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Werbung II: Werbung mit einem Fachanwaltstitel, oder: Wo „IT-Recht“ drauf steht, muss „IT-Recht“ drin sein

Werbung, Marketing

Die zweite „Werbeentscheidung“, das LG Düsseldorf, Urt. v. 01.02.2023 – 12 O 350/22, behandelt die Werbung eines „IT-Rechts“-Kollegen. Gegen den hatte ein anderer Rechtsanwalt, der Inhaber des Fachanwaltstitels für Informationstechnologierecht war/ist, unter dem Gesichtspunkt der Irreführung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht. Das LG Düsseldorf hat die einstweilige Verfügung erlassen und dann auf den Widerspruch des Antragsgegners bestätigt.

Zum Sachverhalt: Der in Anspruch genommene Kollege ist europäischer Rechtsanwalt, der nach § 2 EuRAG in die für den Ort seiner Niederlassung zuständigen RAK aufgenommen wurde und berechtigt ist, in Deutschland unter der Berufsbezeichnung seines Herkunftsstaates die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes auszuüben. Auf seiner Internetseite heißt es unter der Rubrik „Internetrecht/IT-Recht/Online-Recht:“ u.a.: „Beratungsfelder unserer Rechts- und Fachanwälte IT-Recht“.

Der Antragsteller hat den Antragsgegner mit E-Mail vom 21.10.2022 aufgefordert, ihm gegenüber den Nachweis über die Existenz von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in seiner Kanzlei, die Inhaber eines entsprechenden Fachanwaltstitels für IT-Recht sind, zu führen. Der Antragsgegner reagierte nicht. Mit Schreiben vom 09.11.2022 mahnte der Antragsteller den Antragsgegner wegen der vorgenannten getätigten Werbeaussage dann anwaltlich ab.

Das LG hat dann mit Beschluss vom 28.11.2022 dem Antragsgegner untersagt: „im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf der Internetseite S mit der folgenden Behauptung zu werben: „Beratungsfelder unserer (…) Fachanwälte IT-Recht“, sofern in der Kanzlei des Antragsgegners nicht tatsächlich Fachanwälte und/oder Fachanwältinnen für IT-Recht mit dem entsprechenden Fachanwaltstitel beschäftigt sind, wenn dies wie in Anlage AS 3 wiedergegeben geschieht.“

Das hat es dann im Urteil bestätigt:

„Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.11.2022 ist zu bestätigen. Auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ergibt sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG.

Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis auch in räumlicher Hinsicht. Beide Parteien sind Anwälte, die sich schon deshalb in räumlicher Hinsicht im Wettbewerb begegnen, weil der Antragsteller unstreitig überregional tätig ist. Insoweit kann offen bleiben, inwieweit dies hinsichtlich des Antragsgegners auch zutrifft. Die angegriffene Aussage auf der Internetseite des Antragsgegners täuscht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG über die tatsächlichen Verhältnisse in der Kanzlei des Antragsgegners. Aus der angegriffenen Aussage „Beratungsfelder unserer (…) Fachanwälte IT-Recht“ ergibt sich unzweifelhaft, dass in der auf der Internetseite beworbenen Kanzlei des Antragsgegners mehrere Fachanwälte für IT-Recht tätig sind. Unstreitig ist in der Kanzlei jedenfalls derzeitig kein Fachanwalt für IT-Recht tätig. Auch soweit der Antragsgegner über externe Berater verfügt, ist die Werbung mit der Aussage „Beratungsfelder unserer Fachanwälte“ irreführend.“

Tja: Wo „IT-Recht“ drauf steht, muss natürlich auch „IT-Recht“ drin sein. Gilt dann aber nicht nur für „IT-Recht“.

Sechs Nächte sind sieben Tage, oder?

© Horst Schmidt – Fotolia.com

Dieses Posting passt ganz gut zu meiner „Reise“ :-).

M.E. an sich klar: Sechs Nächte sind sieben Tage, oder? Zumindest bei einer Reise, weil da An- und Abreisetag meist mitgerechnet werden und man eben nicht sieben Tage lang 24 Stunden am Reiseort ist. Das hatte aber die Antragstellerin in einem wettbewerbsrechtlichen Streit, der jetzt durch den OLG Köln, Beschl. 22.01.2013 – v. 6 W 17/13 sein Ende gefunden hat, anders gesehen. Sie hatte argumentiert, dass bei dem Angebot einer siebentägigen Reise diese tatsächlich sieben Tage (entsprechend 7 x 24 Stunden) dauern müsse und wenn nicht, sei das irreführende Werbung.

Anders das OLG Köln in seinem Beschluss:

„Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher bei dem Angebot einer siebentägigen Reise nicht erwartet, dass diese tatsächlich sieben Tage (entsprechend 7 x 24 Stunden) dauert. Vielmehr ist es bei Reisen üblich, dass sowohl der Anreise- als auch der Abreisetag als Reisetage mitgezählt werden, so dass von einer siebentägigen Reise bereits dann gesprochen werden kann, wenn diese sechs Übernachtungen umfasst. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Reiseangebot – wie bei dem der Antragsgegnerin – optional auch An- und Abreise umfasst. Die Überlegungen der Antragstellerin zu einer möglichen Anreise per Flugzeug, wie sie die Antragsgegnerin bei der angebotenen Reise als weitere Option neben der Anreise mit der Bahn anbietet, führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch in diesem Fall wird die Anreise – mit Reise zum Startflughafen, Check-In, reiner Flugzeit, Transfer vom Zielflughafen zum Schiff – einen erheblichen Teil des Anreisetages in Anspruch nehmen; für die Abreise gilt nichts anderes.

Durch diesen Umstand unterscheidet sich die hier zu beurteilende Werbung auch von der, der der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 5. 8. 1986 – 4 U 176/86NJW-RR 1987, 423; ähnlich LG Köln, Urteil vom 28. 6. 1988 – 31 O 117/88GRUR 1989, 130) zugrundelag. Diese Entscheidungen betrafen Busreisen, bei denen – jedenfalls regelmäßig – eine zeitaufwendige Anreise zum Start- und Endpunkt der Reise nicht erforderlich war. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung, ob sich, wie die Antragsgegnerin vorprozessual vortragen ließ, die Verkehrsauffassung seit Erlass dieser Entscheidungen geändert hat.“

Schön, dass das OLG das auch so sieht. Dann bin ich also ein „durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher