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Was „bringen“ mehr als 11 Jahre rechtswidrige nachträgliche Sicherungsverwahrung?

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Das BGH, Urt. v. 19.09.2013 – III ZR 405/12 nimmt u.a. zum Schadensersatz  bei unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1, 5, Art. 7 Abs. 1 EMRK nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung Stellung., und zwar auf der Gundlage folgenden Sachverhalts: Der Kläger wurde durch Urteil des Landgerichts H. vom 12.02.1981 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt; zugleich ordnete das Gericht anschließende Sicherungsverwahrung an. Diese wurde nach Verbüßung der Strafhaft ab dem 03.06.1988 in der Justizvollzugsanstalt F. vollzogen. Der Kläger wurde nicht – wie es nach § 67d Abs. 1, Abs. 3 StGB in der im Zeitpunkt der Verurteilung des Klägers geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 04.07.1969 (BGBl. I S. 717) – an sich erforderlich gewesen wäre – nach der Höchstfrist von 10 Jahren entlassen, sondern verblieb auf der Grundlage der Neufassung des § 67d Abs. 3 StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.01.1998 (BGBl. I 160) in Sicherungsverwahrung. Aus der ist er erst am 07.12.2009 entlassen worden (wegen der Einzelheiten siehe das BGH-Urteil). Der Kläger hat Entschädigung für die ab 1998 weiter vollzogene Sicherungsverwahrung verlangt und 73.000 € nebst Zinsen bekommen. Das Entschädigungsverfahren hat jetzt beim BGH sein Ende gefunden.

„Das Berufungsgericht ist insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung des Klägers durch das Landgericht F. nicht mit Art. 5 Abs. 1 EMRK vereinbar war.

aa) Eine rechtmäßige Freiheitsentziehung „nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a EMRK) liegt nicht vor. Die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer stellen keine „Verurteilung“ im Sinne der EMRK dar (vgl. EGMR aaO Rn. 87, 96). Zwischen der Verurteilung durch das Landgericht H. vom 12. Februar 1981 und der Fortdauer der Sicherungsverwahrung fehlt es an dem notwendigen (spezifischen) Kausalzusammenhang, da die Verlängerung allein auf der Gesetzesänderung im Jahr 1998 beruht (vgl. EGMR aaO Rn. 88, 100). Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung ist in den so genannten Altfällen, in denen der Betroffene wegen seiner Anlasstat bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung verurteilt wurde, eine Rechtfertigung des Freiheitsentzugs nach dieser Bestimmung als generell ausgeschlossen anzusehen (vgl. BVerfGE 128, 326, 395).

bb) Der Haftgrund des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c EMRK („wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie [= die betreffende Person] an der Begehung einer Straftat … zu hindern“) erlaubt kein präventives Vorgehen gegen einen Einzelnen oder eine Gruppe von Personen, die wegen ihres fortbestehenden Hangs zu Straftaten eine Gefahr darstellen. Er bietet den Vertragsstaaten – zudem nur „zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde“ – lediglich ein Mittel zur Verhütung einer konkreten und spezifischen Straftat und eignet sich deshalb zur Rechtfertigung der Sicherungsverwahrung nicht (vgl. EGMR aaO Rn. 89 und – insoweit in NJW 2010, 2495 nicht abgedruckt – Rn. 102; siehe auch BVerfG aaO S. 396).

cc) Soweit es der EGMR (aaO Rn. 103, insoweit in NJW 2010, 2495 nicht abgedruckt) nicht ausgeschlossen hat, dass in Ausnahmefällen die Sicherungsverwahrung bestimmter Straftäter die Bedingungen einer rechtmäßigen Freiheitsentziehung „bei psychisch Kranken“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. e EMRK) erfüllen kann, liegen die hierfür notwendigen Voraussetzungen (vgl. BVerfG aaO S. 396 ff) nicht vor, wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben. Dies wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

dd) Darüber hinaus handelt es sich auch nicht um eine „rechtmäßige“ Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EMRK. Denn die nachträgliche Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung verstößt gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 EMRK (EGMR aaO Rn. 117 ff, 135, 137). Der Freiheitsentzug ist zudem nicht mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 (auch i.V.m. Art. 20 Abs. 3), 104 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar (BVerfG aaO S. 372 ff und S. 388 ff).“

Und: An der Höhe der Entschädigung hatte der BGH auch nichts auszusetzen. Nun, gut 550 €/Monat sind ja auch wohl nicht zu viel…