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Zwei Gesetzesvorhaben sind jetzt auf dem Weg, oder: Strafen bei „Kinderpornos“ und Vertrauensleute pp.

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So, heute ist Samstag und damit Zeit für den „Kessel Buntes“. Und in dem ist es heute ganz bunt. Denn ich stelle jetzt zunächst zwei Gesetzesvorhaben bzw. den Stand dieser Vorhaben vor und bringe heute Nachmittag dann einige Entscheidungen mit vereinsrechtlichen Inhalt.

Hier also zunächst zwei Gesetzesvorhaben, und zwar:

Zunächst der Hinweis auf das „Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte“ Die Problamtik, die zu diesem Gesetzesvorhaben geführt hat, dürfte bekannt sein. Es geht um die „Reparatur“ einer Gesetzesänderung aus Sommer 2021. Da ist u.a. der Strafrahmen des § 184b StGB – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren auf ein Jahr bis zu zehn Jahren und der Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB auf ein Jahr bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe angehoben worden.. Alle Taten nach § 184b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StGB sind damit „Verbrechen“ i.S. des § 12 Abs. 1 StGB. Damit ist keine Einstellung des Verfahrens nach §§ 153, 153a StPO und keine Erledigung durch Strafbefehl mehr möglich.

Das hat in der Praxis vor allem in den Fällen zu Problemen geführt, in den der/die Beschuldigte „nicht aus einem eigenen sexuellen Interesse an kinderpornographischen Inhalten gehandelt hat, sondern (im Fall des § 184b Absatz 1 Satz 1 StGB) im Gegenteil, um eine andere Tat nach § 184b StGB, insbesondere eine weitere Verbreitung oder ein öffentliches Zugänglichmachen eines kinderpornographischen Inhalts, zu beenden, zu verhindern oder aufzuklären. Besonders häufig sind solche Fälle bei Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern älterer Kinder oder Jugendlicher aufgetreten, die kinderpornographisches Material bei diesen gefunden und an andere Eltern, Lehrerinnen oder Lehrer oder die Schulleitung weitergeleitet haben, um diese über den Missstand zu informieren.“

Das soll nun behoben werden. Alle Tatbestände des § 184b Abs. 1 und 3 StGB sollen durch Absenken der Mindeststrafen wieder zu Vergehen herabgestuft werden Die Erhöhung der Höchstfreiheitsstrafe auf zehn Jahre für die schwerer wiegenden Tatbestände des § 184b Abs. 1 StGB wird aber beibehalten.

Die Stimmen zu dieser (geplanten) Gesetzesänderung waren zwiespältig. ich empfehle die Lektüre der Stellungnahmen auf der Homepage des BMJ. Inzwischen gibt es den o.a. Regierungsentwurf. Wie man hört, soll der schnell im Bundestag beraten werden. Es ist (angeblich) geplant, die Gesetzesänderungen schon zum 01.04.2024 in Kraft treten zu lassen. Das ist für laufende Verfahren von Bedeutung.

Und dann der Hinweis auf den „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sowie zur Tatprovokation. Dazu existiert, wenn ich es richtig sehe, bisher nur der Referentenentwurf des BMJ, mit dem der Einsatz von Vertrauenspersonen und der Umgang mit der Tatprovokation erstmals gesetzlich geregelt werden soll.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den verlinkten Entwurf, der in etwa Folgendes vorsieht:

  • Die Anforderungen an den Einsatz von V-Personen werden gesetzlich geregelt. Es wird geregelt, welche Personen nicht als V-Personen eingesetzt werden dürfen und unter welchen Voraussetzungen Einsätze grundsätzlich zu beenden sind oder beendet werden sollen. Darüber hinaus wird geregelt unter welchen Voraussetzungen, Angaben über V-Personen geheim gehalten werden dürfen.
  • Es wird im Bereich der Zeugenvernehmung eine neue Regelung zum besseren Schutz der Identität von Zeugen eingeführt, die insbesondere auch für Verdeckte Ermittler und V-Personen relevant ist.
  • Für Einsätze von V-Personen wird ein Richtervorbehalt eingeführt und die Einsätze werden einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt.
  • Für Einsätze Verdeckter Ermittler und von V-Personen werden Berichtspflichten eingeführt.
  • Die Regelungen zum Kernbereichsschutz werden unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG (Beschluss vom 9. Dezember 2022 – 1 BvR 1345/21, Randnummern 100-123) für Einsätze Verdeckter Ermittler erweitert und auf V-Personen erstreckt.
  • Die Voraussetzungen eines zulässigen Verleitens zu einer Straftat werden geregelt. Die rechtsstaatswidrige Tatprovokation wird definiert und als Rechtsfolge ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis festgelegt.

