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Der “Badenweiler Marsch” – kein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation…

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Eine Demonstration in Münster im Jahr 2013 hat jetzt noch das VG Münster beschäftigt und zum VG Münster, Urt. v. 28.11.2014 – 1 K 2698/13 – geführt. Vorstellen möchte ich es hier nur wegen eines Aspekts, nämlich der Frage, ob die Polizeibeamten das Abspielen des “Badenweiler Marsches”, der Lieblingsmarsches von Adolf Hitler, untersagen durften. Es ging um die Demonstration vom 15.08.2013 zu dem Thema “Asylflut und Eurowahn stoppen – NPD in den Bundestag”. Vor Beginn der Versammlung der Klägerin sagte ein Beamter der Polizei ihrem Versammlungsleiter, ein Abspielen des “Badenweiler Marschs” würde nicht hingenommen, sondern als eine Störung der öffentlichen Ordnung unterbunden. Das VG hat diese Anordnung als rechtswidrig angesehen. Ich versuche mal das – wie immer – ein wenig lange VG, Urteil in dem Punkt zusammen zu fassen::

  • Das Verbot des Abspielens des Marsches bedurfte einer gesetzlichen Grundlage. Es beschränkte die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) der Klägerin.
  • Die für eine Auflage im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG erforderliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung lag nicht vor. Eine solche setzt voraus, dass auf Grund einer konkreten Gefahrenprognose mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintritt.
  • Das Abspielen des Badenweiler Marsches in der öffentlichen Versammlung hätte weder die öffentliche Sicherheit noch die öffentliche Ordnung gestört.
  • Ein Abspielen des Badenweiler Marsches hätte den Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) nicht erfüllt. Dieser Marsch stellt kein Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB dar.
  • Dem aus der Zeit des Ersten Weltkriegs stammenden (textlosen) Badenweiler Marsch ist durch die Nationalsozialisten nicht eine hymnische Funktion für die eigene Propaganda gegeben worden. Er ist damit kein NS-Symbol.
  • Das Abspielen des Marsches ist auch kein Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 Abs. 1 und 2 StGB.
  • Schließlich hätte ein Abspielen des Badenweiler Marsches in der öffentlichen Versammlung der Klägerin auch nicht den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 4 StGB) erfüllt. Die Begrenzung des rechtmäßigen Abspielens des Marsches in der NS-Zeit auf Veranstaltungen, an denen Hitler teilnahm, durch die Polizeiverordnung vom 17. Mai 1939 lässt nicht den Schluss zu, dass nunmehr ein öffentliches Abspielen die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. Hierdurch würde der Straftatbestand überdehnt. Vgl. auch VG Bremen, Urteil vom 4. September 2014 – 5 K 1145/13 -, […], Rn. 27.
  • Auch ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung war nicht (mit hoher Wahrscheinlichkeit) zu befürchten.

Rest/Einzelheiten bitte selber lesen.

Werbung mit dem Truppenkennzeichen der 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“

Das OLG Rostock, Urt. v. 09.09.2011 – 1 Ss 31/11 I 47/11 befasst sich mit einem Werbeaufsteller, der zur Werbung für einen „Werwolfshop“ das Truppenkennzeichen der 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ enthielt. Der Geschäftsführer des Shops ist deshalb wegen Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation gem. § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB verurteilt worden.

Das OLG Rostock hat die dagegen gerichtete Revision verworfen. Begründung: Die zweite SS-Panzer-Division „Das Reich“ falle als Teil- bzw. Unterorganisation der SS unter die Vorschrift im StGB über das Verwenden von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, sodass sich das Verwenden ihres Kennzeichens als strafbar erweise. Entscheidend sei, dass die 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ der SS bzw. Waffen-SS als ehemaliger nationalsozialistischen Organisation zuzurechnen sei und das von ihr benutzte grafische Erkennungsmerkmal diese Zugehörigkeit auch nach außen dokumentiere. Es sei daher geeignet, in- und ausländischen Beobachtern den Eindruck zu vermitteln, in der Bundesrepublik würde die Wiederbelebung entsprechender Organisationen angestrebt. Dies soll nach dem Schutzzweck der Norm jedoch gerade vermieden werden.

