an eine „andere Jugendkammer …“. Der BGH hat das „Rätsel“ gelöst und mit Beschluss vom 02.05.2012 – 1 StR 359/11 – den ursprünglichen Beschluss berichtigt:

Die Formel des Beschlusses des Senats vom 22. März 2012 wird wegen eines bei der Abfassung unterlaufenen offensichtlichen Versehens (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2004 – 2 StR 441/04; BGH, Beschluss vom 5. Januar 1999 – 1 StR 577/98 mwN) dahin berichtigt, dass sie statt „Im Umfang der Aufhebung wird die Sache … an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen“, lautet: „Im Umfang der Aufhebung wird die Sache … an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.“ (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2011 – 4 StR 501/10).“

Was alles so offensichtlich. Und das Herrn Nack das passiert ist, ein wenig wird es ihn wurmen 🙂 🙂

Der BGH-Beschluss zu Winnenden – am Ende ein wenig verwirrend

Seit gestern steht BGH, Beschl. v. 22.03.2012 – 1 StR 359/11 auf der Homepage des BGH online (vgl. auch hier die PM des BGH). Ein erste Einschätzung der Entscheidung führt zu folgenden Anmerkungen:

  1. Der BGH hat das Urteil des LG Stuttgart nur teilweise aufgehoben. Die Feststellungen zum Geschehen am 11.03.2009 und die Ereignisse des Tages hat er bestehen lassen. Das bringt vielleicht ein wenig Entlastung für die Beteiligten, die zum Geschehen am 11.03.2099 nun nicht noch einmal aussagen müssen.
  2. Erfolg hatte die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge, mit der die Beeinträchtigung des Fragerechts des Angeklagten geltend gemacht worden ist. Und zwar hervorgerufen dadurch, dass die Strafkammer einer Zeugin – Therapeutin des Sohnes des Angeklagten – ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht eingeräumt hatte, das diese auch in Anspruch genommen hat. Der BGH sieht dieses Auskunftsverweigerungsrecht wegen versuchter Strafvereitelung nicht.
    Frage, die sich in dem Zusammenhang stellt: Hat die Zeugin nicht jetzt im neuen Durchgang ein Auskunftsverweigerungsrecht wegen einer ggf. falschen Aussage in der ersten Hauptverhandlung?
  3. Eine Segelanweisung gibt der BGH wegen der nicht erfolgten Verwertung einer Epikrise betreffend den Sohn des Angeklagten. Insoweit bleibt aber offen, wohin der BGH tendiert. Jedenfalls reicht ihm die bislang gegebene Begründung für die Nichtverwertung nicht aus.
  4. Und: Der BGH gibt eine Segelanweisung hinsichtlich des Schuldspruchs.

Die Strafkammer hat auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zutreffend neben den Verstößen gegen das Waffengesetz auch fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung bejaht. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte hätte voraussehen können, dass sein Sohn als Folge der unzulänglichen Sicherung von Waffen und Munition auf Menschen schießen wird, nicht notwendig davon abhängig sein muss, wie präzise die Kenntnis des Angeklagten über das Maß der psychischen Erkrankung seines Sohnes war. Schon diese unzulängliche Sicherung von Waffen und Munition unter Verstoß gegen die spezifischen waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten kann den Vorwurf der Fahrlässigkeit für Straftaten begründen, die vorhersehbare Folge einer ungesicherten Verwahrung sind. Für die Vorhersehbarkeit könnte hier zudem die – für sich gesehen bislang rechtsfehlerfrei getroffene – Feststellung sprechen, dass der Angeklagte entgegen dem Rat des Klinikums nicht für eine Weiterbehandlung seines Sohnes sorgte, dies selbst dann noch nicht, als sich dessen psychischer Zustand wieder deutlich verschlechterte.

Stattdessen ermöglichte der Angeklagte seinem, wie ihm jedenfalls bekannt war, psychisch sehr labilen Sohn, der seit Jahren in Computerspielen auf andere schoss, sich im Schützenverein im Umgang mit realen Schusswaffen zu üben.“

Letzeres wird man zukünftig auch in anderen Verfahren wegen fahrlässiger Tötung zu beachten haben.

Was ist nun verwirrend? Nun, das aufgehobene Urteil stammt von einer Strafkammer. Zurückverwiesen wird an eine Jugendkammer. Das erschließt sich mir nicht. bzw. das bleibt unklar. Wieso?

Urteil zum Amoklauf von Winnenden vom BGH – zum Teil – aufgehoben.

Ein Leser weist mich gerade freundlicher Weise auf die Meldung bei „Spiegel-online“ hin: Danach ist das Urteil des LG Stuttgart zum Amoklauf in Winnenden vom BGH zum Teil aufgehoben worden. Näheres zunächst mal hier. Wenn ich die Meldung richtig lese: Schuldspruch ist bestehen geblieben

Wochenspiegel für die 7. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten:

  1. Traditionsgemäß über Kachelmann, hier, hier, hier und hier und hier.
  2. In der Tat wird manchmal die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe als Freispruch angesehen, was aber nicht der Fall ist.
  3. Strafverfahren wegen Abofalle?
  4. Das Urteil im Winnenden-Verfahren war auch ein Thema.
  5. Damit hatte der Kollege RiBGH Fischer sicherlich nicht gerechnet: Ein Schlag ins Gesicht.
  6. Der Kampf um die Erstattung von Kopierkosten im Strafverfahren, immer wieder und immer wieder auch ein wenig lächerlich.
  7. Kritik des DAV an der Rechtsprechung einiger Gerichte zur Sicherungsverwahrung.
  8. Das gepixelte Bild eines Straftäters darf in Presseberichten veröffentlicht werden.
  9. Es gibt kein Grundrecht auf Schutz vor Straftätern.

Amoklauf Winninden: Anklage gegen den Vater

Heute war in der Presse an vielen Stellen zu lesen, dass gegen den Vater des „Amokläufers“ von Winnenden nicht nur, wie die Staatsanwaltschaft beabsichtigt hatte, Strafbefehl erlassen werden soll (Höchststrafe 1 Jahr auf Bewährung), sondern nunmehr Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben werden soll. So die Anweisung der Generalsstaatsanwaltschaft an die örtliche StA. Das wird sicherlich ein interessantes Verfahren werden, was im Zweifel erst beim BGH oder beim OLG enden wird. Denn es stellen sich doch recht interessante Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit des Vaters und auch zum Schutzzweck der mit dem Waffenbesitz einhergehenden Sorgfaltsanforderungen. Fragen der Nebentäterschaft sind nicht einfach. Das Verfahren wird sicherlich erhebliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.