Der Stand des Gesetzgebungsverfahren: Die Verbände hatten beis zum 27.01.2024 Zeit sich zu äußern. Dazu steht bisher nichts auf der Homepage des BMJ. Eine Reaktion habe ich aber schon gefunden: „Klares Nein aus Niedersachsen zu Referentenentwurf für den Einsatz Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern und von Vertrauenspersonen – Justizministerin Dr. Wahlmann und Innenministerin Behrens erteilen Bundesjustizminister eine Absage.

Was kommt in 2024 „vielleicht“ an neuen Gesetzen, oder: Eckpunkte StGB, RVG-Erhöhung und digitale HV (?)

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Und dann am Neujahrsnachmittag ein kleiner Ausblick auf das, was kommt bzw. kommen könnte. Ich beschränke mich dabei auf die Gesetzesvorhaben, die uns die Ampel-Koalition noch „beschert“, wenn sie es denn so weit noch schafft.

Das Wichtigste dürften da die vom BMJ mit einem „Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuchs“ aus November 2023 angekündigten Änderungen sein. Das beruht auf dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition, der vorsieht, dass das StGB systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche überprüft werden soll. Es sollen besonders historisch überholte Straftatbestände kritisch überprüft werden, um die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz zu gewährleisten.

Das BMJ hat unter diesen Gesichtspunkten folgende Delikte vorgesehen/aufgelistet, die verändert bzw. aufgehoben werden sollen:

1. Aufzuhebende oder inhaltlich anzupassende Tatbestände

2. Änderungen bei Tatbeständen mit Bezug zum Nationalsozialismus:

3. Tatbestände, die Gegenstand anderer Vorhaben sind bzw. waren:

      • Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte – § 184b StGB
      • Ausspähen von Daten, Abfangen von Daten, Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens von Daten – §§ 202a ff. StGB

Wegen der Einzelheiten und der Begründung für die Änderungen verweise ich auf das vollständige Eckpunkte-Papier auf der Homepage des BMJ.

Und dann haben wir ja noch die für das RVG geplanten Änderungen. Beim DAV und der BRAK ist man da ganz hoffnungsvoll, ich bin mir nicht sicher, ob die Änderungen schon in 2024 kommen oder ob sie erst in 2025 in Angriff genommen werden. Dann quasi als Vorwahlgeschenk. Zu den Änderungen gibt es aber nichts Neues, so dass ich dazu auf meinen Beitrag: Höhere Anwaltsgebühren/RVG-Änderungen?, oder: Blick in die Zukunft 2.0 – Stand September 2023 verweisen kann.

Und dann ist da noch das „Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen
Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer Vorschriften Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG), zu dem der Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen hat (vgl. hier die BR-Drucks. 603/23). Der Bundesrat wünscht eine „grundlegende“ Überarbeitung.

Ich bin gespannt.

Gesetze I: Was der Gesetzgeber an Neuem plant, oder: Nebenklage/VStGB, V-Leute, digitale Hauptverhandlung

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Der derzeitige BMJ hat sich in der laufenden Legislaturperiode m.E. bisher noch nicht mit Ruhm bekleckert. Von ihm ist bisher wenig gekommen. Aber nun – na ja, die Legislaturperiode hat ja (erst) Halbzeit – ist doch noch das ein oder andere angekündigt worden.

Dazu mache ich dann heute – bezogen auf Straf- und/oder Bußgeldverfahren – folgenden Überblick, und zwar:

Ich weise zunächst hin auf die „Vorschläge zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts“. Dazu gibt es diese PM v. 17.07.2023. Von den dort gemachten Vorschlägen interessieren mich die geplanten materiellen Änderungen wenig, sondern mir geht es um die verfahrensrechtlichen Pläne. Und da sieht der Referentenentwurf des BMJ zu einem „Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts“ vor:

  • Stärkung der Opferrechte: Nebenklagebefugnis u.a.

