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StPO II: Nachweis der Verständigungsmitteilung, oder: Genügende Entschuldigung für Ausbleiben im Termin?

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Und dann die beiden Entscheidungen zur Hauptverhandlung, einmal geht es um den Nachweis der ausreichenden Mitteilung zu einer Verständigung (§ 243 Abs. 4 StPO) und einmal um die Verwerfung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid. Hier sind dann:

Die Protokollierung des Tatgerichts, dass der Vorsitzende den Inhalt eines richterlichen Vermerks über außerhalb der Hauptverhandlung geführte verständigungsbezogene Gespräche bekannt gegeben hat, genügt den von § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO gestellten Anforderungen, wenn der Vermerk im Hauptverhandlungsprotokoll durch Nennung seiner Ausstellers, seines Datums und seines Betreffs so unverwechselbar bezeichnet, dass eine eindeutige Identifizierung möglich ist Es bedarf weder die „Verlinkung“ mit einer Aktenfundstelle noch muss der Vermerk „verlesen“ werden.

Erscheint der Angeklagte nicht zum Termin, kommt es im Fall des § 412 Satz 1, § 329 Abs. 1 und 7 StPO nicht darauf an, ob er sich genügend entschuldigt hat, sondern ob er genügend entschuldigt ist.

Absprache II: Vollständig auf Prozessanträge verzichtet, oder: Das ist kein zulässiger Inhalt für eine Absprache

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Die zweite Entscheidung zum Komplex „Absprache/Verständigung“ kommt dann vom BGH. Das zugrunde liegende Verfahren ist/war nicht ganz so „schlimm“ wie das Verfahren, das zum BVerfG, Beschl. v. 20.12.2023 – 2 Bvr 2103/20 – geführt hat (dazu Absprache I: Die Amtsaufklärungspflicht gilt immer, oder: „Nachhilfe“ für AG Halle und OLG Naumburg). aber „unschön“ ist es auch, und zwar:

Das LG Stuttgart hatte den Angeklagten mit Urteil vom 20.08.2020 wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen, Fälschung technischer Aufzeichnungen in sechs Fällen und der Vorbereitung von Datenveränderungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und gegen ihn eine Einziehungsentscheidung getroffen. Der BGH hatte mit Beschluss vom 02.06.2021 (1 StR 44/21) das Urteil wegen der Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO) aufgehoben.

Im zweiten „Rechtsgang“ hat das LG den Angeklagten nunmehr wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen in sechs Fällen und der Vorbereitung von Datenveränderungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat und von der ein Monat wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen und von Gegenständen angeordnet.

Dieser Versuch ist erneut gescheitert. Denn die hiergegen vom Angeklagten u.a. mit der Beanstandung der Verletzung formellen geführte Revision hatte erneut mit einer Verfahrensrüge Erfolg, weil das LG nach Auffassung des BGH nun im Rahmen der Verfahrensverständigung § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO verletzt hat.

Denn: Nach dem Vorschlag der (Wirtschafts)Strafkammer sollte der Angeklagte neben einem abzugebenden Geständnis zusätzlich als weitere Voraussetzung einer Verfahrensverständigung auch „keine Beweisanträge bzw. sonstige Anträge“ stellen. Im Gegenzug sicherte die Kammer zu, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen einem Jahr zwei Monaten und einem Jahr fünf Monaten zu verhängen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Dazu der BGH im BGH, Beschl. v. 10.01.2024 – 1 StR 413/23:

„Mit diesem Vorschlag, den der Angeklagte und die Verfahrensbeteiligten zugestimmt haben, hat das Landgericht die Zusage eines bestimmten Strafrahmens unsachgemäß mit einem vom Angeklagten erwarteten Prozessverhalten geknüpft. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

„Den umfassenden Verzicht auf Prozessanträge gegen die Zusicherung eines Strafrahmens hat der Gesetzgeber als zu weitgehend erachtet (BT-Drucks. 16/12310, S. 13). Allenfalls einzelne Anträge können zum Gegenstand der Verständigung gemacht werden (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 1 Variante 3 StPO). Anderenfalls wäre die Verletzung der Aufklärungspflicht zu besorgen, die der Verständigung entzogen ist (§ 257c Abs. 1 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO). Eine solch weitgehende Unterwerfung ist mit der Subjektstellung des Angeklagten unvereinbar, die auch bei Urteilsabsprachen zu wahren ist (Senat, Beschluss vom 21. September 2022 – 1 StR 479/21 -, NStZ 2023, 56; vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 3. März 2005 – GSSt 1/04BGHSt 50, 40, 48; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 – 4 StR 153/06 -, NStZ 2006, 586).“

Dem tritt der Senat bei. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf diesem beruht.“

Auch hier: Nachhilfe, und die Empfehlung, dann vielleicht doch mal in einem Kommentar usw. – ich weiß, ich weiß, ich weiß 🙂 – nachzulesen. Dann klappt es vielleicht im 3. Anlauf.

