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Strafe III: Segelanweisung für ein Berufsverbot, oder: Gefahr künftiger erheblicher Rechtsverletzungen?

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Und dann haben wir hier noch den BGH, Beschl. v. 24.01.2023 – 6 StR 476/22. Der BGH hat eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgehoben wegen einer mangelhaften Beweiswürdigung. Er gibt dann für die neue Hauptverhandlung eine „Segelanweisung“:

„Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:

1. Sollte das neue Tatgericht für den Fall eines Schuldspruchs wiederum die Anordnung eines Berufsverbots erwägen, wird es – näher als bislang geschehen – in den Blick zu nehmen haben, dass § 70 StGB tatbestandlich die Gefahr künftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen durch den Täter im maßgeblichen Zeitpunkt der Urteilsverkündung voraussetzt. In die gebotene Gesamtwürdigung wäre in besonderer Weise einzustellen, dass der Angeklagte bislang unbestraft ist und ihn möglicherweise schon diese erste Verurteilung und eine (drohende) Vollstreckung von weiteren Taten abhalten könnte (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 296/12, StV 2013, 699; Beschluss vom 12. September 1994 – 5 StR 487/94, NStZ 1995, 124). Dies gilt gleichermaßen mit Blick auf die länger zurückliegenden Tatzeiten, das fehlende Bekanntwerden weiterer Straftaten gerade auch im Zusammenhang mit seiner – bis zur Hauptverhandlung ausgeübten – Erziehertätigkeit sowie mit Rücksicht auf eine jedenfalls bislang nicht festgestellte tatursächliche sexuelle Devianz (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 296/12, aaO).“

Wenigstens das „Tom-Tom“ bleibt den Angeklagten …….

Die Angeklagten werden wegen Bandendiebstahls zu Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen die Revision, die nur wegen der Nebenentscheidungen betreffend die Einziehung Erfolg hatte. Eingezogen worden waren nämlich ein Maurerhammer und Bolzenschneider sowie ein sichergestelltes Navigationsgeräts Tomtom einschließlich Ladegerät. Die Einziehung dieser Gegenstände entfällt, weil – so der BGH, Beschl. v. 17.08.2011 – 2 StR 304/11:

Die Urteilsfeststellungen tragen die Einziehungsanordnung nicht. Nach § 74 Abs. 1 StGB können nur Gegenstände eingezogen werden, die durch die Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. Der Gegen-stand muss gerade bei der abgeurteilten Tat eine bestimmende Rolle gespielt haben, die im Urteil festzustellen ist (Senat, Beschluss vom 27. März 2003 – 2 StR 197/03; Fischer StGB § 74 Rdn. 4). Diese Voraussetzungen sind in den Urteilsgründen nicht durch Feststellungen belegt. Das Landgericht hat zur Begründung der Einziehungsanordnung lediglich ausgeführt, die Entscheidung beruhe auf § 74 StGB (UA S. 34). Die im Tenor aufgeführten Gegenstände werden in den Urteils-gründen nicht genannt. Es wird bereits nicht mitgeteilt, wann und wo die eingezogenen Gegenstände sichergestellt worden sind. Tatsächlich sind die eingezogenen Gegenstände erst Tage nach der letzten verfahrensgegenständlichen Tat anlässlich der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sichergestellt worden (SA II Bl. 246f.). Den Urteils-gründen ist jedoch vor allem nicht zu entnehmen, dass einer der Angeklagten die Gegenstände zur Vorbereitung oder bei einer der abgeurteilten Taten eingesetzt hat oder sie zumindest hierfür bestimmt waren. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Denn neben den abgeurteilten waren noch die Taten zu Zif-fer 1 bis 33, 36 und 40 Gegenstand der Anklage (SA IV Bl. 724f.). Hier-bei handelte es sich ebenfalls um Aufbrüche von Automaten. Diese Fälle wurden jedoch nicht abgeurteilt, sondern gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (UA S. 25). Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Angeklagten den Maurerhammer und den Bolzenschneider ausschließlich bei einer oder mehrerer jener Taten eingesetzt und das Navigationsgerät nur zur Vorbereitung jener Taten verwendet haben.“

Die Angeklagten wird es freuen, na ja, wirklich? Oder werden sie eher die Sinnhaftigkeit der Entscheidung bezweifeln, da es ihnen im Zweifel kaum um diese Fragen gegangen sein wird. Aber: So ist es eben im Revisionsrecht. Es liegt nur ein Rechtsfehler vor, auf den das Revisionsgericht reagieren muss. Alles andere bleibt wie es ist. :-(.