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Auch Hitlergruß zur bloßen Provokation ist strafbar

Auch wer mit einem Hitlergruß in der Öffentlichkeit nur Aufmerksamkeit erregen und provozieren will und dabei keine politischen Absichten verfolgt, macht sich nach § 86a StGB strafbar. Das entschied das OLG Oldenburg mit seinem Urt. v. 26.07.2010 – 1 Ss 103/10.

Das LG Aurich hatte demgegenüber den Angeklagten frei gesprochen. Begründung: Das Verhalten des – deutlich alkoholisierten und dissozialen – Angeklagten, sei für jeden Unbefangenen in- und ausländischen Beobachter ganz offensichtlich als politisch irrelevant zu erkennen gewesen und der Angeklagte habe nur die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich lenken wollen, so dass das Störverhalten nicht mit dem Schutzzweck des § 86a StGB in Verbindung zu bringen sei.

Der 1. Strafsenat des OLG entschied nun auf die Revision der Staatsanwaltschaft anders. Das Verhalten des Angeklagten sei eine nach § 86a StGB strafbare Handlung. Der Gesetzgeber habe mit dieser Strafnorm jedes Gebrauchmachen von NS-Kennzeichen unter Strafe gestellt, um solche Kennzeichen aus dem öffentlichen Erscheinungsbild ein für allemal zu verbannen. Auf die mit einem öffentlichen „Hitlergruß“ verbundenen Absichten komme es deshalb grundsätzlich nicht an.

Im Ergebnis konnte der Angeklagte noch nicht endgültig verurteilt werden, weil das LG keine Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten getroffen hatte und die Strafzumessung nicht vom Revisionsgericht vorgenommen werden kann. Das Verfahren wurde daher vom Strafsenat zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Kein Ermittlungsverfahren wegen/gegen Gartenzwerg mit Hitlergruß

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat am 21.07.2009 entschieden, wegen der Ausstellung eines Gartenzwerges, der den Hitlergruß zeigt, kein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen einzuleiten.

Aufgrund der Berichterstattung Nürnberger Zeitungen vom 15.07.2009 wurden durch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Vorermittlungen veranlasst. Nach den Zeitungsartikeln befand sich im Schaufenster einer Galerie in der Nürnberger Innenstadt ein goldfarbener, ca. 40 cm hoher Gartenzwerg, welcher den gestreckten rechten Arm zum sogenannten Hitlergruß hebt. Die veranlassten Abklärungen durch das Fachkommissariat der Kripo haben den Inhalt der Zeitungsartikel bestätigt. Der Zwerg wurde allerdings zwischenzeitlich aus dem Schaufenster genommen. Der Verantwortliche der Galerie wurde informatorisch befragt. An den Künstler, von dem der Zwerg stammt, wurde nicht herangetreten. Dieser hat sich öffentlich in der Zeitung dahingehend geäußert, der Zwerg sei Teil einer Kunstaktion gegen Rechts in Belgien gewesen. Er wies weiter darauf hin, „Es sollte doch klar sein, dass Gartenzwerge dämlich sind und dämliche Dinge tun. 1942 wäre ich dafür von den Nazis erschossen worden.“

Aufgrund dieser Erkenntnisse ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht veranlasst. Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB ist weder beim Künstler noch beim Galerieverantwortlichen in einer der dort genannten Tathandlungen belegt. Zwar stellt der Hitlergruß ein Kennzeichen der ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) dar. Jedoch wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation dann nicht erfasst, wenn dies in einer Darstellung geschieht, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt. Dies läuft dem Schutzzweck von § 86a StGB laut BGH ersichtlich nicht zuwider. Auch erstreckt sich der Tatbestandsausschluss grundsätzlich auf jeglichen Gebrauch der Kennzeichen, sei es Herstellung, Vorrätighalten, Verbreiten und sonstiges Verwenden. Dem Tatbestandsausschluss steht auch der Umstand nicht entgegen, dass auch oder sogar vorrangig kommerzielle Ziele verfolgt werden. Eine Verletzung von § 86a StGB kommt lediglich dann in Frage, wenn der Aussagegehalt der Darstellung mehrdeutig oder die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar ist. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung kommt bei dem Künstler, der sein Werk als Kunst verkauft und damit den Nationalsozialismus der Lächerlichkeit preisgeben wollte, eine Strafbarkeit nicht in Betracht. Bei der Gesamtschau wird die Gegnerschaft zur Ideologie hinreichend deutlich. Dem entsprechend ist die Entscheidung hinsichtlich des beteiligten Galeristen. Dieser ging davon aus, ein Kunstwerk gegen Rechts zu vertreiben. Von rechtem Gedankengut hat er sich bei seiner Befragung distanziert.

Diese Entscheidung über die Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens bezieht sich ausdrücklich nur auf die konkrete Prüfung hinsichtlich des Künstlers sowie des Galeristen. Hinsichtlich der Verwendung der Gartenzwerge sieht die Staatsanwaltschaft im Übrigen ein gewisses Missbrauchspotential. Die zukünftige öffentliche Verwendung derartiger Zwerge wird in jedem Einzelfall hinsichtlich einer möglichen Strafbarkeit nach § 86a StGB zu prüfen sein.