    • Die Rechte von Opfern von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) sollen gestärkt werden.  Opfern dieser Straftaten und den Angehörigen der durch diese Straftaten Getöteten soll die Nebenklagebefugnis eingeräumt werden: Sie sollen sich den in Deutschland wegen solcher Straftaten geführten Verfahren als Nebenklägerinnen oder Nebenkläger anschließen können. Hierzu soll § 395 StPO geändert werden.
    • Parallel dazu sollen die Regeln über die anwaltliche Vertretung von Nebenklägern angepasst werden. Wenn Opfer von VStGB-Straftaten als Nebenkläger zugelassen wurden, sollen sie künftig berechtigt sein, ohne weitere Voraussetzungen einen Opferanwalt oder eine Opferanwältin beigeordnet zu bekommen. Insbesondere soll es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe ankommen. Hierzu soll § 397a Abs. 1 StPO geändert werden.
    • Auch die Regeln für die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung sollen angepasst werden (§ 406g StPO): Wenn Opfer von Völkerstraftaten als Nebenkläger zugelassen wurden, sollen sie künftig berechtigt sein, auf Antrag ohne weitere Voraussetzung einen psychosozialen Prozessbegleiter oder eine psychosoziale Prozessbegleiterin beigeordnet zu bekommen.
    • Um dem berechtigten Interesse der Praxis an der effektiven Durchführung von Hauptverhandlungen mit zahlreichen Nebenklägern Rechnung zu tragen, soll § 397b Absatz 1 StPO, der eine gemeinschaftliche Nebenklagevertretung bei gleichgelagerten Interessen ermöglicht, um ein weiteres Regelbeispiel ergänzt werden, das diese Interessen in Verfahren nach dem VStGB konkretisiert. Zudem wird in einem neuen § 397b Absatz 4 StPO geregelt, dass in den Fällen, in denen nur auf Grund von VStGB-Tatbeständen ein gemeinschaftlicher Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin als Beistand mehrerer Nebenkläger bestellt wurde, die Ausübung der in § 397 Absatz 1 Satz 3 und 4 StPO genannten Beteiligungsrechte der Nebenklägerinnen und Nebenkläger wie etwa deren Fragerecht oder Beweisantragsrecht auf deren Nebenklagevertreterinnen oder -vertreter übertragen wird.
  • Stren­gere Regeln für den Ein­satz von V-Leuten

    • Außerdem sind, wie z.B. LTO berichtet hat, strengere Regeln für den Einsatz von V-Leuten geplant. Es befindet sich dazu wohl ein Referentenentwurf in der sog. Kabinettsabstimmung. Der sieht wohl vor, dass V-Leute künftig nur auf Antrag der StA nach Anordnung durch ein Gericht eingesetzt werden dürfen. Außerdem soll es klare Vorgaben zur Rekrutierung von V-Leuten geben: Wer wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, kommt demnach grundsätzlich nicht für die Arbeit als Spitzel in Frage.Um zu starke persönliche Verflechtungen zwischen Polizei und V-Leuten zu verhindern, dürfen V-Leute künftig auch nur noch maximal fünf Jahre lang tätig sein. Der Entwurf richtet sich – so LTO -an den Maßstäben der Rechtsprechung des BGH zu den Fragen.
  • Digitalisierung der Hauptverhandlung

    • Am weitesten fortgeschritten sind die Pläne zur „Digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung“. Denn da gibt es inzwischen einen Regierungsentwurf zu einem „Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG“. Der ist bereits am 07.07.2023 im Bundesrat beraten worden (dortige Drucksache 227/23)
    • Mit der Neuregelung soll eine gesetzliche Grundlage für eine digitale Inhaltsdokumentation der erstinstanzlichen Hauptverhandlungen vor den LG und OLG geschaffen und ausgestaltet werden. Die Dokumentation soll durch eine Tonaufzeichnung erfolgen, die automatisiert in ein elektronisches Textdokument (Transkript) übertragen wird. Zusätzlich ist auch eine Bildaufzeichnung möglich, die von den Ländern durch Rechtsverordnung jederzeit teilweise oder flächendeckend eingeführt werden kann.

Das ist es m.E., es sei denn, dass BMJ hat noch irgendwo etwas in der Pipeline.

Die „Fortentwicklung der StPO“ im Bundestag, oder: Nachts um 00.20 Uhr in Berlin

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Ich erinnere: In der Pipeline des Gesetzgebungsverfahrens befindet sich für diese Legislaturperiode noch das „„Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.. Ich habe über dieses Gesetzesvorhaben schon mehrfach berichtet (vgl. Nach der “Effektivierung” und der “Modernisierung” kommt die “Fortentwicklung” der StPO, oder: Warum?und Aktueller Stand der “Fortentwicklung der StPO” oder: “Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann”.

