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OWi I: Rotlichtverstoß auf der Rechtsabbiegespur, oder: Augenblicksversagen des Taxifahrers

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Heute dann wieder Entscheidungen aus dem Bußgeldverfahren.

Zunächst hier zwei Entscheidungen zum Rotlichverstoß (§ 37 StVO), und zwar:

1. Ein Fahrzeugführer, der auf einer Rechtsabbiegerspur bei Rotlicht (schwarzer Pfeil nach rechts) in den Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich einfährt, begeht auch dann einen Rotlichtverstoß, wenn er nicht nach rechts abbiegen will, sondern die Rechtsabbiegerspur nur zum Überholen eines auf der Geradeausspur, für die der Verkehr freigegeben ist, fahrenden Fahrzeugs benutzt und anschließend geradeaus weiterfährt. Dies gilt aber nur dann, wenn er sich im Zeitpunkt des Einfahrens in den durch die Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich zumindest noch teilweise auf der Rechtsabbiegerspur befindet.

2. Der Einmündungsbereich wird im Falle einer bogenförmig verlaufenden Einmündung durch den Punkt bestimmt, an dem die Geradeausspur und der Beginn der Kurvenkrümmung zusammentreffen.

3. Bei Fahrstreifenmarkierungen mit Pfeilen (Zeichen 297 der Anlage 2 zur StVO) zwischen Leitlinien (Zeichen 340 der Anlage 3 zur StVO) ist es gemäß lfd. Nr. 70 der Anlage 2 zur StVO gestattet, in Abweichung von § 5 Abs. 1 StVO rechts zu überholen.

1. Von der Anordnung eines Fahrverbots beim Rotlichtverstoß kann abgesehen werden, wenn ein atypischer Fall vorliegt, bei dem der Erfolgsunwert verringert ist, insbesondere wenn jede konkrete Gefährdung ausgeschlossen gewesen ist oder eine Verkehrssituation vorliegt, welche die Unaufmerksamkeit des Betroffenen und seine Sorgfaltswidrigkeit im Sinne eines so genannten Augenblicksversagens in einem signifikant milderen Licht erscheinen lassen könnten.

2. Ein Augenblicksversagen kann bei einem „Frühstart“ oder „Mitzieheffekt“ vorliegen. Kein Augenblicksversagen ist anzunehmen, wenn ein ortskundiger Taxifahrer bei Dunkelheit mit unverminderter Geschwindigkeit eine bereits seit Längerem Rotlicht zeigende Lichtzeichenanlage überfährt, weil er diese überhaupt nicht wahrgenommen hat.

 

 

 

 

Gurtpflicht für Taxifahrer? Jetzt ja.

entnommen wikimedia.org Urheber Epop

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Heute ist Bundesratssitzung. Daraus ist für Verkehrsrechtler Folgendes interessant:

  • Beraten worden ist auch (mal wieder) eine Verordnung der Bundesregierung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. Der haben die Länder nur mit Auflagen zugestimmt, und zwar: Die Länder fordern die Einführung neuer Regelsätze in den Bußgeldkatalog, um das Befahren von Radwegen in nicht zulässiger Richtung unter bestimmten Umständen konsequenter verfolgen zu können. Zur Begründung führen sie aus, dass das Befahren von Radwegen in nicht zulässiger Richtung ein oft vorkommendes Fehlverhalten mit hohem Unfallrisiko und Gefahrenpotenzial darstelle. Die Bußgelder sollen sich zwischen 25 und 35 € bewegen. Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob sie die Verordnung mit den Änderungen in Kraft setzt.

  • Mit der Verordnung wird im Übrigen europäisches Recht zur Anpassung an neue Kinderrückhaltesysteme in Kraftfahrzeugen in nationales Recht umgesetzt.
  • Zudem schafft die VO aus Verkehrssicherheitsgründen die Ausnahme für Taxi- und Mietwagenfahrer ab, sich während der Fahrgastbeförderung bislang nicht anschnallen zu müssen.

Näheres dann nachzulesen hier.

