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Mehr Videotechnik auch im Strafverfahren – wird wohl kommen

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Ich hatte ja schon über den sich immer noch im Gesetzgebungsverfahren befindenden Gesetzesentwurf zu mehr Videotechnik in Gerichtsverfahren berichtet (vgl. BT-Drucks. 17/1224; vgl. hier). Zu dem Gesetzgebungsvorhaben hat es nun am 20.02.2013 eine Sitzung des Rechtsausschusses gegeben, über die ich – etwas verspätet – auch hier berichten will. In der zu der Sitzung gehörenden/herausgegebenen PM des Bundestages hießt es:

„Rechtsausschuss unterstützt Gesetzentwurf des Bundesrates zur Videokonferenztechnik

Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 20.02.2013 mehrheitlich für einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/1224) des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in deutschen Gerichten votiert.

Der Entwurf erweitere die Möglichkeit, Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher durch Bild- und Tonübertragung zu hören, schreibt die Länderkammer. Die Zuschaltung per Videokonferenztechnik erspare Reisen von Prozessbeteiligten, auf deren persönliche Anwesenheit es in aller Regel nicht ankomme, argumentiert die Länderkammer. Durch eingesparte Reisekosten und reduzierten Zeitaufwand werde der Prozess so insgesamt kostengünstiger. Das vorliegende Gesetz erweitere videogestützte Prozesshandlungen konsequent auf zahlreiche Bereiche unterschiedlicher gerichtlicher, aber auch staatsanwaltschaftlicher Verfahren. Die Entscheidung, ob solche Technik zum Einsatz komme, liege dabei immer beim Gericht selbst, heißt es in der Vorlage weiter.

Für die Gesetzesinitiative stimmte neben den Koalitionsfraktionen auch die SPD-Fraktion. Die Linksfraktion votierte gegen sie, während sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt.

Weitere Beiträge im Gesetzgebungsverfahren:
15.01.2013 Fachleute sprechen sich im Rechtsausschuss mehrheitlich für Videokonferenztechnik in Gerichten aus
01.04.2010 Bundesregierung begrüßt Anliegen der Länder, mehr Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren einzusetzen
12.02.2010 Bundesrat beschließt Gesetzentwurf über Videokonferenzen in Gerichtsverfahren
21.12.2007 Videokonferenzen in Gerichtsverfahren – Bundesrat beschließt entsprechenden Gesetzentwurf

Quelle:

Bundestag, Rechtsausschuss

Damit dürfte der Gesetzesänderung, die auch im Strafaverfahren Änderungen bringen wird (vgl. hier) – wenn der BT es denn noch vor Ende der Legislaturperiode schafft, nicht mehr im Wege stehen.

Mehr Videotechnik im Gerichtssaal

Schon seit längerem plant der Gesetzgeber mehr Videotechnik in den Gerichtssälen. Dazu hat es bereits in der vorigen Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf gegeben, der dann allerdings dem Grundsatz des Diskontinuität zum Opfer gefallen ist. In der laufenden Legislaturperiode ist der Entwurf dann wieder eingebracht worden (vgl. BT-Drucks. 17/1224). Nun neigt sich auch die dem Ende entgegen und passiert ist wieder nicht viel.

Aber immerhin hat man inzwischen am 14.01.2013 im Bundestag eine Anhörung von Fachleuten durchgeführt, die sich für mehr für Videokonferenztechnik in Gerichten ausgesprochen haben. Dazu hier der Text der PM aus dem Bundestagsarchiv. Das spricht dafür, dass man die Sache dann doch in diser Legislaturperiode noch erledigen will.

Im Rahmen einer Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 14.01.2013 haben sich die geladenen Experten mehrheitlich für eine Videokonferenztechnik in Gerichten ausgesprochen. Anlass der Anhörung war ein Gesetzentwurf des Bundesrats zur Intensivierung des Einsatzes derartiger Technik in deutschen Gerichten (BT-Drs.:17/1224).