Stand des Verfahrens war zuletzt, dass im Bundestag am 14.04.2021 im Rechtsausschuss die Anhörung der Experten stattgefunden hatte mit einem Teilverriss der geplanten Neuerungen. Danach war dann Ruhe.

Nun, inzwischen ist dann aber der Gesetzgeber wieder erwacht und hat gemeint, diese „Fortentwicklung“ auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode durchpeitschen zu müssen. Ja, anders kann man m.E. nämlich das, was da in dieser Woche gelaufen ist, nicht nennen. Es hat nach fast acht Wochen Stillstand – zumindest nach außen – am Mittwoch (09.06.2021) dann eine Sitzung des Rechtsausschusses stattgefunden, in der eine Beschlussempfehlung beschlossen worden ist (vgl. BT-Drucks 19/30517). Und dann hat man das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ eben noch im  Bundestag beschlossen, und zwar in der vergangenen Nacht (10.06.2021) um 00.20 Uhr als „ZP 24“ der Tagesordnung (ZP = Zusatzpunkt), angesiedelt zwischen der „Rechtsdienstleistung“ und der „Tabaksteuermodernisierung“. Es hat natürlich fulminante Reden gegeben J – Ironiemodus aus. Nein, die hat es natürlich gegeben, sondern die sind zu Protokoll gegeben worden (vgl. die Tagesordnung). Das bedeutet: Die wird wahrscheinlich nie jemand lesen.

Was mich an dem Verfahren so ärgert. Da meint man, die StPO „fortentwicklen“ zu müssen – was m.E. nicht seine. Und das macht man dann aber mal eben so nebenbei nachts um 00.20 Uhr. Das zeigt, welchen Stellenwert das Strafverfahren hat. Nämlich keinen. Denn wie anders soll man es deuten, wenn nachts um 00.20 Uhr die StPO, an der man ja nun schon seit vier Jahren herumdoktert, fortentwickelt. Dafür hatte man doch Zeit genug. Aber nein. Das muss man jetzt noch durchpeitschen. Ebenso wie die Änderungen im Wiederaufnahmerecht der StPO – Stichwort: Wiederaufnahme zu ungusten des Beschuldigten -, die dann noch für heute mal eben auf der Tagesordnung stehen.

In der Sache sind die Änderungen in etwa so gekommen, wie sie in der BT-Drucksache 19/27654 vorgesehen waren. Über einige kleinere Änderungen kann man hinwegsehen. Allerdings wird es eine weitere Änderung geben, die nicht ganz unwesentlich ist. Denn man hate – mal eben so – § 104 StPO noch einmal – über die Defintion der „Nachtzeit“ hinaus – erweitert, nämlich um einen Abs. 2, in dem es dann demnächst heißt:

„1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäfts-räume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden:

1.bei Verfolgung auf frischer Tat,

2.bei Gefahr im Verzug,

3.wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insbesondere in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre oder

4.zur Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen.“

Zur Begründung dieser Erweiterung siehe S. 19 des Entwurfs. Da heißt es u.a.:

„In Deliktsbereichen, die vorwiegend durch die Nutzung von Computern und Ähnlichem begangen werden, stehen die Ermittlungsbehörden vermehrt vor dem Problem, dass die Täter ihre Datenträger durch den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien vor dem Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden schützen. Gelingt die Entschlüsselung nicht und zeigt sich der Beschuldigte auch nicht kooperativ, hat dies zur Folge, dass eine digital-forensische Auswertung nicht erfolgen kann. Daher ist es für die Ermittlungsbehörden zur effektiven Aufklärung von Straftaten von großer Bedeutung, Datenträger möglichst dann zu beschlagnahmen, wenn sie sich in unverschlüsseltem Zustand befinden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie während der Durchsuchung vom Beschuldigten genutzt werden. Diese Problematik stellt sich gerade bei Ermittlungen im Bereich der Kinderpornographie und des sexuellen Missbrauchs von Kindern immer wieder. ……

Positiv anzumerken ist, dass es dabei bleibt, dass das in § 163g StPO-E neu geschaffene Instrument der Automatischen Kennzeichenlesesysteme (AKLS) zunächst dann vorrangig nur zu Zwecken der Fahndung geregelt werden soll. Der Bundesrat hatte zwar um Prüfung gebeten, ob der Einsatz von AKLs darüber hinaus in Rahmen von Ermittlungen wegen besonders schwerer Straftaten auf weitere Ermittlungszwecke erweitert werden und insbesondere eine vorübergehende ungefilterte Speicherungsbefugnis von Kennzeichen aller Verkehrsteilnehmer geschaffen werden könne. Dieser Vorschlag war von einigen Sachverständigen in der Anhörung vom 14. April 2021 aus Sicht der staatsanwaltschaftlichen Praxis (sic!!) unterstützt worden. Daran hat man sich dann aber doch wohl wegen des damit verbundenen intensiven Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sämtlicher Verkehrsteilnehmer nicht in einem Schnellverfahren getraut.

