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Einziehung II: Verurteilung wegen Geldwäschetaten, oder: Eigentumserwerb am Gold?

Die zweite Entscheidung des Tages kommt dann vom 3. Strafsenat des BGH. Der hat im BGH, Beschl. v. 03.05.2023 – 3 StR 81/23 – zur Frage der Höhe der Einziehung bei der Geldwäsche Stellung genommen.

Das LG hat den Angeklagten im zweiten Rechtsgang u.a. wegen Geldwäsche in drei Fällen, verurteilt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 534.030,63 EUR als Gesamtschuldner angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Reduktion des Einziehungsbetrags auf nur noch 100 EUR:

„1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte für einen Hintermann in drei Fällen Wertgegenstände entgegen, begutachtete und verpackte sie und bewahrte sie bis zur Abholung auf. Es handelte sich um Goldbarren und -münzen im Gesamtwert von über einer halben Million Euro sowie Bargeld. Die dem Angeklagten von den Abholern überbrachten Sachen waren mittels der sogenannten Polizeitrick-Masche erlangt worden, indem zumeist älteren Personen vorgespiegelt worden war, die Sicherung vor Dieben oder die Überführung eines kriminellen Bankmitarbeiters erfordere es, ihre Wertgegenstände vorübergehend vermeintlichen Polizisten zu überlassen. Er wusste, dass die Objekte aus rechtswidrigen Taten stammten. Er wollte sich durch den ihm für seine Tätigkeit versprochenen Lohn und direkte Entnahmen aus der Beute eine bedeutende dauerhafte Einnahmequelle verschaffen. In Fall 1 der Urteilsgründe behielt er 100 € von dem angelieferten Bargeld für sich (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 8. März 2022 – 3 StR 456/21, wistra 2022, 380 Rn. 2).

2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs sowie der Einziehung von Wertersatz in Höhe der genannten 100 € keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die diesen Betrag übersteigende Einziehung hat dagegen keinen Bestand. Sie betrifft den Wert des beim Angeklagten angelieferten Goldes, den die Strafkammer auf der Grundlage des § 73c StGB abgeschöpft hat. Dabei ist ihr aus dem Blick geraten, dass sich die Einziehung des Wertes von Geldwäscheobjekten nach der bis zum 17. März 2021 geltenden Fassung von § 261 StGB ausschließlich nach § 74c StGB richtete. Im Einzelnen:

Das Landgericht hat bei den drei Geldwäschedelikten die Regelwirkung der Gewerbsmäßigkeit angenommen und ist von einem besonders schweren Fall ausgegangen (§ 261 Abs. 5 StGB nF, § 261 Abs. 4 StGB aF). Angesichts des insoweit unveränderten Strafrahmens hat es zutreffend das zum Tatzeitpunkt geltende Recht angewendet. Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1, 3 und 5 StGB. Denn nach § 261 Abs. 7 StGB aF konnten Geldwäscheobjekte nur gemäß § 74 Abs. 2 StGB und im Falle einer Vereitelungshandlung der entsprechende Wert nach § 74c StGB eingezogen werden, was sich für den Angeklagten günstiger darstellt als die aktuell gültige Regelung in § 261 Abs. 10 StGB (vgl. insgesamt BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2021 – 5 StR 62/21, wistra 2021, 360; vom 22. September 2022 – 3 StR 175/22, NStZ-RR 2023, 8, 9; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22, juris Rn. 4; Urteil vom 13. April 2022 – 2 StR 1/21, ZInsO 2022, 2261 Rn. 25).

Die damit allein mögliche Wertersatzeinziehung nach § 74c StGB kommt hier jedoch nicht in Betracht. Denn sie setzt voraus, dass der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand dem Täter zur Zeit der Tat gehörte oder zustand (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 3 StR 37/20, NStZ 2021, 557 Rn. 4 mwN; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 74c Rn. 5 mwN). Dies ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Die Geschädigten hatten ihr Gold den vermeintlichen Polizeibeamten vielmehr lediglich zur sicheren Aufbewahrung ausgehändigt. Ein Übereignungswille im Sinne des § 929 BGB ist darin nicht zu erblicken. Auch innerhalb der Tätergruppe war nicht beabsichtigt, dass der Angeklagte über einen kurzzeitigen Besitz hinausgehende Rechte an den Wertgegenständen erhält, wobei ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 932 BGB angesichts seines Wissens um die rechtswidrigen Vortaten ohnehin ausscheidet. Die Goldbarren und -münzen wurden schließlich nicht im Sinne des § 948 BGB vermengt.

Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die einen Eigentumserwerb des Angeklagten an den Geldwäscheobjekten belegen. Daher ist der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO um 533.930,63 € auf 100 € zu reduzieren.“

Und der Erfolg schlägt sich dann auch in der Kostenentscheidung nieder:

„3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Angesichts des beträchtlichen Teilerfolgs der Revision wäre es unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 381/21, wistra 2022, 254 Rn. 22 ff. mwN; vom 21. Dezember 2022 – 3 StR 372/21, juris). Eine Änderung der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils in entsprechender Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO ist indes nicht veranlasst.“

Na ja, warum nicht – zumindest teilweise – nicht auch für die 1. Instanz erschließt sich mir nicht.

Durchsuchung I: Das verfassungsrechtliche 1 x 1, oder: So bekämpft man „Clankriminalität“ nicht

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Den Monat Mai beschließe ich dann mit einem EV-Tag, also mit Entscheidungen aus dem Ermittlungsverfahren, und zwar zur Durchsuchung.

Ich beginne mit dem BVerfG, Beschl. v. 19.04.2023 – 2 BvR 2180/20. In ihm hat das BVerfG noch einmal/schon wieder zu den Voraussetzungen für die Anorndung einer Durchsuchungsmaßnahme Stellung genommen/nehmen müssen. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg.

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde war ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten (Alias-Name: M)  wegen des Verdachts der Geldwäsche und weiterer Delikte. Dieses Ermittlungsverfahren stand im Zusammenhang mit einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten K. wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs. K. soll im Rahmen seiner Tätigkeit als Pkw-Händler in zahlreichen Fällen dabei mitgewirkt haben, dass unter anderem gegenüber Versicherungen und Banken falsche Angaben für die Finanzierung hochpreisiger Fahrzeuge gemacht wurden, sodass er sich infolgedessen an den ausgezahlten Summen zu Unrecht bereichert haben soll. Aus den Ermittlungen ging hervor, dass K. und die genutzten Fahrzeuge Verbindungen ins kriminelle Milieu pp). aufweisen, darunter auch zum Beschuldigten. Der Beschuldigte soll einem örtlichen M.-Clan angehören und in zahlreiche polizeilich erfasste Vorgänge verwickelt sein, darunter in Ermittlungen wegen Verdachts des Kokainhandels, wegen Delikten aus dem Bereich der Gewaltkriminalität und wegen Verdachts des Landfriedensbruchs. Soweit es den Beschuldigten angeht, betrifft die ihm angelastete Tatbeteiligung nur einen Teil der gegen K. erhobenen Vorwürfe. Diese stehen in Zusammenhang der Tätigkeit des K. als Geschäftsführer zweier Unternehmen, welche den Betrieb einer Lounge (im Folgenden: A. UG) und eines Handels für Kraftsportartikel (im Folgenden: B. UG) zum Gegenstand hatten.

Mit Beschluss vom 06.08.2020 hat das AG u.a. die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten angeordnet. Die Durchsuchung diente dem Zweck, Hinweise „auf die Nutzung und Beschaffung der Aliaspersonalie N.“, auf „Aufwendungen im Zusammenhang mit der A. UG sowie der B. UG“ sowie die Herkunft dieser Mittel, auf etwaige Absprachen zwischen den Beteiligten, sowie Dokumente, Mobiltelefone, Datenträger, Computer und sonstige Speichermedien aufzufinden. In Bezug auf diese Beweismittel ordnete das Gericht die Beschlagnahme an. Die Durchsuchung wurde am 12.08.2020 vollzogen. Die gegen die Durchsuchungsmaßnahme eingelegte Beschwerde hat das LG als unbegründet verworfen. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG als weitgehend begründet angesehen:

„b) Eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts der Geldwäsche setzt nicht nur voraus, dass ein Anfangsverdacht für die Geldwäschehandlung, sondern gemäß der damals geltenden Fassung des Gesetzes auch für das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer bestimmten Katalogtat im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. vorliegt. Dass eine Vortat aus dem Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. begangen wurde, war ein wesentliches Merkmal der Strafbarkeit der Geldwäsche (vgl. BVerfGK 8, 349 <353>). Nicht ausreichend für die Annahme eines Anfangsverdachts ist es demnach, wenn keine über bloße Vermutungen hinausgehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Vortat bestehen. Auch Anhaltspunkte für die Annahme, das betroffene Geld oder der betroffene Vermögensgegenstand rührte aus irgendeiner Straftat her, genügen nicht, um Strafverfolgungsmaßnahmen auszulösen. Insofern ist die mögliche Katalogtat zu konkretisieren, auch wenn nicht erforderlich ist, dass die Geldwäschevortat bereits in ihren Einzelheiten bekannt ist. Das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass weitere Ermittlungen gegebenenfalls in Form von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Januar 2020 – 2 BvR 2992/14 -, Rn. 40 ff.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Mai 2020 – 2 BvQ 26/20 -, Rn. 32; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. März 2021 – 2 BvR 1746/18 -, Rn. 56 ff.).

c) Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entsprechend behält Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vor. Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient dazu, die Durchführung der Maßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 96, 44 <51 f.>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss den Tatvorwurf und die gesuchten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Der Richter muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Der Betroffene wird auf diese Weise zugleich in den Stand versetzt, die Durchsuchung zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220 f.>; 96, 44 <51 f.>; 103, 142 <151 f.>). In dem Beschluss muss zum Ausdruck kommen, dass der Ermittlungsrichter die Eingriffsvoraussetzungen selbstständig und eigenverantwortlich geprüft hat (vgl. BVerfGE 103, 142 <151 f.>). Dazu ist zu verlangen, dass ein dem Beschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen, müssen benannt werden (vgl. BVerfGK 8, 349 <353>; 9, 149 <153>; 18, 414 <418>; 19, 148 <153>).

Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel können im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden. Die Funktion des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle der Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz zu gewährleisten, würde andernfalls unterlaufen (vgl. BVerfGK 5, 84 <88>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 -, juris, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2018 – 2 BvR 1260/16 -, juris, Rn. 29). Defizite in der Begründung des zugrundeliegenden Tatverdachts und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme können hingegen im Beschwerdeverfahren nachgebessert werden (vgl. BVerfGE 115, 166 <197>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 -, juris, Rn. 5).

2. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen sind mit den aufgeführten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht vereinbar.

a) Soweit die Fachgerichte den Durchsuchungsbeschluss auf den Tatverdacht einer Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB a.F. gestützt haben, reichen die zugrundeliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte nicht über vage Anknüpfungen und bloße Vermutungen hinaus.

aa) Der Beschluss des Amtsgerichts enthält kaum aussagekräftige Ausführungen zur Herkunft der verschleierten Vermögenswerte, was auch das Landgericht in der Beschwerdeentscheidung erkannt hat. Der Durchsuchungsbeschluss deutet lediglich an, dass der Verdacht einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO bestehen konnte. Nähere Anhaltspunkte zu den betroffenen Steuerarten, dem Veranlagungszeitraum und den pflichtwidrig unterlassenen oder falsch abgegebenen Steuererklärungen oder Voranmeldungen hat das Amtsgericht nicht geschildert. Die Ausführungen des Amtsgerichts waren daher für die Verdachtsannahme einer Steuerhinterziehung als Geldwäschevortat (vgl. § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b StGB a.F.) nicht tragfähig (vgl. BVerfGK 8, 349 <354>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 -, juris, Rn. 6; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2017 – 2 BvR 2551/12 -, Rn. 22 ff.).

bb) Soweit das Landgericht zum Verdacht einer Geldwäschevortat ergänzend ausgeführt und unter anderem auf „Gewaltkriminalität“ verwiesen hat, handelt es sich dabei ebenfalls um eine nicht hinreichend konkretisierte Verdachtsannahme. Welche vom Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. erfassten Straftatbestände mit diesem Begriff gemeint sein sollen, bleibt völlig offen.