Absprache I: Die Amtsaufklärungspflicht gilt immer, oder: „Nachhilfe“ für AG Halle und OLG Naumburg

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Vorab: Heute ist „Weiberfastnacht“, also ab heute Ausnahmezustand im Rheinland und drum herum. Aus dem Anlass, allen die (mit)feiern, viel Spaß. Hier oben läuft alles normal – Gott sei Dank.

Und ich stellen heute hier StPO-Entscheidungen vor, und zwar alle drei Entscheidungen zur Verständigung (§ 257c StPO) und was damit zu tun hat. Alle drei Entscheidungen sind obergerichtliche Entscheidungen, alle drei „rügen“ die beteiligten Instanzgerichte.

Ich beginne mit dem BVerfG, Beschl. v. 20.12.2023 – 2 BvR 2103/20 – zur Verurteilung eines Angeklagten (allein) auf der Grundlage eines verständigungsbasierten Geständnisses. Der Beschluss hat in etwa folgenden Sachverhalt.

Das AG Halle (Saale) hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Vorausgegangen war eine Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten gem. § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO. Der Vorsitzende hatte für den Fall einer geständigen Einlassung dem Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen einem Jahr und einem Jahr und drei Monaten zugesichert, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle. Der Angeklagte und der Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten der Verständigung zu. Der Pflichtverteidiger gab für den Angeklagten dann folgende Erklärung ab:

Herr D. bestätigt die Tatvorwürfe aus der Anklage (…). Herr D. war Geschäftsführer der Firma und beschäftigte viele Arbeitnehmer aus Osteuropa. Ob dieser Personenkreis unternehmerisch tätig war oder nicht, war ihm nicht wichtig. (…) Ihn hat nicht interessiert, ob die Arbeitnehmer anzumelden sind oder dies bereits geschah. Er hat sich um die Dinge nicht gekümmert, er nahm die Konsequenzen in Kauf. (…) Der Tatvorwurf wird als bestätigt eingeräumt (…).“

Der Angeklagte erklärte: „Das ist richtig so“.

Eine Beweisaufnahme zur Überprüfung der Einlassung fand dann nicht mehr statt. Die Angeklagten gegen das Urteil des AG eingelegte Sprungrevision hat das OLG Naumburg als unbegründet verworfen. Die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten hatte Erfolg.

Ich stelle hier mal nicht Auszüge aus dem recht langen Beschluss des BVerfG ein, sondern empfehle den – dringend! – dem Selbststudium. Die Ausführungen lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen:

  • Es liegt Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vor.
  • § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO schließe jede Disposition über Gegenstand und Umfang der dem Gericht von Amts wegen obliegenden Pflicht zur Aufklärung des mit der Anklage vorgeworfenen Geschehens aus. Eine Verständigung kann niemals als solche die Grundlage eines Urteils bilden.
  • AG und OLG haben die Mindestanforderungen an die Wahrheitserforschung verkannt.
  • Die Qualität des Geständnisses ist/war insgesamt gering.
  • Das amtsgerichtliche Urteil lässt besorgen, dass sich der Tatrichter keine ausreichend fundierte Überzeugung von der Schadenshöhe verschafft hat.
  • Nach allem hätte sich dem AG die Erforderlichkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen müssen.

Das sind deutliche Worte in/zu einem Fall, der dann doch überrascht. Nicht wegen der Entscheidung an sich, sondern wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts. Das ist nämlich m.E. einer der klassischen Fälle, die die Rechtsprechung des BVerfG und auch die des BGH vermeiden wollte: Der „Deal“ geringe Strafe gegen schnellen Abschluss des Verfahrens bzw. Einräumen des zur Last gelegten Sachverhalts, ohne dass dieser und die geständige Einlassung des Angeklagten vom Tatgericht überprüft wird. Das BVerfG hat in seiner Rechtsprechung von Anfang an darauf hingewiesen, dass auch bei einer Verständigung die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts davon nicht betroffen sein soll. das verständigungsbasierte Geständnis soll nicht allein die Verständigung Grundlage des Urteils sein. Vielmehr soll auch weiterhin die Überzeugung des Gerichts von dem von ihm im Urteil später festgestellten Sachverhalt erforderlich sein (vgl. BT-Drucks 16/12310, S. 13), so ausdrücklich im Verständigungsurteil v. 19.3.2013 (BVerfG (NJW 2013, 1058, 1063). Allein ein verständigungsbasiertes Geständnis könne eine Verurteilung nicht rechtfertigen (s.a. BGH NStZ 2014, 53). Vielmehr sei es zwingend erforderlich, die geständige Einlassung des Angeklagten im Zuge einer förmlichen Beweisaufnahme auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BVerfG, a.a.O., m.w.N.). Das Gericht darf also nicht vorschnell auf eine Urteilsabsprache bzw. eine Verständigung ausweichen, ohne zuvor pflichtgemäß die Anklage tatsächlich anhand der Akten und insbesondere auch rechtlich überprüft zu haben (vgl. u.a. BGH NStZ 2014, 53). Es darf also nicht etwa ohne nähere Überprüfung des Tatgeschehens eine bestimmte Sanktion zusagen. Das hat das AG übersehen und – was auch erstaunt – das OLG Naumburg im Revisionsverfahren ebenfalls. Ergebnis ist dann, dass jetzt noch einmal verhandelt werden muss. Schnelligkeit bei einer Entscheidung ist eben nicht immer gut.

