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Geschwindigkeitsbeschränkung an einer Schule – wann gilt sie?

© Joerg Krumm - Fotolia.com

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Wir finden seit einiger Zeit vermehrt Entscheidungen, die sich mit der Gültigkeit/Geltung von „Zusatzschildern“, wie z.B. „Mo. – Sa. 7 – 18 h“ an Feiertagen, die auf einen „Wochentag“ fallen, befassen. So u.a der der OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.05.2013 – (2 Z) 53 Ss-OWi 103/13 (50/13), vgl. dazu: Beschränkte Beschränkung oder, das VG Düsseldorf, Urt. v. 11.03.2014 – 14 K 7129/13, vgl. dazu: Auch ein “Feiertag” ist ein “Wochentag” – und ein “Spezialparkverbot” gilt). Nun gibt es noch eine AG Entscheidung, die sich mit den Fragen auseinandersetzt und sie anders löst als das OLG Brandenburg, allerdings auf einem etwas anderen Sachverhalt. Beim OLG-Brandenburg war nämlich noch das Zusatzschild „Kinder“ angebracht, beim AG Wuppertal war es das Zusatzschild „Schule“. Daraus leitet das AG ab, dass die in seinem Fall angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung nicht an einem Feiertag gilt. Das AG Wuppertal, Urt. v. 28.01.2014 – 12 OWi-723 Js 1323/13-224/13 – begründet das wie folgt:

Maßgeblich war hier, dass an der konkreten Örtlichkeit keine uneingeschränkte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet wird, sondern diese steht in Kombination mit den verwendeten Zusatzschildern. Zwar spricht der Zusatz „Mo. – Sa., 7 – 18 h“ zunächst dafür, dass eine Beschränkung allein auf Werktage erfolgen sollte, und damit die Geschwindigkeitsbeschränkung auch dann gelten sollte, wenn ein gesetzlicher Feiertag auf einen Tag von Montag bis Samstag fällt. Doch stehen die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung sowie auch das Zusatzschild „Mo. – Sa. 7 – 18 h“ in unmittelbarem Kontext mit dem weiteren Zusatzschild „Schule“. Die Geschwindigkeitsbeschränkungs-anordnung sowie das Zusatzschild „Mo. – Sa. 7 – 18 h“ kann aufgrund der Beschilderung nicht isoliert von dem weiteren Zusatzschild „Schule“ betrachtet werden, sondern die Beschilderung ist in ihrer Gesamtschau zu würdigen. Legt man hier die entsprechende Gesamtschau an, so ist offenkundig, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung an der Örtlichkeit von montags bis samstags den Zweck haben soll, den ungehinderten Schulbesuch zu ermöglichen und die – vornehmlich – Kinder besonders schützen soll. Hier besteht eine so enge, für jeden Verkehrsteilnehmer deutlich erkennbare Verknüpfung zwischen der Geschwindigkeitsbeschränkungsanordnung und dem Zusatzzeichen „Schule“, dass ersichtlich wird, dass die Anordnung an dieser Örtlichkeit hinfällig wäre, wenn sie nicht gerade dem ungehinderten Zu- und Abgang von der Schule dienen sollte. Da an Sonntagen keine Schule stattfindet, sind daher auch konsequent die Sonntage von der Geschwindigkeitsbeschränkung ausgenommen.

Gleiches muss dann aber auch für gesetzliche Feiertage gelten, wenn diese auf einen der Werktage fallen. Denn an diesen findet ebenfalls kein Schulbesuch statt, so dass es des besonderen Schutzes, der mit der örtlichen Schilderkombination offenkundig hergestellt werden soll, nicht bedarf. An gesetzlichen Feiertagen wie Christi Himmelfahrt sind die Schulen vollständig geschlossen und finden noch nicht einmal Projekttage oder Ähnliches statt.