cc) Zureichende Anhaltspunkte für die Verdachtsannahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als Geldwäschevortat gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB a.F. in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG sind nicht ersichtlich. Den polizeilichen Ermittlungen zum Hintergrund des Beschwerdeführers ist lediglich zu entnehmen, dass gegen diesen zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln geführt wurden. Die Ermittlungsakte teilt jedoch nicht mit, welche Anhaltspunkte dafür ausschlaggebend waren, dass die Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Den pauschalen Angaben kann nicht entnommen werden, ob die vermuteten Betäubungsmitteldelikte überhaupt im Zusammenhang mit den hier interessierenden, nicht nachvollziehbaren Transaktionen um die A. UG und die B. UG standen. Ob die erwähnten Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossen oder zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des Durchsuchungsbeschlusses noch angedauert haben, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Die Annahme, dass der Beschwerdeführer sich an etwaigen Betäubungsmitteldelikten beteiligt und die Erlöse aus diesen Taten dem Vermögen der A. UG und der B. UG zugeführt haben soll, erschöpft sich insofern in einer nicht näher begründeten Vermutung. Ob die Fachgerichte – etwa durch entsprechende Nachfrage bei den Ermittlungsbehörden – konkretere Erkenntnisse hätten erlangen können, spielt dabei keine Rolle. Denn maßgeblich für die verfassungsgerichtliche Prüfung sind allein die objektiv dokumentierten Erkenntnisse in der Ermittlungsakte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer öffentlich als führendes Mitglied eines Familienclans auftritt – nicht zuletzt ersichtlich an der Nutzung eines Aliasnamens, der die Familienzugehörigkeit eindeutig klarstellen soll – und sich offenbar mit den kriminellen Tätigkeiten des Clans identifiziert, kann für sich genommen eine Verdachtsannahme nicht tragfähig begründen.

b) Die Durchsuchungsanordnung wird auch den Anforderungen an die Begrenzungsfunktion nicht gerecht.

aa) Im Hinblick auf den Tatvorwurf der Geldwäsche beschreibt der Beschluss im Kern den Vorwurf, dass der Beschwerdeführer Vermögenswerte in die bezeichneten Unternehmen eingebracht und verschleiert haben soll, die ihrerseits aus mutmaßlich kriminellen Handlungen herrühren. Als Vortat wird lediglich eine etwaige Steuerhinterziehung angedeutet. Die vom Landgericht erwähnte „Gewaltkriminalität“ und das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln findet in dem amtsgerichtlichen Beschluss keine Erwähnung. Für die Mess- und Kontrollierbarkeit der Vollziehung der Durchsuchung macht es dabei einen entscheidenden Unterschied, worauf sich der Verdacht des Herrührens der verschleierten Vermögenswerte konkret bezieht. Die Angabe der Geldwäschevortat wäre insofern für die mit dem Vollzug der Durchsuchungsanordnung betrauten Beamten ein wesentlicher Anhaltspunkt gewesen, nach welchen konkreten Beweismitteln zu suchen ist. Ohne eine nähere Angabe und Eingrenzung der in Betracht kommenden Geldwäschevortaten bestand die Gefahr einer uferlosen Ausforschung des Beschwerdeführers.

bb) Im Hinblick auf den Tatverdacht einer mittelbaren Falschbeurkundung und einer Urkundenfälschung hat das Amtsgericht zwar ein Verhalten erwähnt, welches die Verwirklichung der benannten Straftatbestände andeutet. Eine solch pauschale und vage Darstellung des Tatvorwurfs genügt den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen an die Begrenzung einer Durchsuchungsanordnung jedoch nicht. So enthält der Beschluss keine Umschreibung wesentlicher tatbestandlicher Voraussetzungen der erwähnten Straftatbestände. In Bezug auf den Tatverdacht einer Urkundenfälschung fehlt es an einer für den Tatbestand des § 267 Abs. 1 StGB geforderten Schilderung, welches konkrete Dokument im vorliegenden Fall unecht oder verfälscht gewesen und worin die konkrete Tathandlung des Beschwerdeführers zu sehen sein soll. Der im Raum stehende Verdacht, dass falsche Ausweisdokumente verwendet worden sein sollen, findet im amtsgerichtlichen Beschluss keine Erwähnung. Was den Tatvorwurf einer mittelbaren Falschbeurkundung gemäß § 271 Abs. 1 StGB betrifft, enthält der amtsgerichtliche Beschluss keinerlei Ausführungen dazu, welche Urkunde, welches Buch oder welches Register betroffen gewesen ist und welche konkrete Tathandlung des Beschwerdeführers die falsche Beurkundung bewirkt haben soll. Die aufgeführten Mängel führen dazu, dass die Durchsuchungsanordnung insoweit nicht mehr mess- und kontrollierbar ist.“