Auch wenn Mama Taxifahrerin ist, führt das nicht zur Strafverschärfung bei einem Taxiüberfall

Ist die Strafzumessung in der landgerichtlichen Entscheidung, die dem Beschl. des BGH v. 28.09.2010 – 4 StR 371/10 zugrunde gelegen hat, nun kurios, amüsant oder was? Jedenfalls ist sie falsch. Das LG hat den Angeklagten wegen  Überfalls auf eine Taxifahrerin der versuchten schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen und bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass die Mutter des Angeklagten selbst auch Taxifahrerin ist. Sicherlich löblich, dass die Strafkammer so offenbar ein wenig zum häuslichen Frieden beitragen will, aber: Der BGH sagt: Rechtsfehlerhaft und begründet das wie folgt:

„Der Strafausspruch hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Jugendkammer hat bei der Bemessung der verhängten Freiheitsstrafe innerhalb des nach § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 250 Abs. 1 StGB zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass „seine eigene Mutter Taxifahrerin ist und die Tat insoweit als besonders verwerflich erscheint“. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, weil sich aus dem Umstand, dass die Mutter des Angeklagten den gleichen Beruf ausübt wie das Tatopfer, keine gesteigerten Pflichten des Angeklagten für das verletzte Rechtsgut ergeben (vgl. MünchKommStGB/Franke § 46 Rn. 32). Die berufliche Stellung der Mutter wirkt sich daher auf das Maß der der Tat des Angeklagten innewohnenden Pflichtwidrigkeit nicht aus. Auch unter dem Gesichtspunkt der aus der Tat sprechenden Gesinnung kommt diesem Umstand keine die Tatschuld steigernde Bedeutung zu.“

Etwas anderes wäre es ggf. gewesen, wenn das LG nur berücksichtigt hätte, dass das Opfer Taxifahrer war und ggf. planmäßig an einen einsamen Ort gelockt worden ist. Das hat der BGH – zumindest bei § 316a StGB – als zulässig angesehen (vgl. BGH 4 StR 311/04 und 4 StR 53/04).

Kann ich bei Ihnen meine Taxifahrt unbar bezahlen…..

hat am Hamburger Flughafen eine Fahrgast wohl einen Taxifahrer gefragt, der das, weil sein Kartenlesegerät defekt war, verneinen musste. Daraus wurde dann ein OWi-Verfahren, u.a. auch wohl deshalb weil der Taxifahrer sich gegenüber dem Hamburger Flughafen dazu verpflichtet hatte, bargeldlose Zahlungen sicher zustellen. Das AG verurteilt, das OLG Hamburg hat im Beschl. v. 26.08.2010 – 2 – 32/10 (RB) aufgehoben und frei gesprochen mit der Begründung: Keine gesetzliche Grundlage. Die Ablehnung eines Taxifahrgastes wegen gewünschter bargeldlosen Zahlung sei in Hamburg keine Ordnungswidrigkeit. Es gebe keine Pflicht für Taxenunternehmer und -fahrer, Entgelte für Beförderungsleistungen unbar entgegenzunehmen oder entsprechende (Kartenlese-)Geräte bereitzuhalten. Ein Verstoß gegen die bußgeldbewehrte öffentlich-rechtliche Beförderungspflicht liege jedenfalls in Hamburg grundsätzlich nicht vor, wenn ein Beförderungsvertrag deshalb nicht zustande komme, weil der Taxenunternehmer oder -fahrer entgegen dem Ansinnen des Fahrgastes eine unbare Begleichung des Beförderungsentgeltes ablehne, etwa weil das Kartenlesegerät defekt ist. Dies gelte auch dann, wenn sich ein Taxenunternehmer gegenüber dem privaten Grundstückseigentümer eines Taxenstandes verpflichtet habe, Beförderungsentgelte auch unbar entgegenzunehmen. Ein Verstoß erfülle keinen Ordnungswidrigkeitentatbestand.

Man ist ja schon erstaunt, was alles so an die Gerichte herangetragen wird. Mein Gott, kann man da m.E. nur sagen: Wenn das Gerät kaputt ist, gehe ich eben zum nächsten und frage den, ob er mich „unbar“ fährt.