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„Aktenmäßiger Erlass“ des Verbindungsbeschlusses, oder: Verbindung von Verfahren dann erst in der HV

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Und dann habe ich hier noch einen Beschluss des LG Kiel zu den Gebühren des Verteidigers nach der Verbindung von Verfahren.

Folgender Sachverhalt: Gegen den Angeklagten sind drei selbständige Verfahren anhängig. Diese werden vom Amtsrichter vor der Hauptverhandlung zu einem weiteren anhängigen Verfahren hinzuverbunden. Der Verbindungsbeschluss verbleibt aber (zunächst) in der Akte. Er wird dann in der Hauptverhandlung verkündet, nachdem in den drei Verfahren die Anklagen verlesen worden sind. Der Pflichtverteidiger hat auch für die drei hinzuverbundenen Verfahren jeweils eine Terminsgebühr geltend gemacht. Das LG Kiel hat die im LG Kiel, Beschl. v. 21.06.2023 – 2 Qs 41/23 – gewährt.

„Streitgegenständlich ist die im Festsetzungsbeschluss erfolgte Absetzung dreier Terminsgebühren für die Verfahren 231 Ls 551 Js 38311/22, 231 Ls 588 Js 37618/22 und 231 Ls 588 Js 38428/22 in Höhe von jeweils 295 EUR zuzüglich der Umsatzsteuer.

Die Verbindung der genannten Verfahren zum führenden Verfahren ist im hiesigen Falt wirksam erst in der Hauptverhandlung erfolgt, nachdem in den hinzuverbundenen Verfahren bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hatte, so dass auch in den hinzuverbundenen Verfahren jeweils eine Terminsgebühr gern. Nr. 4108, 4109 VV RVG entstanden ist.

Zwar hat der zuständige Richter den Verbindungsbeschluss hinsichtlich der genannten Verfahren bereits vor Beginn der Hauptverhandlung verfasst, unterzeichnet und mutmaßlich zu den Akten genommen. Dieser „aktenmäßige Erlass“ führt zwar bereits zur Existenz und auch Anfechtbarkeit des Beschlusses (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. A., vor § 33 Rn. 5 – 8; Valerius, in: MüKo-StPO, 2. A., § 33 Rn. 18 – 20). Ergangen ist eine Entscheidung außerhalb der Hauptverhandlung aber grundsätzlich erst dann, wenn sie für das Gericht, das sie gefasst hat, unabänderlich ist. Dies ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ihn die Geschäftsstelle an eine Behörde oder Person außerhalb des Gerichts hinausgegeben hat und eine Abänderung tatsächlich unmöglich ist. Ausgenommen sind davon Beschlüsse, die nach rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels unmittelbar die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung herbeiführen (BGH NStZ 2011, 713; NStZ 2012, 710 f.; Schneider-Glockzin, in: KK-StPO, 9. A., § 33 Rn. 4; Valerius, in: MüKo, a.a.O., § 33 Rn. 18 – 20; Graalmann-Scheerer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. A., § 33 Rn. 12). Demnach ist der außerhalb der Hauptverhandlung gefasste Verbindungsbeschluss noch nicht mit seinem aktenmäßigen Erlass wirksam geworden, sondern erst mit der Verkündung in der Hauptverhandlung. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anklagen aus den in Rede stehenden Verfahren aber bereits verlesen worden, so dass auch eine Hauptverhandlung in den Verfahren stattgefunden hatte. Der Umstand, dass die Eröffnungsentscheidung erst im Verbindungsbeschluss getroffen worden ist, steht dieser Wertung nicht entgegen, zumal der Eröffnungsbeschluss nach herrschender Meinung noch in der Hauptverhandlung nachgeholt werden kann.

Die Terminsgebühr in den drei hinzuverbundenen Verfahren beläuft sich auf jeweils 295 EUR zuzüglich der Umsatzsteuer von 19 %, mithin insgesamt auf 1.053,15 EUR.“

Die Terminsgebühren des Nebenklägervertreters

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Mal wieder ein wenig Gebührenrecht, und zwar in Zusammenhang mit der Nebenklagevertretung. Es handelt sich um ein Verfahren, in dem es bei einem Arzt u.a. um mehrere Körperverletzung mit Todesfolge und fahrlässige Tötungen ging. Einige der hinterbliebenen Angehörigen verstorbener Patienten hatten sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen. So -hier  verkürzt – auch der Mandant des Nebenklagebeistandes. Der Nebenklägervertreter nimmt (beim Schwurgericht) an allen Hauptverhandlungsterminen teil, und zwar auch an denen, in denen über Taten verhandelt wird, die seinen Mandanten nicht zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt hätten. Gestritten wird dann um die Nebenklagegebühren.

Dazu der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.04.2012, III-2 Ws 67/12

 1. Nimmt der Nebenklägervertreter in einem Verfahren, in dem mehrere selbständige prozessuale Taten verhandelt werden, die nicht alle zum Anschluss als Nebenkläger berechtigen, an sämtlichen Hauptverhandlungstagen teil, so sind die dadurch entstandenen Terminsgebühren auch hinsichtlich derjenigen Verhandlungstage, an denen das Nebenklagedelikt nicht Gegenstand der Hauptverhandlung war, als notwendige Auslagen erstattungsfähig, wenn die Taten einen inneren Zusammenhang aufweisen, der es nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass die Interessen des Nebenklägers auch in den ihn nicht unmittelbar betreffenden Verhandlungsabschnitten tangiert werden.

 2. Bei Rahmenterminsgebühren kann die Bestimmung der Mittelgebühr trotz einer unterdurchschnittlichen Dauer der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht von weniger als einer Stunde noch der Billigkeit entsprechen, wenn der geringe Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durch die überdurchschnittliche Relevanz der übrigen Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG kompensiert wird.