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„Bekifft“ am Steuer, oder Entziehung der Fahrerlaubnis nach wie vor bei 1,0 ng/ml

In meinem Blogordner hing dann noch eine weitere Entscheidung (zum ersten Posting des heutigen Tages zum BayVGH, Urt. v. 25.04.2017 – 11 BV 17.33 und dazu Entzug der Fahrerlaubnis: Nicht ohne MPU nach einmaligem Fahren unter Cannabiseinfluss) zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt nach Cannabiskonsum. Es ist das OVG Münster, Urt. v. 05.03.2017 – 16 A 432/16 u.a. In ihm hat das OVG den (auch) von ihm angenommenen Grenzwert für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss bestätigt. Es gilt: Wer gelegentlich Cannabis konsumiert, ist ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml Serum nicht mehr geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen. Bei Überschreitung dieses Grenzwerts ist von einem fehlenden, aber erforderlichen Trennen zwischen dem Konsum des Betäubungsmittels und dem Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen.

Betroffen von der Entscheidung waren drei Kläger, die bei Polizeikontrollen aufgefallen waren. Nach Blutentnahme wurde bei ihnen der psychoaktive Cannabisbestandteil THC in einer Konzentration von 1,1, bzw. 1,6 bzw. 1,9 ng/ml im Serum festgestellt. Daraufhin wurde ihnen die Fahrerlaubnis entzogen. Das OVG bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die Grenze bei 1,0 ng/ml im Serum liegt.

Interessant an dem Urteil ist, dass das OVG nicht der sog. Grenzwertkommission folgt. Die hat 2015  für die Frage des Trennens einen Grenzwert von 3,0 ng/ml THC im Serum vorgeschlagen. Dem war schon das VG in den erstinstanzlichen Urteilen nicht gefolgt, sondern hat an dem bisherigen Wert festgehalten. Auch das OVG geht diesen (neuen) Weg nicht. Begründung bitte in dem umfangreichen Urteil selbst nachlesen. Ausschlaggebend war für das OVG, dass schon bei dem niedrigen Wert nicht in jedem Einzelfall mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden könne, dass Beeinträchtigungen von verkehrssicherheitsrelevanten Fähigkeiten der Betroffenen vorliegen. Nach der Anhörung des vormaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission als Sachverständige hat das OVG keinen durchgreifenden Grund für eine davon abweichende Gefährdungseinschätzung gesehen. Das gelte ungeachtet des von den Gutachtern dargestellten Umstandes, dass ein Wert von 1,0 ng/ml THC im Serum in Abhängigkeit vom individuellen Konsumschema gegebenenfalls auch nach einer längeren, also mehrtägigen, Abstinenz auftreten kann und dem Betroffenen eine Nachwirkung in solchen Fällen nicht notwendigerweise vor Augen stehen muss.

Die Leitsätze:

1. Auch in Ansehung der Empfehlung der Grenzwertkommission, für das Merkmal des Trennens zwischen Cannabiskonsum und Fahren einen Grenzwert von 3 ng/ml THC im Serum einzuführen, wird an dem bislang herangezogenen Grenzwert von 1 ng/ml THC im Serum festgehalten.
2. Dass ein wegen Cannabiseinfluss auffällig gewordener Führer eines Kraftfahrzeuges im Vorfeld dieses Auffälligwerdens zum ersten und einzigen Mal Cannabis konsumiert hat, kann nur dann geglaubt werden, wenn der Betroffene dies ausdrücklich behauptet und durch eine substanziierte, widerspruchsfreie und inhaltlich nachvollziehbare Schilderung der näheren Umstände des Konsums und des nachfolgenden Fahrentschlusses unterlegt.
3. Schon das einmalige Nicht Trennen zwischen Cannabiskonsum und Fahren durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten trägt die Annahme fehlender Fahreignung und führt zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

Die Revision ist vom OVG nicht zugelassen worden.