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Ein „Reichsbürger“ kann nicht Schöffe sein

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Ein „Reichsbürger“ kann nicht Schöffe sein. Das ist das Fazit aus dem OLG Dresden, Beschl. v. 08.12.2014 – 2 (s) AR 37/14 – mit dem etwas „vornehmeren“ Leitsatz:

„Ein Schöffe, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnt, indem er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und Behörden bestreitet (sogenannter „Reichsbürger“) ist gemäß § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben.“

und folgender Begründung:

Die sogenannten „Reichsbürger“ wollen den Fortbestand des Deutschen Reiches beweisen. Sie bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und Behörden (vgl. Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529).

Ehrenamtliche Richter unterliegen einer besonderen Pflicht zur Verfassungstreue. Dies folgt aus der Funktion ehrenamtlicher Richter als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung. Deshalb haben die Landesjustizverwaltungen streng darauf zu achten, dass zum ehrenamtlichen Richter nur Personen ernannt werden dürfen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie die ihnen von Verfassungs und Gesetzes wegen obliegenden, durch den Eid bekräftigten richterlichen Pflichten jederzeit uneingeschränkt erfüllen werden (BVerfG NJW 2008, 2568).

§ 44 Abs. 2 DRiG bestimmt, dass ehrenamtliche Richter vor Ablauf ihrer Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen ihren Willen nur durch Entscheidung eines Gerichts abberufen werden können. Zudem enthalten die §§ 32, 33 GVG keinen Tatbestand, unter den die Verletzung der Verfassungstreuepflicht subsumiert werden könnte. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund für Schöffen in § 51 GVG eine den anderen Verfahrensordnungen entsprechende gesetzliche Regelung zur Amtsenthebung (§ 27 ArbGG, § 113 GVG, § 22 SGG) und zur Entbindung vom Amt (§ 24 VwGO, § 21 FGO) geschaffen (BT-Drs. 17/3356, S. 16 f.).

Ein Schöffe, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnt, ist deshalb des gemäß § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl. § 51 GVG Rdrn. 1). Diese Voraussetzungen sind bei einem sogenannten „Reichsbürger“ erfüllt.“

Bin dann mal auf einem Hilfstransport – kann deshalb nicht Schöffe sein (?)

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Die Frage, ob die „richtigen“ Schöffen an der Hauptverhandlung teilgenommen haben, ist für die Frage nach dem gesetzlichen Richter und damit in der Revision für das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 1 StPO von Bedeutung. Deshalb sind die Gerichte in der Regel bei der Entbindung von Schöffen für einzelne Sitzungstage (§ 54 GVG) besonders vorsichtig, zumal in § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG von „unabwendbaren Umständen“ die Rede ist.

Nach Auffassung des BGH (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – 2 StR 204/12) war man in der Frage beim LG Gera dann aber wohl ein wenig zu großzügig, aber letztlich noch nicht so großzügig, dass die erfolgte Entbindung des Schöffen als „objektiv willkürlich“ anzusehen war. Da hatte der Schöffe seinen Entbindungsantrag offenbar (nur) mit der Teilnahme an einem Hilfstransport begründet. dazu der BGH:

Die vom Angeklagten R. erhobene Verfahrensrüge einer Verletzung von § 338 Nr. 1 StPO ist – abweichend von der Ansicht des Generalbundesanwalts – zulässig erhoben. Sie ist aber unbegründet. Allerdings begegnet die Auslegung des Begriffs der Verhinderung im Sinne von § 54 Abs. 1 GVG durch das Landgericht Bedenken. Dessen Annahme, der Schöffe sei wegen seiner notwendigen Mitwirkung an einem Hilfstransport verhindert, kann aber nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles noch nicht als objektiv willkürlich angesehen werden (vgl. BGHSt 31, 3, 5).

Leider teilt der BGH die „konkreten Umständen des vorliegenden Falles “ nicht mit, so dass man nicht beurteilen kann, welche Maßstäbe in solchen Fällen anzulegen sind. Jedenfalls dürfte allein die Mitteilung des Schöffen: Bin dann mal auf einem Hilfstransport.., nicht ausreichend sein.