Insoweit ist der Fall daher vorliegend auch anders gelagert als bei der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 28.05.2013 (Az.: [2 Z] 53 Ss-OWi 103/13 [50/13]). Denn in dem Fall, den das Oberlandesgericht zu bewerten hatte, war neben der durch Zeichen 274 angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung und dem Zusatzzeichen „Mo. – Fr. 6 – 18 h“ ein weiteres Zusatzzeichen „Kinder“ angebracht. Liegt eine solche Konstellation vor, so ist – anders als hier – nicht offenkundig erkennbar, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung einem ungehinderten Besuch einer Einrichtung dienen soll, die nur zu bestimmten Zeiten bzw. nur an bestimmten Tagen geöffnet hat; vielmehr ist auch an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen mit spielenden Kindern zu rechnen, so dass der Schutzzweck der Geschwindigkeitsregelung nicht gleichermaßen offenkundig und abgrenzbar ist wie im hier vorliegenden Fall.“

Kann man so sehen. Ich vermute mal, das OLG Brandenburg hätte es anders gesehen.

Auch ein „Feiertag“ ist ein „Wochentag“ – und ein „Spezialparkverbot“ gilt

© Joerg Krumm - Fotolia.com

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Wir alle kennen Zusatzschilder zu Verkehrsschildern, in denen das in einem Verkehrsschild enthaltene Gebot oder Verbot eingeschränkt oder erweitert wird. Um ein solche Zusatzschild handelt es sich u.a. bei dem Zusatzzeichen mit Rollstuhlfahrersinnbild, das häufig dem Zeichen 314 (Parken) zugefügt ist. Ist dann dieses Zusatzzeichen noch durch ein weiteres Zeichen beschränkt/ergänzt, in dem das Parkverbot für bestimmte Wochentage ausgewiesen ist, dann stellt sich die Frage: Was ist, wenn dieser Wochentag auf einen gesetzlichen Feiertag fällt, wie z.B. heute in NRW den Feiertag Fronleichnam? Gilt dann das Zusatzzeichen oder gilt es nicht? Die Frage hatte sich auch ein Verkehrsteilnehmer gestellt, der auf einem solchen Parkplatz parken wollte. „Tatzeit“ war ein 01.05, also ein Feiertag, der auf einen Mittwoch fiel und für Mittwochs gab es ein Zusatzzeichen mit der Aufschrift „Mo – Do 7 – 19 h, Fr 7 – 13 h“. Der Verkehrsteilnehmer hat sich für das Parken entschieden, ist dann abgeschleppt worden und nun ging es beim VG Düsseldorf um die Abschleppkosten. Das VG hat im VG Düsseldorf, Urt. v. 11.03.2014 – 14 K 7129/13 – der Kommune Recht geben und der Verkehrsteilnehmer muss zahlen:

„Entgegen der Auffassung des Klägers galt das Parkverbot für Fahrzeugführer ohne Schwerbehindertenparkerlaubnis aufgrund des unter dem Zeichen 314 (Parken) nebst Zusatzzeichen mit Rollstuhlfahrersinnbild angebrachten weiteren Zusatzzeichens mit der Aufschrift „Mo – Do 7 – 19 h, Fr 7 – 13 h“ auch zu dem Zeitpunkt, als er sein Fahrzeug im betreffenden Bereich geparkt hat und war daher zu beachten.

Insbesondere gilt das Parkverbot an den auf dem Zusatzzeichen ausdrücklich benannten Wochentagen auch dann, wenn diese – wie hier am 01.05.2013 – auf einen gesetzlichen Feiertag fallen. Maßgeblich ist allein, dass das Zusatzzeichen die Geltung des Parkverbotes ohne Ausnahme auf alle Montage bis Freitage der Woche erstreckt, wozu auch der auf den Mittwoch fallende 01.05.2013 gehört. Denn ein Zusatzzeichen, welches – wie vorliegend – einzelne Wochentage ausdrücklich namentlich benennt, gilt generell und unabhängig davon, ob einer dieser Wochentage im Einzelfall auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Insoweit ist von einer umfassenden Geltung des Normbefehls auszugehen. Vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.05.2013 – (2 Z) 53 Ss-OWi 103/13 (50/13) -, Rn. 6 ff., […].

