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Strafantrag – ein Schattendasein, oder: Doch Lichtblicke

© rcx - Fotolia.com

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So, es ist geschafft :-). Weihnachten liegt hinter uns und der Sonntag zum Erholen, den es in diesem Jahr dann zusätzlich gegeben hat, ist auch vorbei. Wir können also frisch erholt (?) in die letzten Arbeitstage des Jahres starten; es ist ja auch nur eine „Rumpfwoche“. Spätestens am Mittwoch wird es mit dem Arbeiten dann schon wieder vorbei sein. Die verbleibenden Arbeitstage des Jahres 2015 wird es dann aber noch Blog-Postings geben. Wer rastet, rostet….

Heute will ich mit zwei Entscheidungen des KG starten, die beide eine Prozessvoraussetzung ins Gedächtnis rufen, die häufig übersehen wird bzw. auf die man bei der Verteidigung bei Antragsdelikten zu wenig achtet. Nämlich den Strafantrag. In einer der Entscheidungen hat es zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Verurteilung und der Einstellung des Verfahrens gereicht, in der anderen leider nicht.

Im KG, Beschl. v. 21.01.2015 – (5) 121 Ss 228/14 (11/14) – hat das KG in einem Verfahren wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) ausgeführt:

„1) Entgegen der Ansicht der Revision fehlt es nicht an einem wirksamen Strafantrag nach § 123 Abs. 2 StGB. Hierbei handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1968 – 2 StR 719/67 – juris Rz. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 7. Mai 2007 – 2 Ss 171/07 – juris Rz. 10). Das Vorliegen dieser Prozessvoraussetzung ist vom Revisionsgericht nach den Grundsätzen des Freibeweises zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1968 – 2 StR 719/67 – juris Rz. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 7. Mai 2007 – 2 Ss 171/07 – juris Rz. 10). Ein Strafantrag ist ein an ein Strafverfolgungsorgan gerichtetes förmliches Verlangen, eine bestimmte Straftat zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2014 – 5 StR 46/14 – juris Rz. 12). Bei der Ausübung des Antragsrechts kann sich der Antragsberechtigte eines Vertreters in der Erklärung bedienen (vgl. Mitseh in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Auflage 2012, § 77 Rn. 11; Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 77 Rn. 21). So liegt es hier.

Der Zeuge H. stellte den Strafantrag als bevollmächtigter Vertreter des Geschäftsführers der x GmbH als Antragsberechtigte. Dabei hat der Zeuge H. während seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht Tiergarten ausdrücklich erklärt, es sei die Entscheidung der Geschäftsführung der x GmbH gewesen, dass wegen der Tat ein Strafverfahren durchgeführt werden soll. Die Geschäftsführung der x GmbH habe nach der Räumung des besetzten Gebäudes entschieden, dass der Strafantrag aufrecht erhalten bleibe. Aufgrund dieser Angaben des Zeugen H. kann es keinen Zweifeln unterliegen, dass durch die x GmbH ein Strafantrag im Sinne von §§ 123 Abs. 2, 77 Abs. 1 StGB gestellt worden ist. Darauf, dass der Zeuge H. persönlich kein Interesse an einer Strafverfolgung hatte, kommt es – entgegen der Revision – nicht an.“

Anders der KG, Beschl. v. 03.08. 2015 – (2) 161 Ss 160/15 (044/15). Auch ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch. Da hatte nicht der richtige Berechtigte, nämlich im Fall der Vermietung der Mieter, den Strafantrag gestellt:

„Antragsberechtigt ist gemäß § 77 Abs. 1 StGB der Verletzte der Straftat, im Falle des § 123 Abs. 1 StGB der Inhaber des durch den Hausfriedensbruch verletzten Hausrechts (Lilie in LK, StGB 12. Aufl., § 123 Rdn. 83; Fischer, StGB 62. Aufl., § 123 Rdn. 44).

Die DB Station & Service AG war im Tatzeitpunkt nicht Inhaberin des Hausrechts. Mit Abschluss des Mietvertrages hat sie das Hausrecht an die Mieterin – die S-Bahn Berlin GmbH – übertragen. Letztere hat keinen Strafantrag gestellt.

Bei privaten Räumen ist Inhaber des Hausrechts stets der unmittelbarer Besitzer, der nicht der Eigentümer zu sein braucht, solange er die Sachherrschaft rechtmäßig begründet hat (vgl. RGSt 36, 322-323; KG NStZ 2010, 34-35; OLG Hamburg NStZ 2007, 38-39; Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., § 123 Rdn. 16; Schäfer in MünchKomm, StGB 2. Aufl., § 123 Rdn. 35). Bei vermieteten Räumen steht das Hausrecht grundsätzlich allein dem Mieter zu, und zwar auch gegenüber dem Vermieter (vgl. KG a.a.O. mit weit. Nachweisen). Er und nicht der Vermieter ist es, der andere vom Betreten der genannten Räumlichkeiten ausschließen kann. Der Vermieter darf ohne Erlaubnis des Mieters die vermieteten Räume grundsätzlich weder selbst betreten noch ist er befugt, anderen wirksam den Zutritt zu gestatten oder zu versagen. Umgekehrt steht es dem Mieter zu, einer anderen Person den Zutritt zu den gemieteten Räumen zu erlauben, und zwar auch gegen den Willen des Vermieters. Einschränkungen hinsichtlich der Alleinzuständigkeit des Mieters sind nur in Ausnahmefällen denkbar. So soll der Vermieter bei größeren Mietshäusern hinsichtlich der Gemeinschaftseinrichtungen (Treppenhaus, Aufzüge und Flure) in der Regel jedenfalls eine Mitberechtigung behalten (Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., § 123 Rdn. 16 mit weit. Nachweisen).

Nach diesen Grundsätzen stand das Hausrecht an den gemieteten Räumen des Aufsichtsgebäudes allein der S-Bahn Berlin GmbH zu.“