Und dann mal wegen der Rechtsprechung zur Absprache/Verständigung: Die findet man <<Werbemodus an“ zusammengestellt in  Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Aufl., 2022, Rn 120 ff. Zur Bestellung geht es hier <<Werbemodus aus>>.

StPO I: Umfang und Reichweite der Mitteilungspflicht, oder: Was hat wer mit wem und wie erörtert?

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Und heute einige StPO-Entscheidungen,

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 10.08.2023 – 3 StR 93/23 – zu Umfang und Reichweite der verständigungsbezogenen Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 StPO).

Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Der Angeklagte hat dagegen Revision eingelegt und gerügt, der Vorsitzende habe gegen seine Pflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 StPO verstoßen, den wesentlichen Inhalt von außerhalb der Hauptverhandlung geführten verständigungsbezogenen Erörterungen mitzuteilen. Die Revision hatte Erfolg.

Der Rüge liegt im Wesentlichen das folgende Verfahrensgeschehen zugrunde: Die Hauptverhandlung wurde auf Anregung der Verteidigung am ersten Sitzungstag unterbrochen, um Verständigungsmöglichkeiten zu erörtern. Bei dem Gespräch sagte der Vorsitzende in Anwesenheit der Beisitzerin, der Schöffen, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, der beiden Verteidiger und des Angeklagten sinngemäß, für den Fall eines Geständnisses könne die Strafkammer einen Strafrahmen von fünf Jahren und sechs Monaten bis sechs Jahre und sechs Monate zusagen. Er erläuterte dessen Angemessenheit und äußerte, die geständige Einlassung könne auch dazu führen, dass sich die Tat nicht als täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern lediglich als Beihilfe hierzu darstelle. Daraufhin erklärte der Vertreter der Staatsanwaltschaft, er wolle dem genannten Strafrahmen nicht entgegentreten, während die Verteidigung nicht Stellung nahm. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung machte der Vorsitzende Angaben zu dem Gespräch. Die Mitteilung verhielt sich aber nicht zu der Erklärung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft sowie dem Hinweis des Vorsitzenden auf eine etwaige Beihilfestrafbarkeit bei entsprechender geständiger Einlassung. Im nächsten Hauptverhandlungstermin äußerte die Verteidigung, der Angeklagte nehme das Angebot des Gerichts nicht an.

Nach zehn weiteren Sitzungstagen fand auf Anregung der Verteidigung in Unterbrechung der Hauptverhandlung ein weiteres Gespräch statt, das auf die Herbeiführung einer Verständigung gerichtet war. Am darauffolgenden Sitzungstag gab der Vorsitzende bekannt, dass nach dem vorausgegangenen Hauptverhandlungstermin auf Anregung der Verteidigung ein weiteres Gespräch zur Herbeiführung einer verfahrensabkürzenden Absprache zwischen der Strafkammer, den Verteidigern sowie der Staatsanwaltschaft stattgefunden habe und welcher (erhöhte) Strafrahmen dem Angeklagten nunmehr „für ein Geständnis“ als „Ergebnis“ zugesagt worden sei. Die Mitteilung verhielt sich wiederum nicht zu der Erklärung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft sowie zu den Äußerungen der Beteiligten mit Bezug zu einer etwaigen Beihilfestrafbarkeit. Anschließend wurde der Angeklagte über die Voraussetzungen und Folgen einer möglichen späteren Abweichung des Gerichts von der in den Blick genommenen Verständigung belehrt (§ 257c Abs. 5 StPO). Im nächsten Hauptverhandlungstermin äußerte der Angeklagte, einer solchen verfahrensabkürzenden Absprache nicht zuzustimmen, und ließ sich weiter bestreitend zur Sache ein. Zu einer Verständigung kam es auch in der Folgezeit nicht mehr.

