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VW-Abgasskandal: Schummeln darf sich nicht auch noch lohnen, oder: Es wird enger für VW

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Nach dem gestrigen Paukenschlag vom BGH im Verfahren VIII 225/17 (vgl. VW-Abgasskandal: BGH hat die “Faxen dicke”, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel) will ich dann mal „die Ecken sauber machen und hier dann auch auf das LG Augsburg, Urt. v. 14.11.2018 – 21 O 4310/16 – hinweisen. Das war ja auch schon Gegenstand der „Berichterstattung“ beim Kollegen Kraft im VerkehrsrechtBlog.

Es geht um einen/den Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB gegen den Hersteller eines Fahrzeugs wegen Einbaus der Manipulationssoftware in Dieselmotoren. Das LG Augsburg hat entschieden, dass VW einen „Schummel- Diesel“ eben wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (!!) auch noch sechs Jahre nach Kauf des Wagens zurücknehmen und – was neu ist – den Kaufpreis nebst Zinsen vollständig ohne Abzug von Nutzungsentschädigung erstatten muss. Begründung kurz und trocken: Ein Abzug „widerspräche dem Gedanken des Schadensersatzes nach sittenwidriger Schädigung“:

„Die Klage ist nur gegenüber der Beklagten zu 2) begründet.

1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten zu 2) einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB. Gegenüber der Beklagten zu 2) liegt keine unzulässige Änderung der Ausübung eines Gestaltungsrechts vor, denn die ursprünglich gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Anträge und die zuletzt gestellten Anträge sind beide auf Schadensersatzansprüche wegen deliktischen Handelns gerichtet. Der Beklagten zu 2) ist auch ein sittenwidriges Verhalten vorzuwerfen. Es ist inzwischen allgemein bekannt und unstreitig, dass die Beklagte zu 2) in Dieselmotoren des Typs EA 189 eine Manipulationssoftware eingebaut hat, die zur Manipulation von Abgasgrenzwerten führte. Dieses Verfahren zielte darauf ab, Umsatzzahlen und im Ergebnis eigenen Gewinn der Beklagten zu 2) durch Täuschung der Kunden zu erzielen. Dieses Vorgehen der Beklagten zu 2) wurde massenhaft angewendet. Dies stellt ein sittenwidriges Verhalten im Sinne von § 826 BGB dar. Gegenüber der Beklagten zu 2) ist der Kläger auch nicht zum Nutzungsersatz verpflichtet (vgl. EuGH in NJW 08, 1433), denn dies widerspräche dem Gedanken des Schadensersatzes nach sittenwidriger Schädigung.

Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Beklagte zu 2) mit der Rücknahme des im Klageantrag genannten Pkw im Annahmeverzug befindet, war zurückzuweisen, denn gegenüber der Beklagten zu 2) hat der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht in einer Annahmeverzug begründenden Weise angeboten. Insoweit geht das Gericht allerdings von einer geringfügigen Zuvielforderung im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegenüber der Beklagten zu 2) aus.

Die geltend gemachten Zinsen sind nach § 291 BGB begründet.“

Tja, allmählich wird es eng(er) für VW.

Autsch – das mangelhafte Tattoo

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Die Entscheidung zum mangelhaften Tattoo ist auch schon in anderen Blogs gelaufen, ob mit Volltext habe ich jetzt allerdings nicht überprüft. Hier ist dann der OLG Hamm, Beschl. v. 05.03.2014 – 12 U 151/13 und hier die PM dazu, aus der der Sachverhalt ein wenig deutlicher wird als aus dem Hinweisbeschluss des OLG Hamm.

Die Klägerin hatte den beklagten Inhaber eines Tattoostudios imit dem Erstellen eines Tattoos beauftragt. Nach einem Entwurf tätowierte der Beklagte daraufhin auf dem rechten Schulterblatt der Klägerin eine farbige Blüte nebst Ranken. Dabei brachte er die Farbe in zu tiefe Hautschichten ein. Die Tätowierung entsprach nicht mehr dem Entwurf, es kam zu Verkantungen, unregelmäßig dick ausgeführten Linien und Farbverläufen. Die Klägerin verlangte deswegen ein Schmerzensgeld und lehnte es ab, die Tätowierung durch den Beklagten nachbessern zu lassen.

Das OLG hat ihr Recht gegeben und ihr ein Schmerzensgeld von 750 € zugebilligt. Und sie muss sich auch nicht auf eine Nachbesserung einlassen (wobei ich mir nicht vorstellen kann, wie das überhaupt gehen soll). Das OLG hat seinem Beschluss folgende Leitsätze voran gestellt:

1. Das Stechen einer Tätowierung stellt tatbestandlich eine Körperverletzung dar. Die rechtfertigende Einwilligung des Auftraggebers bezieht sich auf eine technisch und gestalterisch mangelfreie Herstellung.

2. Da es um Arbeiten geht, deren Duldung für den Auftraggeber mit körperlichen Schmerzen verbunden ist und deren Schlechterfüllung gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, kommt dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers eine besondere Bedeutung zu.

3. Verständliche Bedenken gegen die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers sind deshalb eher als bei anderen Werken geeignet, eine Nachbesserungsverweigerung des Auftraggebers zu rechtfertigen.