Der Beschluss enthält keine neuen Aussagen des BVerfG zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer Durchsuchung. Das hat man alles schon einmal/mehrmals gelesen.Das ist das 1 x 1 der Durchsuchung.

Man fragt sich allerdings, warum hier das AG und auch das LG diese Vorgaben des BVerfG nicht umgesetzt und bei Erlass der Durchsuchungsmaßnahme beachtet haben, mal wieder. Hier hat man den Eindruck, dass offenbar die (vermutete) Zugehörigkeit des Beschuldigten zu einem Clan der (wahre) Grund für die Durchsuchungsmaßnahme gewesen ist. Das reicht aber nun mal nicht aus. Das BVerfG will mehr als nur vage Vermutungen lesen, nämlich konkrete Anhaltspunkte. Die Mühe, diese zu finden und aufzulisten, müssen sich die Ermittlungsbehörden schon machen, wenn man die „Clankriminalität“ – was man sich ja auf die Fahnen geschrieben hat – erfolgreich bekämpfen will. Wenn man es nicht beachtet, erhält man eben eine verfassungsgerichtliche Klatsche und landet dann – so wie hier – in der Presse (vgl. z.B. hier  der Beitrag aus dem Focus). Kein Ruhmesblatt.

StGB II: Voraussetzungen des Geldwäschetatbestandes, oder: Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat

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Als zweite Entscheidung dann hier der BGH, Beschl. v. 25.04.2022 – 5 StR 100/22 – zur Geldwäsche (§ 261 StGB).

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldwäsche  verurteilt. Das LG hat folgende Feststellungen getroffen:

„a) Die Mitangeklagten G. und Ge. betrieben ein Sperrmüllentsorgungsunternehmen. Für dieses buchten sie von Juli 2017 bis Mai 2018 Online-Werbeanzeigen über den Werbedienst von G. I.LtD., wobei sie von Anfang an beabsichtigten, nicht für die Werbeanzeigen zu bezahlen. Dies bewerkstelligten sie, indem sie der G. I.Ltd. Einzugsermächtigungen zu verschiedenen Konten erteilten, die daraufhin die Werbeanzeigen an prominenter Stelle schaltete und die vereinbarten Gelder abbuchte. Zum letztmöglichen Zeitpunkt widerrief der Mitangeklagte G.  plangemäß das jeweilige Lastschriftmandat. In drei Fällen überwies er die rückgebuchten Geldbeträge auf das Konto des mit ihm befreundeten Angeklagten, der das Geld anschließend abheben und dem Mitangeklagten aushändigen sollte. Dies gelang in zwei Fällen im Dezember 2017 und im April 2018; in einem Fall (März 2018) führte die angewiesene Bank die Überweisung an den Angeklagten nicht aus. Insgesamt erlangte der Angeklagte Buchgeld in Höhe von 139.300 Euro, die er in bar an den Mitangeklagten G. weiterreichte.

