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Betreutes Fahren in der Bahn?

Zwei Dinge sind, m.E, bemerkenswert am Gericht: OLG Nürnberg, Urt .v. 30.12.0211 – 14 U 852/10, bei dem es um Schadensersatz in Zusammenhang mit einer Bahnfahrt ging:

  1. Einmal, dass die Klage überhaupt erhoben wurde – sorry, der ein oder andere wird es anders sehen, ich weiß. Man könnte auch sagen: Erst saufen, dann Blödsinn machen (wollen) und dann fragen: Wo bekomme ich Schadensersatz.
  2. Dass die DB, die ich nun wahrlich nicht immer schätze, keine allgemeine Betreuungspflicht hat.

Der Leitsatz des Urteils dazu:

„Klettert ein Fahrgast aus dem Fenster eines anfahrenden Zuges und kommt dabei zu Schaden, so stehen ihm regelmäßig wegen seines überwiegenden Mitverschuldens Schadensersatzansprüche gegen den Bahnbetreiber nicht zu.
Dies gilt auch dann, wenn sich nicht mehr klären lässt, ob er von diesem oder einem nachfolgenden Zug verletzt wurde, selbst wenn letzterer aufgrund eines Fehlverhaltens des Zugbegleiters nicht mehr angehalten werden konnte.

In den Gründen führt das OLG dann aus:

„….

1. Die Beklagte hat keine vertragliche Nebenpflicht dadurch verletzt, dass der von ihr eingesetzte Zugbegleiter als ihr Erfüllungsgehilfe das Hinausklettern des Klägers aus dem Fenster nicht verhinderte. Vor allem bestand auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles keine Aufsichtspflicht des Zugbegleiters gegenüber dem Kläger.
a) Das Hinausklettern aus dem Fenster hätte nur durch eine ständige Beaufsichtigung des Klägers durch den Zugbegleiter verhindert werden können. Eine solche war nicht gefordert. Anders wäre es gewesen, wenn Anzeichen dafür bestanden hätten, dass der Kläger den Zug über das Fenster verlassen wollte. Solche gab es aber nicht.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Berufung, dem Zugbegleiter sei bekannt gewesen, dass der Kläger infolge starker Alkoholisierung hilflos gewesen sei und in H. auf der falschen Seite habe aussteigen wollen. Er habe damit rechnen müssen, dass der Kläger auf eine andere Art und Weise versuchen würde, in H. auszusteigen und habe ihn deshalb nicht mehr aus den Augen lassen dürfen, vielmehr an der nächsten Station der Polizei übergeben müssen; vor allem habe der Zugbegleiter den Kläger nicht gefragt, ob dieser in H. aussteigen wollte.
Demgegenüber ist festzustellen, dass der Zugbegleiter, wie dieser bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 14.01.2009 (Sitzungsprotokoll Seite 4) bekundete, den Kläger ansprach, als dieser beim Halt in H. auf der falschen Seite aussteigen wollte, ihm erklärte, dass er auf dieser Seite nicht aussteigen dürfe, jener aber nichts antwortete und wieder in das Abteil zurückging und sich dort hinsetzte.
Dieses aus objektiver Sicht regelgerechte Verhalten des Klägers, der den Anweisungen des Zugbegleiters folgte, keine weiteren erkennbaren Anstalten machte, auf der falschen Seite auszusteigen, sondern direkt wieder ins Abteil zurückging und sich dort hinsetzte, ließ eine besondere Überwachungspflicht des Zugbegleiters nicht entstehen…“