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Messung mit Riegl LR90-235/P, oder: Zuordnungssicherheit

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Und zum Schluss des „OWi-Tages“ berichte ich über das  AG Dortmund, Urt. v. 26.05.2017 – 729 OWi-253 Js 291/17-78/17, das zur Zuordnungssicherheit bei einer Geschwindigkeitsmessung in 302 m-Entfernung mittels Messgeräts Riegl LR90-235/P Stellung nimmt und diese verneint hat. Ist heute ja auch schon in zwei anderen Blogs gelaufen 🙂 .

Dem Betroffenen ist vorgeworfen worden, in Dort­mund auf der Emscherallee mit seinem PKW BMW die an der Messstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 31 km/h überschritten zu haben. Er soll nach Toleranzabzug mit einer Geschwindigkeit von 101 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften gefahren sein. Das hat das AG nicht feststellen können und den Betroffenen frei gesprochen:

„… Das Gericht hat jedoch keine ihm zu­zuordnende Messung feststellen können. Möglicherweise ist der Betroffene tatsäch­lich zu schnell gewesen. Dies ließ sich jedoch nicht wirklich feststellen, da die Zuord­nungssicherheit bei der durchgeführten Lasermessung mit einem Lasermessgerät der Firma Riegl nicht gegeben war. Die Messung wurde nämlich durchgeführt durch den Polizeibeamten A, der das Fahrzeug des Betroffenen bei einem Über­holvorgang in einem Abstand von 302 m gemessen hat. Die beiden Fahrzeuge, also das überholende Fahrzeug des Betroffenen und das überholte Fahrzeug befanden sich z.Zt. der Messung unmittelbar nebeneinander, so dass zwar sehr wahrscheinlich ist, dass die Messung des Polizeibeamten A dem Betroffenen zuzuordnen ist, eine Sicherheit jedoch nicht gegeben ist.

Der Betroffene hat erklärt, er sei zur Tatzeit Fahrzeugführer gewesen. Er bezweifle aber die Richtigkeit der Messung.

Der Zeuge A wurde vernommen. Dieser bestätigte, dass er sich zur Tatzeit keinerlei Gedanken darüber gemacht habe, ob in der Bedienungsanleitung des Messgerätes ab einer Entfernung von 300 m eine Zuordnungssicherheit aufgrund einer Aufweitung des Messstrahls problematisch sein könnte. Er könne sich noch erinnern, nach dem Anhalten mit dem Betroffenen gesprochen zu haben. Es sei deshalb auch das Überholen ausdrücklich in die Anzeige aufgenommen worden und eine Skizze insoweit gefertigt worden. Ansonsten habe der Zeuge A natür­lich die für die Messung notwendigen Tests durchgeführt.

Das Gericht konnte zudem einen gültigen Eichschein und ein Messprotokoll fest­stellen. Auch aus dem Messprotokoll ergab sich die Messung beim Überholen.

Sodann hat das Gericht auszugsweise die Bedienungsanleitung des Messgeräts Riegl LR90-235/P verlesen.

Hierin heißt es:

„Die zu messsenden Fahrzeuge sind möglichst mittig anzuvisieren. Dadurch ist bei der Messung mehrspuriger Fahrzeuge bis zu einer Entfernung von 300 m aufgrund der engen Bündelung des Laserstrahls die Zuordnungssicherheit gewährleistet. Da ab Entfernungen von 300 m eine Zielerfassung außerhalb der Breit von PKW nicht ausgeschlossen werden kann, ist der von Fahrzeugen der gleichen Fahrtrichtung freizuhaltende Zielerfassungsbereich auf einen Durchmesser von insgesamt 2 PKW-Breiten (ca. 3,50 m) zu erweitern, d.h. es ist rechts und links je eine halbe Fahr­zeugbreite zuzugeben. Entsprechendes gilt für den Raum oberhalb des anvisierten Fahrzeuges.“

Derartiges konnte hier nicht sichergestellt werden. Das Gericht konnte auch keine weiteren Anhaltspunkte feststellen, aufgrund derer eine weitergehende Plausibili­tätsprüfung stattfinden konnte. Insbesondere konnten keine Feststellungen mehr zu dem Fahrverhalten des überholten Fahrzeuges getroffen werden. Eine Plausibilitäts­prüfung hätte insoweit allenfalls dann stattfinden können, wenn ausdrücklich durch den Polizeibeamten die Gewähr übernommen worden wäre, dass z.Zt. der Messung das überholte Fahrzeug tatsächlich langsamer war als der Betroffene oder gleich­schnell. Ohne eine solche Angabe bestand jedenfalls noch die Möglichkeit, dass während des Überholens auch das überholte Fahrzeug kurzzeitig schneller gewor­den sein kann.“