G. hatte dem Angeklagten sein Vorgehen zuvor bei mehreren Gesprächen im Jahr 2017 beschrieben: Er erhalte die Aufträge für sein Sperrmüllentsorgungsunternehmen durch Werbeanzeigen bei G. Diese beeinflusse er gezielt so, dass sie immer „ganz oben auftauchen“. Die Werbeanzeigen bezahle er nicht, da er sich die dafür überwiesenen Gelder wieder zurückbuchen lasse. Angesichts dessen nahm der Angeklagte, der seiner Einlassung zufolge wusste, dass der Mitangeklagte G.  G. „austrickse“, billigend in Kauf, dass die auf sein Konto überwiesenen Gelder aus Betrugstaten zum Nachteil der G. I. Ltd. stammten und durch die Überweisung deren Herkunft aus Straftaten verschleiert wurde. Hingegen hat die Strafkammer nicht „mit ausreichender Sicherheit“ feststellen können, dass der nicht in die Strukturen der Mitangeklagten eingebundene Angeklagte „begriff“, durch die Bereitstellung seines Kontos Betrugstaten zum Nachteil der G. I.Ltd. zu fördern.“

Das LG hat die Handlungen des Angeklagten als Geldwäsche in zwei Fällen und versuchte Geldwäsche gewertet. Bei den durch die Mitangeklagten begangenen Vortaten handle es sich jeweils um einen Computerbetrug oder Betrug in einem besonders schweren Fall. Eine Beteiligung an den Vortaten als Gehilfe habe es „letztlich allein deswegen“ nicht angenommen, weil es dem Angeklagten nicht habe „widerlegen“ können, dass er weder „den Mechanismus der G.-Überweisungen verstand noch wie das an ihn überwiesene Geld dabei helfen könnte, das Betrugsgeschehen zum Nachteil der G. I. Ltd. zu fördern.

Das gefällt dem BGH nicht:

„2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter und versuchter Geldwäsche hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Recht hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt, dass die vom Angeklagten erlangten oder für ihn bestimmten Buchgelder nicht aus den von den Mitangeklagten begangenen (Computer-)Betrugstaten herrührten.

Das Herrühren eines Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB ist gegeben, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwischen dem Gegenstand und der Vortat ein Kausalzusammenhang besteht, der Gegenstand seine Ursache also in der rechtswidrigen Tat hat, sich mithin aus dieser ableiten lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 4/09, BGHSt 53, 205, 209 f.; Urteil vom 15. August 2018 – 5 StR 100/18, wistra 2019, 29, 30). Die inmitten stehenden Buchgelder lassen sich nicht im Sinne eines solchen Zusammenhangs auf die (Computer-)Betrugstaten zum Nachteil der G.     I.     Ltd. zurückführen. Aus diesen Betrugstaten lassen sich die (geldwerten) Werbeanzeigen ableiten. Die dem Angeklagten zugewendeten oder für ihn bestimmten Buchgelder sind hingegen nicht bemakelt. Vielmehr hatten sie – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist – ihre Ursache in legalen Erstattungsverlangen nach § 675x Abs. 2 und 4 BGB, die die Mitangeklagten zur Begehung der Vortaten ausgenutzt haben. Das aufgrund dessen gutgeschriebene Buchgeld rührt mithin nicht aus einer rechtswidrigen Tat her und ist damit kein taugliches Geldwäscheobjekt im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. auch Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 261 Rn. 9 unter Hinweis auf den Sonderfall des Bestechungsgeldes; LK-Schmidt/Krause, StGB, 12. Aufl., § 261 Rn. 11; SSW-StGB/Jahn, 5. Aufl., § 261 Rn. 37).“

StGB III: Geldwäsche: Nicht nur Vorbereitung?, oder: Die sichere Kenntnis des Zivilanwalts und mehr

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Und zum Schluss des Tages dann noch zwei Entscheidungen zur Geldwäsche, und zwar:

Die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für eine  Strafbarkeit des Strafverteidigers nach § 261 Abs. 2 StGB erforderliche sichere Kenntnis von der bemakelten Herkunft des von ihm angenommenen Geldes ist auch für eine Strafbarkeit eines Rechtsanwalts in Zivilsachen erforderlich.

Voraussetzung für die Annahme einer Geldwäsche ist, dass die Tathandlung nicht lediglich die Vorbereitung einer späteren, noch gesondert herbeizuführenden Gefährdung darstellt. Allen Geldwäschehandlungen des § 261 Abs. 1 u. 2 StGB ist nämlich nach dem Wortlaut der Vorschrift gemein, dass ein aus einer qualifiziert rechtswidrigen Tat nach § 261 Abs. 1 S. 2 StGB stammender Gegenstand bei der Tathandlung schon vorhanden gewesen sein muss.

