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Das zulässige Verbot der Internetnutzung als Bewährungsauflage….

© Maksim Kabakou Fotolia.com

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Auch mit Strafvollstreckung zu tun hat der OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.2015 – 1 Ws 507 u. 508/15. Der Verurteilte ist wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu mehreren Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt worden. Die StVK hat die Vollstreckung der Strafreste in beiden Sachen nach Verbüßung von Zwei-Dritteln der erkannten Strafen zur Bewährung ausgesetzt. In dem Beschluss hat es dem Verurteilten (u.a.) folgende Weisung erteilt: „5. Dem Verurteilten wird darüber hinaus untersagt, einen Internetanschluss zu betreiben oder in sonstiger Weise vorzuhalten und zu nutzen.“ Die Weisung hat der Verurteilte angegriffen. Er hat dazu angeführt, dass er für eine angestrebte Umschulung bei der E Akademie das Internet benötige. Ferner sei eine Arbeitsplatzsuche ohne Internet kaum möglich und die Kommunikation mit Ämtern und die Wohnungssuche sei wesentlich erschwert. Die Umschulungsmaßnahme erfordert eine Internetnutzung „vor Ort“, während Hausaufgaben nicht aufgegeben werden. Die Bewährungshelferin des Verurteilten hat sich  dafür ausgesprochen, dem Verurteilten eine Internetnutzung in den Räumlichkeiten der E Akademie zu gestatten. Diese Gestattung hat die StVK dann ausgesprochen.

Inzwischen hat er erneut die Aufhebung der Weisung beantragt. Den Antrag hat die StVK zurückgewiesen. Das OLG hat das bestätigt:

„….Die Weisung selbst ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Sie untersagt den Betrieb jeglichen Internetanschlusses durch den Verurteilten selbst, bzw. das sonstige Vorhalten und die Nutzung eines jeglichen Internetanschlusses durch den Verurteilten. Durch das Schreiben der Strafvollstreckungskammer wurde hiervon die Nutzung eines Internetanschlusses (also nicht der eigene Betrieb oder das sonstige Vorhalten) zum Zwecke der Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme ausgenommen.

Einer Zustimmung des Verurteilten zu der vorliegenden Weisung bedurfte es nicht (vgl. § 56c Abs. 3 StGB).

Die Weisung stellt keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten (§ 56c Abs. 1 S. 2 StGB). Sie verstößt nicht gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, auf das sich der Verurteilte mit seinen Hinweisen auf die Gepflogenheiten der heutigen Kommunikation, insbesondere bzgl. der Erschwernisse bei dem Inhalt von Informationen im Rahmen der Arbeits- und Wohnungssuche, offenbar berufen will. Zwar ist der Schutzbereich der Informationsfreiheit betroffen, da die Informationsfreiheit der Internetnutzer die Beschaffung und Entgegennahme von Informationen aus dem Internet als einer allgemein zugänglichen Quelle erfasst (BVerfG NJW 2012, 3423; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.2014 – 27 K 7499/13 – [juris]). Das Internet ist technisch geeignet und dazu bestimmt, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen (vgl. zu dieser allgemeinen Voraussetzung: BVerfG, Beschl. v. 25.04.1972 – 1 BvL 13/67 – [juris] = BVerfGE 33, 52).

Das Grundrecht ist aber nicht vorbehaltslos gewährleistet. Eine Weisung nach § 56c Abs. 1 StGB unterfällt dem Gesetzesvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 1. Alt. GG; danach finden die Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG „ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze“. § 56c Abs. 1 StGB ist ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 1. Alt. GG. Ein allgemeines Gesetz liegt vor, wenn es sich nicht gegen eine bestimmte Meinung richtet (BVerfG, Beschl. v. 25.04.1972 – 1 BvL 13/67 – [juris] = BVerfGE 33, 52). Die gesetzliche Grundlage für die Erteilung von Weisungen im Rahmen der Bewährung richtet sich nicht gegen die Abgabe oder den Erhalt bestimmter Meinungen, ist also „allgemein“ (vgl. auch: OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.09.2010 – 3 Ws 839/10 – [juris]). ….“