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Blasen allein reicht – nun doch nicht?, oder: Du heilige Scheinheiligkeit…

Man fasst es nicht. Da sind heute die Gazetten voll von dem Plan des (noch) Innenministers in NRW, dass NRW die Blutprobe abschaffen will (wenn man bei Google „NRW Blutprobe abschaffen“ eingibt, gibt es 21.000 Treffer), da wird hier gebloggt (vgl. hier und hier), da wird in WDR3 lang und breit berichtet und auch im Heute-Journal im ZDF und dann erklärt der Verursacher IM Wolf  bzw. sein Haus

Auch für das NRW-Innenministerium ist unstrittig, dass im Falle einer Weigerung die Blutprobe nach wie vor angewendet werden muss: „Der Vorteil unseres Vorschlags zielt darauf ab, dem Autofahrer das Ergebnis unmittelbar vor Augen zu führen, ohne dass weitere Kosten auf ihn zukommen“, relativierte Sprecher Wolfgang Beus. Aber es bleibe dabei, dass diese Methode sei im Sinne des Gesetzes in jedem Fall das mildere Mittel sei. Auf der Innenministerkonferenz in Hamburg wollte Wolf seinen Vorstoß einbringen.

(vgl. dazu dann auch hier und hier). Blasen allein reicht – nun doch nicht, aber wir schützen die Kasse des Beschuldigten?

Mit Recht meint der Kollege Melchior dazu „Pustekuchen„. Ich meine, man kann noch einen Schritt weitergehen und sagen: Das ist an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten. Jetzt ist es also eine Maßnahme, die dem Verkehrsteilnehmer „das Ergebnis unmittelbar vor Augen führen soll, ohne dass weitere Kosten auf ihn zukommen“.

Also eine Maßnahme zum Schutz des Beschuldigten/Verdächtigen? Quatsch. Man soll doch ehrlich sein und sagen, worum es geht: Man will den Richtervorbehalt in § 81a Abs. 2 StPO nach Möglichkeit umgehen/abschaffen, traut sich aber offenbar wohl nicht so richtig. Da versucht man es dann auf diese Weise und gibt vor, die Kasse des Beschuldigten schützen zu wollen. Aber in Wirklichkeit will man nur die eigene schützen, weil man richterlicher Eildienste zur Nachtzeit nicht einrichten will, und zwar ganz klar aus Kostengründen. Darauf ist im WDR3-Beitrag deutlich hingewiesen worden und das steht vermutlich auch im Hintergrund. Also: Seid doch ehrlich, wenn Euch die StPO nicht passt und ändert da. Das wird aber so einfach nicht gehen

NRW will die Blutprobe für Alkoholsünder abschaffen – Initiative auf der heutigen IMK

Heute morgen sind die Zeitungen – vor allem in NRW, z.B. hier – voll von der Meldung des gestrigen Tages: NRW will die Blutprobe für Alkoholsünder abschaffen. In den Meldungen heißt es weitgehend wortgleich:

Nach dem Willen von Innenminister Ingo Wolf (FDP) sollen Autofahrer künftig auch bei mehr als 1,1 Promille Blutalkohol nur noch „pusten“ müssen, berichtet die in Hagen erscheinende WESTFALENPOST (Donnerstagsausgabe) `Die Messung des Alkoholgehaltes durch die Analyse des Atems ist auch bei höheren Promillewerten so präzise wie bei einer Blutuntersuchung“, sagte Wolf der WESTFALENPOST. Auf der heutigen Innenministerkonferenz in Hamburg will Wolf eine NRW-Initiative einbringen. Derzeit muss der Alkoholsünder bei Werten über 1,1 Promille auf die Polizeiwache. Dort wird nach richterlicher Anordnung ein Arzt hinzugezogen, der Blut entnimmt. Das Ergebnis der Blutuntersuchung liegt erst nach einigen Tagen vor. Bei Werten unter 1,1 Promille ist die Atemalkohol-Analyse ohne richterliche Anordnung schon heute beweissicher möglich. `Ein Blutprobe ist immer ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der sich heute vermeiden lässt“, sagte Wolf. Angesichts moderner präziser Messverfahren sei die Atemanalyse in Alkoholverdachtsfällen als das `mildere Mittel zu wählen“, betonte Wolf. Damit erübrige sich auch das Erfordernis einer richterlichen Anordnung.“

Das ist also dann der nächste Versuch – zu früheren vgl. u.a. hier -,  die Gesetzeslage an die Praxis anzupassen. Was mich erstaunt ist das Wort „müssen“ in der o.a. Meldung. Denn bislang „musste“ niemand pusten, auch bei geringeren Werten nicht, sondern war/ist das „Pusten“ freiwillig, allerdings mit der Folge der Blutentnahme. Soll sich das jetzt ändern? Ich habe versucht, Näheres über die Initiative im Netz zu finden. Leider klappte das nicht. So muss man warten, was aus Hamburg kommt. Oder sonst woher.