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Geschäftsverteilung, oder: Bloß keine Mauschelei

© Corgarashu – Fotolia.com

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Die Änderung des Geschäftsverteilungsplanes für das laufende Jahr im laufenden Jahr und damit der Zuständigkeiten, die durch eine Änderung der Zuweisung von Verfahren zwangsläufig die Folge ist, ist immer gefährlich für die Tatgerichte, i.d.R. die Landgerichte. Denn der BGH misst dem sich aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Recht auf den gesetzlichen Richter große Bedeutung zu und ist, was das Vorliegen der Voraussetzungen für eine solche Änderung angeht, sehr streng; jeder bloße Anschein von Mauschelei ist zu vermeiden. Das zeigt noch einmal der BGH, Beschl. v. 04.05.2016 – 3 StR 385/15, der ein Verfahren beim LG Düsseldorf betrifft. Die umfangreichen Ausführungen des BGH lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen:

  • Eine nachträgliche Änderung der Geschäftsverteilung (vgl. dazu § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG) kann ggf. nverfassungsrechtlich geboten sein, wenn nur auf diese Weise die Gewährung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit, insbesondere eine beschleunigte Behandlung von Strafsachen, erreicht werden kann.
  • Das Beschleunigungsgebot lässt jedoch das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig zurücktreten. Vielmehr hat der Angeklagte einen Anspruch auf eine zügige Entscheidung durch diesen. Daher muss in derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.
  • Jede Umverteilung während des laufenden Geschäftsjahres, die bereits anhängige Verfahren erfasst, muss geeignet sein, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Daran fehlt es regelmäßig, wenn nach einer Überlastungsanzeige in der Mitte des Geschäftsjahres lediglich ein einziges Verfahren auf eine andere Strafkammer übertragen wird.

Das gilt unabhängig davon, ob ausschließlich anhängige Verfahren oder daneben auch zukünftig eingehende Verfahren umverteilt werden.

Als Verteidiger muss man in diesen Fällen immer die Besetzungsrüge im Auge behalten (§ 222b StPO), sonst wird es nichts mit der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 1 StPO.