Wie geht es weiter? Nun, das Gesetz wird am 25.06.2021 im Bundesrat beraten werden und den passieren. Und dann haben wir sicherlich noch im Juli die StPO „fortentwickelt“.

Und dazu dann: Es wird zu den Änderungen wieder ein Ebook von mir geben. Und zwar wie gehabt zum Download unter dem Titel: „Fortentwicklung der StPO u.a. Die Änderungen in der StPO 2021 – ein erster Überblick“. Das kann man dann ab jetzt hier vorbestellen. Das Buch/PDF kommt dann nach Inkrafttreten des „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ automatisch.

Effektivere Bekämpfung von Nachstellungen, oder: Bessere Erfassung des Cyberstalkings?

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Und dann gleich noch ein Gesetzentwurf zur „Effektivierung“ bestehender Regelungen, auf den ich hinweisen kann. Nämlich:

Veröffentlicht worden ist der Referentenentwurf zum „Gesetzentwurf zur effektiveren Bekämpfung von Stalking„.  Danach soll der Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) ausgeweitet werden und digitales Stalking im Netz und über Apps erfassen.

Dazu das BMJV und die allseits beliebte Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz in einer PM:

“ Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute den Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings“ veröffentlicht. Länder und Verbände können hierzu nun bis zum 1. März 2021 Stellung nehmen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:

„Stalking ist für Betroffene oft schrecklicher Psychoterror – mit traumatischen Folgen. Stalker verfolgen, belästigen und bedrohen Menschen oft Tag und Nacht, und das über lange Zeit. Die Übergriffe reichen bis hin zu körperlicher und sexualisierter Gewalt.

Ich möchte die Betroffenen besser schützen. Es müssen mehr Stalking-Fälle vor Gericht kommen und die Täter konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Der Straftatbestand der Nachstellung hat bisher zu hohe Hürden. Der Straftatbestand greift bisher nur bei beharrlichem Täterverhalten und schwerwiegenden Eingriffen in das Leben der Betroffenen. Ich möchte die Anwendung der Strafvorschrift erleichtern und die Strafbarkeitsschwellen senken. Auch im Netz und über Apps werden Menschen immer wieder ausgeforscht und eingeschüchtert, falsche Identitäten vorgetäuscht und Betroffene diffamiert. Auch diese Taten möchten wir ausdrücklich als digitales Stalking unter Strafe stellen.“

Stalking richtet sich meist gegen Frauen, seltener aber auch gegen Männer. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen werden 11 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben Opfer von Stalkern.

Nachgewiesen werden muss derzeit ein „beharrliches“ Nachstellungsverhalten, das geeignet ist, die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend“ zu beeinträchtigen. Diese Hürden sollen abgesenkt werden. Im Gesetzestext soll das Wort „beharrlich“ durch „wiederholt“ und das Wort „schwerwiegend“ durch „nicht unerheblich“ ersetzt werden.

Der Strafrahmen soll weiter eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsehen. Zugleich soll der Gesetzentwurf aber eine Neuregelung für besonders schwere Fälle vorsehen, bei denen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden kann. Hierzu sollen u.a. Fälle von Nachstellungen über lange Zeiträume oder Taten gehören, durch die der Täter eine Gesundheitsschädigung des Opfers oder einer dem Opfer nahestehenden Person verursacht.

Beispiele für Stalking sind:

  • Anrufe oder Nachrichten zu allen Tages- und Nachtzeiten
  • Verfolgen und Auflauern vor der Wohnung oder dem Arbeitsplatz
  • Veranlassen von Dritten, Kontakt zum Opfer aufzunehmen (zum Beispiel durch Erstellung von Fake-Profilen auf Single-Portalen)
  • Warenbestellungen unter dem Namen der Opfer
  • Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigungen“

Etwas Gutes hat das Ganze ja: Die Zeitschriften haben Stoff zum Berichten 🙂 .