Der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach es vom Schutzzweck des Zusatzzeichens mit namentlich benannten Wochentagen abhängen soll, ob sich dieses im Einzelfall auch auf gesetzliche Feiertage bezieht, vgl. Janker, NZV 2004, 120; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, § 39 StVO, Rn. 31a, kann nicht gefolgt werden. …..“

Den OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.05.2013 – (2 Z) 53 Ss-OWi 103/13 (50/13) habe ich hier übrigens auch vorgestellt (vgl. Beschränkte Beschränkung).

Das verdrehte Verkehrsschild – dadurch verwirrt? – bringt nichts

Wir kennen ja alle den „verdrehten Kopf“, aber ein verdrehtes Verkehrsschild? Damit musste sich jetzt das VG Münster befassen, und zwar mit einem verdrehten Halteverbotsschild. Das hatte ein Kraftfahrzeugführer, weil nicht bzw. kaum  sichtbar, nicht beachtet. Folge: Er wurde abgeschleppt und sollte dann 89 € zahlen. Das hat er verweigert.

Das VG Münster hat – wie in der Presse an verschiedenen Stellen heute gemeldet wird (vgl. u.a. die WN) der Stadt Recht gegeben bzw. geben wollen. Der Kraftfahrzeugführer hat seine Klage zurückgenommen. In der PM der WN heißt es dazu.

„Halteverbotsschild verdreht: Autofahrer muss trotzdem zahlen

Münster – Ein verdrehtes Halteverbotsschild verliert nicht automatisch seine Gültigkeit. Das hat das Verwaltungsgericht Münster am Freitag klargestellt. Ein Autofahrer hatte die Stadt Münster verklagt, weil sein Wagen 2009 abgeschleppt worden war. Die Kosten von 89 Euro wollte er nicht bezahlen. Begründung: Das Schild sei um 90 Grad gedreht und deshalb kaum noch sichtbar gewesen. Dieser Argumentation folgten die Richter jedoch nicht. Der Aufohahrer könne bei dieser Schildersituation nicht eigenmächtig darauf schließen, dass das Halteverbot aufgehoben war. Der Mann zog darauf seine Klage wegen Aussichtslosigkeit zurück. (AZ 1K 802/09).“

„Schlamassel wie in Schilda – Ein Paragraf fehlt – und Tausende Verkehrszeichen sind ungültig“

titulieren die „Westfälischen Nachrichten vom heutigen Tag zum Durcheinander um die neuen Verkehrsschilder, die seit dem 01.09.2009 gelten, nachdem die StVO durch die 46. ÄnderungsVO (BGBl I. S. 2631) geändert worden ist.

Es geht inzwischen um die Gültigkeit der „alten Verkehrsschilder“, siehe dazu die Bilder hier. Und um die Verwirrung dann endgültig zu machen, erzählt der Bundesverkehrsminister in einer PM vom heutigen Tage dann auch noch etwas zum „verfassungsrechtlich verankerten Zitiergebot“. Was das mit der Problematik zu tun hat, weiß wohl nur Herr Ramsauer, m.E. hat es damit gar nichts zu tun; so übrigens auch der Kollege Ferner; vgl. aber zum Zitiergebot auch hier.  Es geht m.E. nur um die Streichung des alten § 53 Abs. 9 StVO a.F., wonach die alten Verkehrszeichen, die den bis 1992 gültigen Vorgaben entsprochen haben, weiterhin ihre Gültigkeit behalten (sollten). Die Regelung ist entfallen, damit sind die alten Verkehrszeichen nicht mehr gültig und man muss jetzt wieder nachbessern (peinlich, peinlich). Am besten macht man es ganz neu :-).