Der BGH verweist in seinem Beschluss zunächst darauf, dass der revisionsgerichtlichen Prüfung das vom Angeklagten vorgetragene Verfahrensgeschehen zugrunde zu legen sei. Die behaupteten Vorgänge in der Hauptverhandlung seien insbesondere durch die Sitzungsniederschrift (§ 274 Abs. 1 StPO) und daneben durch die Urteilsurkunde bewiesen. Dem Revisionsvorbringen zu den außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gesprächen stünden weder die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft (§ 347 Abs. 1 Satz 2 und 3 StPO) noch die – vom Senat im Wege des Freibeweises eingeholten – dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der Beisitzerin entgegen. Die dienstlichen Erklärungen seien, was der BGH im Einzelnen ausführt zumindest als nicht hinreichend substantiiert zu bewerten, um das Revisionsvorbringen zu den außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gesprächen in Zweifel ziehen zu können.

Und dann führt er zum Umfang und Reichweite der Mitteilungspflicht aus, was sich etwa in folgendem Leitsatz zusammenfassen lässt:

Umfang und Reichweite der verständigungsbezogenen Mitteilungspflicht gebieten, nicht nur mitzuteilen, dass es Erörterungen mit verständigungsbezogenem Inhalt gegeben hat, sondern auch deren wesentlicher Inhalt. Hierzu gehört in der Regel, wer an dem Gespräch teilgenommen hat, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen worden ist, welche Standpunkte die einzelnen Gesprächsteilnehmer vertreten haben und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen sind.

StPO II: Umfang der Mitteilung zu einer Verständigung, oder: Auch der Gesprächsinhalt interessiert

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Und als zweite Entscheidung dann der BGH, Beschl. v. 14.02.2023 – 5 StR 527/22 – zur Mitteilung in Zusammenhang mit einer Absprache/Verständigung.

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Dagegen die Revision, die mit der Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO Erfolg hatte:

„1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Nach Erhebung der Anklage fand auf Anregung der Vorsitzenden ein Verständigungsgespräch statt, an dem neben den Mitgliedern der Strafkammer unter anderem Vertreterinnen der Staatsanwaltschaft sowie die Verteidiger des Angeklagten und des nicht revidierenden Mitangeklagten teilnahmen. Im Verlauf des Gesprächs äußerten die zuständige Staatsanwältin und später auch die Vorsitzende ihre Strafmaßvorstellung für den Angeklagten für den Fall einer geständigen Einlassung. Dessen Verteidiger äußerte sich ablehnend. Das Gespräch wurde letztlich ergebnislos beendet. Die Vorsitzende fertigte einen Vermerk über das Gespräch an, der zu den Akten genommen und den Verteidigern per Fax übermittelt wurde.

Am ersten Tag der Hauptverhandlung stellte die Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes fest, „dass Erörterungen zur Vorbereitung einer Verständigung“ stattgefunden hätten. Sie nahm Bezug auf den hierzu gefertigten Vermerk. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger bestätigten, den Vermerk zu kennen. Über das Verständigungsgespräch und dessen Inhalt teilte die Vorsitzende ansonsten nichts mit. Auch der Vermerk wurde nicht verlesen oder sonst bekanntgegeben. Weitere Erklärungen wurden von den Verfahrensbeteiligten nicht abgegeben.

2. Es liegt danach ein durchgreifender Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO vor.

a) Indem die Vorsitzende der Strafkammer in der Hauptverhandlung lediglich die Gesprächsführung als solche und als deren Ergebnis das Ausbleiben einer Verständigung, nicht aber den wesentlichen Inhalt des Gesprächs mitteilte, genügte sie nicht der sich aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ergebenden Pflicht zur Information über außerhalb der Hauptverhandlung geführte verständigungsbezogene Erörterungen, die ohne Einschränkungen auch im Fall erfolgloser Verständigungsbemühungen gilt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – 4 StR 209/21, NStZ-RR 2022, 79; Urteil vom 18. November 2020 ‒ 2 StR 317/19, wistra 2021, 290 Rn. 45 mwN).

b) Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Zwar war der Angeklagte durch seinen Verteidiger in inhaltlich nicht näher bekannter Weise mündlich über das Verständigungsgespräch und dessen Ergebnislosigkeit informiert worden (zum Fehlen eines aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO folgenden Vortragserfordernisses hierzu vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. November 2019 – 3 StR 336/19, NStZ-RR 2020, 87; vom 3. August 2022 – 5 StR 62/22). Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte sein Prozessverhalten bei einer durch die Vorsitzende erteilten Information über den Inhalt des Verständigungsgesprächs anders als geschehen ausgerichtet hätte (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – 4 StR 209/21, NStZ-RR 2022, 79; KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 243 Rn. 118; MüKo-StPO/Arnoldi, § 243 Rn. 96).“