Schlagwort-Archive: Lebensgefährdung

Notwehr: Einsatz lebensgefährlicher Mittel

Im Rahmen der Notwehr (§ 32 StGB) ist auch der Einsatz lebensgefährlicher Verteidigungsmittel zulässig, so OLG Koblenz, Beschl. v. 17.01.2011 – 2 Ss 234/10.

Nach dieser Entscheidung des OLG darf sich der Angegriffene grundsätzlich des Abwehrmittels bedienen, welches er zur Hand hat und das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten lässt. Dabei sei auch der Einsatz lebensgefährlicher Mittel erlaubt, wenn weniger gefährliche Mittel nicht zur Verfügung stehen oder deren Verteidigungswirkung zweifelhaft sei. Sei der Angreifer unbewaffnet und ihm die Bewaffnung des Angegriffenen unbekannt, so sei aber nach der Auseinandersetzungslage zu verlangen, dass er den Einsatz der Waffe androhe, ehe er sie lebensgefährlich oder gar gezielt tödlich einsetzt.

Der Griff an den Hals – muss nicht eine lebensgefährdene Behandlung sein

Der Weg von der vorsätzlichen zur gefährlichen Körperverletzung ist manchmal nicht weit, vor allem wenn es um die sog. lebensgefährdende Behandlung geht.

Das war auch in einer landgerichtlichen Entscheidung der Fall. Dort hatte der Angeklagten seinem Opfer im Verlauf einer Rangelei mit einer Hand an die linke Halsseite gefasst und während einer kurzen Zeit mit zwei Fingern dergestalt dagegengedrückt, dass der ausgeübte Druck zwar zwei dicht beieinander liegende Hämatome verursachte, dabei aber zu gering war, um eine Halsschlagader zu verschließen oder eine Unterbrechung der Luftzufuhr zu bewirken.

Das LG hatte gesagt: Gefährliche Körperverletzung im Sinne einer lebensgefährdenden Behandlung. Der BGH sagt: Zwar kann festes Würgen am Hals geeignet sein, eine Lebensgefährdung herbeizuführen; es reicht hierfür jedoch nicht jeder Griff an den Hals aus, der zu würgemalähnlichen Druckmerkmalen oder Hämatomen führt (vgl. BGH, Beschl. v. 28.09.2010 – 4 StR 442/10).

Beim Stöbern gefunden: BGH zum qualifizierten Raub

Wenn man die Homepage des BGH häufig besucht, um nach neuen Entscheidungen Ausschau zu halten, hat man im straf(verfahrens)rechtlichen Teil den Eindruck, dass der BGH dort nur noch BtM-Verfahren und Missbrauchsfälle entscheidet. Delikte aus diesem Bereich stellen m.E. den Löwenanteil an den Entscheidungen/Vorwürfen.

Da ist dann eine Entscheidung zum Raub schon berichtenswert, zumal, wenn sie für BGHSt vorgesehen ist. So der Beschl. des BGH v. 08.04.2010 – 2 StR 17/10, mit dem die Rechtsprechung aus BGHSt 53, 234 fortgesetzt wird. Dort ging es darum, ob schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat noch den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB erfüllen können. Der BGH hat das nur für den Fall bejaht, dass die Misshandlungshandlungen noch weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind, insbesondere der Beutesicherung oder der Erlangung weiterer Beute dienen. Im Beschl. v. 08.04.2010 geht es um die Alternative des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, also um die qualifizierende Wirkung einer konkreten Lebensgefährdung des Raubopfers. Der 2. Strafsenat hat auch hier gesagt – folgerichtig –  die qualifizierende Wirkung nach Vollendung der Tat oder Scheitern ihres Versuchs sei ausgeschlossen, wenn die die Lebensgefahr verursachende Handlung nicht mit der Motivation der Beutesicherung vorgenommen werde; eben im Anschluss an BGHSt 53, 234.

Da bieten sich sicherlich Verteidigungsansätze, die angesichts der hohen Strafdrohung erhebliche Bedeutung haben können.