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole – ja, nein oder vielleicht doch?

Der BGH hat gestern das Urteil des LG Gera, das einen Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB) zu einer Geldstrafe von 4.200 Euro veruteilt hatte aufgehoben.

Das LG Gera hatt den fremdsprachigen Gebrauch einer NS-Parole als auch unter § 86a StGB fallend angesehen. Der Senat hat – anders als das Landgericht – entschieden, dass der fremdsprachige Gebrauch einer NS-Parole nicht dem Straftatbestand des § 86 a StGB unterfällt. Diese Vorschrift stelle nicht jedes Bekenntnis zu einer NS-Organisation – was fraglos vorliege – unter Strafe, sondern nur die Verwendung von Kennzeichen dieser Organisationen, etwa ihrer Parolen, Abzeichen, Fahnen etc.. Gleichermaßen strafbar ist auch der Gebrauch von Symbolen, die den Originalen zum Verwechseln ähnlich sind. Eine Verwechslungsgefahr liege jedoch nur dann vor, wenn die Nachahmung und das Original in wesentlichen Vergleichspunkten übereinstimmen, was bei leichten Abwandlungen des Originalsinnbilds regelmäßig der Fall ist. Durch die Übersetzung in eine andere Sprache erfahre eine NS-Parole, die nicht nur durch ihren Sinngehalt sondern ebenso durch die deutsche Sprache ihre charakteristische Prägung erfahren hat, jedoch eine grundlegende Verfremdung, die der Tatbestand des § 86 a StGB nicht erfasst.

Nach Auffassung des BGH kann der Angeklagte kann sich jedoch gleichwohl wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht haben, wenn er nämlich den Namen der in Deutschland verbotenen Vereinigung „Blood & Honour“ symbolhaft verwendet hat.  Diese Frage muss jetzt in der neuen Hauptverhandlung geklärt werden.

BGH, Urt. v. 13.08.2009 – 3 StR 228/09

Verwenden des Leitspruchs „Blood & Honour“ strafbar?

Morgen (13.08.2009) wird der 3. Strafsenat des BGH im Verfahren 3 StR 228/09 anhand des Beispiels der in Deutschland verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung „Blood & Honour“ über die Frage zu entscheiden haben, ob der Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation (§ 86 a StGB) auch dann erfüllt ist, wenn eine NS-Parole (hier der Leitspruch „Blut und Ehre“ der Hitlerjugend) in wortgetreuer Übersetzung in eine andere Sprache Verwendung findet. Ferner muss sich der BGH in seiner Entscheidung mit der Frage zu befassen, ob und ggfs. unter welchen Umständen dem Namen einer verbotenen Vereinigung die Eigenschaft eines Kennzeichens im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB zukommt.

 

Seitenwechsel: Schuldspruch gegen Horst Mahler wegen Verwendens Zeichen verfassungswidriger Organisationen

Das OLG Brandenburg hat einen Schuldspruch wegen des Verwendens Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen Horst Mahler bestätigt. Der Angeklagte Horst Mahler zeigte am 15.11.2006 gegen 16.30 Uhr vor der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen den „Deutschen“ Gruß. Dabei rief er entweder „Sieg heil“ oder „Heil Hitler“. In erster Instanz erließ das AG Cottbus gegen den Angeklagten zunächst einen Strafbefehl wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und setzte darin eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen fest. Auf den Einspruch des Angeklagten verurteilte ihn das AG am 23.11.2007 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Dagegen haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Cottbus Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 22.07.2008 verwarf das LG Cottbus die Berufung des Angeklagten als unbegründet und verurteilte ihn auf die Berufung der Staatsanwaltschaft zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten hat das OLG Brandenburg hinsichtlich des Schuldspruches mit Beschluss als offensichtlich unbegründet verworfen. Damit steht rechtskräftig fest, dass die dem Angeklagten vorgeworfene Handlung den Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllt. Hinsichtlich der verhängten Strafe hat der Senat die Strafsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Cottbus zurückverwiesen, da die Strafzumessungserwägungen der Kammer nicht frei von Rechtsfehlern waren.

Beschluss des OLG Brandenburg vom 17.03.2009