Gerade herzerfrischend finde ich es, wenn Ramsauer ausführt – ich zitiere aus dem Lawblog

„Ganz so überzeugt scheint Peter Ramsauer von seiner Rechtsauffassung aber ohnehin nicht zu sein. Immerhin zitiert ihn Spiegel online mit einem bemerkenswerten Wunsch: Ramsauer … appellierte an Autofahrer, nicht gegen Bußgeldbescheide vorzugehen, die aufgrund der Missachtung eines Verkehrsschilds alter Art ausgestellt worden seien.“ 

Warum denn das? Schon der „alte Harry Westermann“ hat gesagt: Das Recht ist für die Hellen. Warum soll die Lücke nicht genutzt werden?

Nachträglicher Zusatz: Geht man davon aus, dass die 46. ÄnderungsVO unwirksam ist – vgl. hier -, dann sind die von ihr vorgesehenen Änderungen nicht in Kraft. Dann ist also auch § 53 Abs. 9 StVO a.F. nicht entfallen. Oder sehe ich das falsch?

Der Wochenspiegel für die 11. KW, oder: Wir schauen auch mal über den Tellerrand in andere Blogs

Der Wochenspiegel für die 11. KW, oder: Wir schauen auch mal über den Tellerrand, man könnte auch schreiben: Auch andere Mütter haben schöne Töchter, was hier im Reich der Blogs heißt: Auch andere Blogs haben interessante Themen, die man mal gelesen/gesehen haben sollte. Und darauf wollen wir jetzt und auch in Zukunft immer mal wieder hinweisen. Hier also dann die erste Auswahl:

  1. Interessant, weil aus dem täglichen juristischen Leben der Beitrag: Der Referendar und die Schulklasse, von „Strafverfahren – in Koblenz und anderswo“,
  2. Der Kollege Hoenig berichtet über „Mandanten Piraterie„, ein Phänomen, das ich aus meiner richterlichen Tätigkeit unter dem Begriff des „Zellenmolchs“ kenne :-). Das Problem wird zudem behandelt bei „Anwälte jagen sich Mandanten ab„.
  3. Allgemeine Lebenskunde betreibt LawBike.de in dem Beitrag „Eine “Anhörung im Bußgeldverfahren” flattert ins Haus – Wie verhält man sich da am besten?
  4. Mal was anderes ist der Hinweis des Kollegen Ferner auf eine Entscheidung des AG Bonn, wonach für die Schwarzfahrt eine Minderjähringen kein erhöhtes Beförderungsentgelt anfällt.
  5. Die „Gesetzeslücke: Ungültige Verkehrsschilder – Straffreiheit für Verkehrssünder?“ wird sicherlich auch den ein oder anderen interessieren.
  6. Auf eine schon etwas ältere Entscheidung weist der Beck-blog hin: Es ist wirklich „Der Traum aller Schüler: Lehrerin verbessert Abiturarbeiten – aber leider als Urkundenfälschung strafbar„, für die Lehrerin ist es aber wohl ein Alptraum geworden.
  7. Der Kollege Ratzka hat sich mit der Problematik „Schadensersatz nach § 153a StPO“ beschäftigt.
  8. Ob es sich in dem vom Kollegen Melchior geschilderten Fall um einen „Sieg des Rechtsstaates“ gehandelt hat, ist in der Tat fraglich.
  9. Mit der Frage, wie lange eine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt, beschäftigt sich: „Kreisverkehr hebt Tempolimits“ auf, vgl. dazu auch: „Durch einen Kreisverkehr endet die Geschwindigkeitsbegrenzung„.
  10. Und schließlich: Die Steuer-CD hat jetzt auch das öffentliche Dienstrecht bzw. Beamtenrecht erreicht – warum eigentlich nicht. Dazu Näheres hier.

Naturgemäß eine persönlich gefärbte Auswahl, aber alles interessant mit manch schönem „Ansatz“ für den anwaltlichen Alltag. Also vielleicht doch mal lesen?