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Für die IT-(Straf)Rechtler: Der „Unlock-Code“ fürs Mobiltelefon ist ein „Betriebsgeheimnis“

entnommen wikimedia.org Urheber Frijole

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Wir erleben es immer wieder: Neue Technik, neue Rechtsprobleme. Das sehen wir besonders beim Smartphone und/oder Mobiltelefon, was sicherlich mit deren hohem Verbreitungsgrad zu tun hat. Und das beweist dann einmal mehr der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.01.2016 – 2 (6) Ss 318/15-AK 99/15. Der behandelt nämlich eins dieser Problem. Aber dieses Mal nicht im Hinblick auf den Begriff der Benutzung i.S. des § 23 Abs. 1a StVO, sondern es geht um den Entsperr-Code („Unlock-Code“) zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons („SIM-Lock“) .

Mit den damit zusammenhängenden Fragen musste sich das OLG auf der Grundlage dieses Tatgeschehens befassen:

„Der Angeklagte war im Jahr 2008 Geschäftsführer der S. GmbH mit Sitz in L., welche im Handelsregister des Amtsgerichts M. unter HRB XXX eingetragen war. Unter der lnternetadresse „s. .de“ bot er mit seinem Unternehmen neben Mobiltelefonen und diesbezüglichem Zubehör auch Dienstleistungen an.

In Kenntnis der unter a) geschilderten Umstände und im Bewusstsein der Tatsache, dass sein Vorgehen ohne Einwilligung des jeweiligen Netzbetreibers erfolgt und somit unbefugt ist, bot der Angeklagte gleichwohl wissentlich und willentlich an, den SIM-Lock von Mobiltelefonen gegen Entgelt zu entsperren. Auf Grund dessen wurde die von ihm geführte Gesellschaft von Kunden beauftragt, ihnen gegen ein Entgelt den benötigten Entsperr-Code zu übermitteln. Hierzu teilten sie die IMEI-Nummer ihres zu entsperrenden Mobiltelefons dem Angeklagten mit, der diese in aller Regel wiederum an einen tunesischen Kontaktmann weiterleitete. Dieser generierte oder beschaffte sodann selbst den Entsperr-Code oder ließ durch unbekannte Dritte den Entsperr-Code widerrechtlich generieren oder beschaffen und teilte diesen dem Angeklagten mit. Danach reichte der Angeklagte seinen Kunden den Code weiter, die diesen zum Entsperren verwenden konnten. In einigen seltenen Ausnahmefällen gelang es dem Angeklagten, im Internet über verschiedene Webseiten an Anleitungen zur Erstellung des Entsperr-Codes zu gelangen, wobei sich auch für ihn die Durchführung der Anleitungen und die Generierung des jeweiligen Entsperr-Codes aufwändig und schwierig gestalteten, weshalb er in aller Regel den Entsperr-Code gegen Entgelt über seinen tunesischen Kontaktmann bezog.

ln der Zeit von Februar bis Ende August 2008 reichte der Angeklagte in mindestens 137 Fällen die von ihm in unbefugter Weise beschafften Entsperr-Codes ohne Genehmigung der Netzprovider an Kunden weiter, wobei er jeweils handelte, um sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Preis der erbrachten Leistung lag zwischen 5,99 EUR und 64,50 EUR; im Durchschnitt betrug er knapp 18, – EUR. Der Gesamtbetrag belief sich auf 2.421,46 EUR.“

Das LG hatte hat die Taten als gewerbsmäßigen Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. „§ 17 Abs. 2 Ziffer 2, Abs. 2 Ziffer 1, Abs. 1, Abs. 5 UWG“ in 137 Fällen gewerte. Das OLG schließt sich dem an. Die (amtlichen) Leitsätze seiner Entscheidung:

„1. Der Entsperr-Code („Unlock-Code“) zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons („SIM-Lock“) stellt ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG dar.

2. Der Entsperr-Code wird nicht dadurch offenkundig, dass er im Internet – gesondert für jedes einzelne Mobiltelefon – unter erheblichen Schwierigkeiten unbefugt in Erfahrung zu bringen ist.

3. Die dauerhafte Sperrung des Entsperr-Codes nach dreimaliger Fehleingabe und die Kosten der Beschaffung eines Entsperr-Codes sind allgemeinkundige Tatsachen.“