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Was ist nun für das Strafverfahren geplant:

  • Der neue § 58b StPO-E soll es ermöglichen, im Ermittlungsverfahren Zeugenvernehmungen auch unter Verwendung von Bild-/Tonübertragungen unter Verzicht auf die Anwesenheit des Zeugen im Vernehmungszimmer durchzuführen.
  • Im Haftprüfungsverfahren verzichtet die StPO nach bisheriger Fassung dann auf die Vorführung des Beschuldigten, wenn weite Entfernung, Krankheit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. Vorgesehen ist hier eine Ergänzung/Änderung in § 118a Abs. 2 StPO wie folgt: „Das Gericht kann anordnen, dass unter den Voraussetzungen des Satzes 1 die mündliche Verhandlung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Beschuldigten zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Beschuldigte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Wird der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt und nicht nach Satz 2 verfahren, so muss ein Verteidiger seine Rechte in der Verhandlung wahrnehmen“. Über die Verweisungsnorm des § 122 Abs. 2 StPO gilt dies auch für das Haftprüfungsverfahren bei dem OLG.
  • In § 163a Abs. 1 StPO, der für die Beschuldigtenvernehmung im Ermittlungsverfahren gilt, werden die gesetzlichen Varianten der Beschuldigtenvernehmung im Ermittlungsverfahren um die Möglichkeit der Durchführung der Vernehmung im Wege der zeitgleichen Bild- und Tonübertragung dadurch erweitert, dass ein Satz 2 eingefügt wird, wonach die Vernehmung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Beschuldigten zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Beschuldigte aufhält, und in das Vernehmungszimmer übertragen werden kann.
  • Für den Verfahrensabschnitt „Hauptverhandlung“ wird § 233 Abs. 2 StPO um einen Satz 3 ergänzt. Danach kann das Gericht kann anordnen, dass die Vernehmung über die Anklage unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Angeklagten zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Angeklagte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. D
  • Geändert werden soll zudem § 247a StPO. Eingefügt wird ein Abs. 2. Danach sollen Sachverständige in die Hauptverhandlung per Videokonferenztechnik einbezogen werden können, sofern nicht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung im Raum steht und das Gutachten des Sachverständigen letztlich auch auf dem Eindruck von Person und Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung beruhen kann. Ausgenommen sind die Fälle des § 246a StPO s
  • Schließlich werden in § 453 Abs. 1 Satz 4 StPO-E die Möglichkeiten des Einsatzes der Videotechnik um die der Anordnung einer Anhörung im Wege der zeitgleichen Bild- und Tonübertragung auch im Fall der Entscheidung über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen.
  • Entsprechendes gilt in § 454 Abs. 1 Satz 4 StPO-E für die Fälle der Reststrafenaussetzung zur Bewährung.
  • Nicht übersehen worden sind die durch den Einsatz von Videotechnik entstehenden Kosten. Geschaffen werden soll dazu eine neue Nr. 9020 KV GKG. Danach werden im Rahmen der Verfahrenskosten Videokonferenzen mit 15 € je angefangener halber Stunde abgerechnet.

 

 

Wir basteln am Unmittelbarkeitsgrundsatz – Mehr Einsatz von Videotechnik..

Seit einiger Zeit gibt es den Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik (BT-Drucks. 17/1224), mit dem der Einsatz neuer Kommunikationsmöglichkeiten in der gerichtlichen Praxis gefördert werden soll. Ziel der Neuregelung ist es, die Möglichkeiten der Nutzung von Videokonferenztechnik in den gerichtlichen Verfahrensordnungen zu erweitern. Durch eine Neufassung von § 128a ZPO soll das Gericht von dem Erfordernis entbunden werden, das Einverständnis aller Parteien zum Einsatz von Videokonferenztechnik einzuholen und der Einsatz auf ein Antragserfordernis reduziert werden. Entsprechende Regelungen in den anderen Verfahrensordnungen sind vorgesehen.

Für das Strafverfahren sieht des Gesetzesentwurf eine eigenständige Regelung vor. Dazu hat jetzt der Strafrechtsausschuss der BRAK Stellung genommen. Nach Ansicht der BRAK dürfen die Rechte des Beschuldigten und der Verteidigung nicht auf der Strecke bleiben. Es sei daher fraglich, ob bei dem Einsatz der Videokonferenztechnik der Rechtsgedanke der Unmittelbarkeit (der Hauptverhandlung; § 250 StPO) noch in einem Maße gewahrt werde, dass dies rechtsstaatlichen Ansprüchen genüge.

Die Stellungnahme der BRAK finden Sie in ihrem kostenlosen Internetangebot: (PDF).  Den Gesetzentwurf des Bundesrates – samt Stellungnahme des Bundestages – finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 17/1224 (PDF)

Weitere Beiträge zum Gesetzgebungsverfahren:

19.04.2010 Deutscher Richterbund nimmt Stellung zum Gesetzesantrag des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik
01.04.2010 Bundesregierung begrüßt Anliegen der Länder, mehr Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren einzusetzen
12.02.2010 Bundesrat beschließt Gesetzentwurf über Videokonferenzen in Gerichtsverfahren
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer
KammerInfo Nr. 21/2010 vom 22.10.2010