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Abbiegen in eine Parkbucht ist kein Abbiegen in ein Grundstück

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Der Beklagte im Verfahren, das zu dem OLG Hamm, ?08?.?11?.?2013?, 9 U ?88?/?13? geführt hat, befuhr mit seinem Fahrzeug eine Straße, auf der sich seitlich Parkbuchten befanden. Als er rückwärts in eine am rechten Fahrbahnrand belegene Parkbucht einbiegen wollte, erfasste er beim Rückwärtseinparken, in dessen Vorbereitung er einen Schlenker auf die Gegenfahrbahn fuhr, einen Rollerfahrer, der das Fahrzeug rechts überholen wollte und verletzte diesen. Der Radfahrer erlitt einen Oberschenkelhalsbruch und diverse Schürfungen und Prellungen. Das LGH gelangte anhand seiner Feststellungen zu dem Ergebnis, dass der Beklagte überwiegend haften müsse. Der Beklagte habe gegen § 9 Abs.1 und Abs. 5 StVO verstoßen, da er beim Rückwärtsfahren in ein Grundstück das doppelte Rückschaugebot nicht beachtet habe und auch den Blinker nicht gesetzt habe. Dem Kläger sei aber ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 StVO anzulasten, sodass ein Mitverschulden in Abzug zu bringen sei.

Das OLG hob dieses Urteil auf und änderte die Haftungsquote zu Gunsten des Beklagten auf 50 Prozent ab. Dazu der Leitsatz:

„Zwar stellt das Abbiegen in eine neben der Fahrbahn liegende Parkbox bzw. Parkbucht kein Abbiegen in ein Grundsstück i.S.v. § 9 Abs. 5 StVO dar. Allerdings kann das im Vergleich zum Abbiegen in eine Einmündung im Einzelfall erhöhte Gefährungspotential in Anwendung des Rechtsgedankens dieser Vorschrift bei der Gewichtung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG berücksichtigt werden.“

Was ist eine Parkbucht?

Die Antwort auf die Frage: Was ist eine Parkbucht?, kann entscheidend sein für die Annahme oder Ablehnung eines Halteverbotsverstoßes sein. Denn ohne Zusatzschilder versehene Verkehrszeichen 283 und 286 (absolutes und eingeschränktes Haltverbot gemäß Anl. 2 lfd. Nr. 62 und 63 zu § 41 Abs. 1 StVO) beziehen sich nur auf die für den fließenden Verkehr bestimmte Fahrbahn, die durch die mit ihnen angeordneten Haltverbote von Behinderungen durch haltende und parkende Fahrzeuge freigehalten werden soll, jedoch nicht auf für den ruhenden Verkehr bestimmte Parkstreifen, Park- und Ladebuchten, die nach ihrer äußeren Anlage für jeden unbefangenen Betrachter gerade zum Halten und Parken bestimmt sind und ersichtlich nicht dem fließenden Verkehr dienen. Daher ist die Erklärung im KG, Beschl. v. 31.10.2011 – 3 Ws (B) 500/11 – 2 Ss 187/11, was eine Parkbucht ist von Bedeutung. Das KG erläutert:

Dabei reicht es zur Annahme einer Parkbucht und damit eines für den fließenden Verkehr nicht bestimmten Teils der Straße, der somit nicht zur „Fahrbahn“ im Sinne des durch das Zeichen 283 angeordneten Verbots gehört, aus, dass es sich um eine aus dem Gehsteig ausgesparte und gegen diesen abgesenkte Fläche handelt, wobei an deren Beginn und Ende der Gehsteig um die Breite der Bucht verbreitert ist und die gedachte Verbindungslinie der am weitesten vorragenden Gehsteigkanten die Abgrenzung der Bucht gegenüber dem fließenden Verkehr dienenden Fahrbahn darstellt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Linie etwa durch andersartige Befestigung der Buchtoberfläche, durch Erhöhung oder durch eine ununterbrochene weiße Linie gemäß Zeichen 295 (Anl. 1 lfd. Nr. 68 zu § 41 Abs. 1 StVO) abgegrenzt ist (vgl. BayObLG VRS 45, 141).