StGB III: Tatobjekt bei der Geldwäsche n.F., oder: Durch Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen?

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Und als letzte Entscheidung der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.05.2021 – 4 Ws 53/21 – zur Steuerhinterziehung und oder Geldwäsche. Das Fazit der Entscheidung: Durch Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen sind kein taugliches Tatobjekt im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 09.03.2021.

Auszugehen war von folgendem Sachverhalt:

„In dem gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts der Geldwäsche geführten Ermittlungsverfahren hat das Amtsgericht Saarbrücken auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 21. Dezember 2020 gemäß §§ 111e Abs. 1, 111j Abs. 1 StPO zur Sicherung der Vollstreckung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung des Wertes von Taterträgen einen Vermögensarrest in Höhe von 485.000 € in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschuldigten und der D. Immobilien GmbH, S., als Gesamtschuldner angeordnet. Zur Begründung des Verdachts der Geldwäsche ist in dem Beschluss ausgeführt, dass der Beschuldigte verdächtig sei, im Zeitraum von 2012 bis 2020 Geldbeträge aus Steuerhinterziehungen über sein Firmenkonsortium mit Firmen in der Schweiz in andere, bereits gelöschte Unternehmen verschoben zu haben, um diese Geldbeträge scheinbar zu legalisieren und die inkriminierten Vermögenswerte vor den Behörden zu verbergen, indem er Gewinne seines Unternehmens „J. Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG“ dadurch reduzierte, dass er Aufwendungen in Bezug auf Verbindlichkeiten zu seinem Unternehmen „T. AG“ in der Schweiz zum Schein generierte und damit seine Steuerpflicht verkürzte, sodann Geldbeträge aus der Steuerhinterziehung auf Konten der T. AG und der ebenfalls von ihm beherrschten „S. AG“ ? bei beiden Gesellschaften soll es sich um sogen. Domizilgesellschaften handeln ? transferierte und am 16.06.2020 einen Betrag von 485.000 € von der zu diesem Zeitpunkt bereits liquidierten S. AG an die ebenfalls bereits liquidierte D. Immobilien GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Liquidator er war, überwies.“

Das LG hat die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde des Beschuldigten verworfen. Er hatte beim OLG aber Erfolg:

„Der gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen weiteren Beschwerde kann der Erfolg in der Sache nicht versagt bleiben. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21. Dezember 2020, da die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vermögensarrestes gemäß § 111e Abs. 1 StPO nicht (mehr) vorliegen.

Nach § 111e Abs. 1 Satz 1 StPO kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden, wenn die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen. Die Anordnung des Vermögensarrestes setzt danach – neben einem erforderlichen Sicherungsbedürfnis (vgl. Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 111e Rn. 5) – voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme (im Sinne einer gewissen Wahrscheinlichkeit) begründen, dass die Voraussetzungen für eine spätere gerichtliche Anordnung der Wertersatzeinziehung vorliegen (vgl. Köhler, a.a.O., § 111e Rn. 4), mithin, dass ein einfacher Tatverdacht der Begehung einer Straftat besteht und Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Einziehung von Wertersatz in dem Urteil wegen der Tat oder im selbständigen Einziehungsverfahren (§ 76a StGB, §§ 435, 436 StPO) angeordnet werden wird (Köhler, a.a.O., § 111e Rn. 4; Hanseat. OLG Hamburg, Beschl. v. 26.10.2018 – 2 Ws 183/18, juris; KG Berlin, Beschl. v. 02.06.2020 – 4 Ws 21/20 -, juris).

Vorliegend besteht – anders als zum Zeitpunkt der Anordnung des Vermögensarrestes durch das Amtsgericht – der Verdacht eines Vergehens der Geldwäsche gemäß § 261 StGB nicht mehr. Das dem Beschuldigten in dem Vermögensarrest vorgeworfene Verhalten rechtfertigt nach der Neufassung des § 261 StGB durch das am 18.03.2021 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. 2021 Teil 1, S. 327 ff.) nicht mehr die Annahme, dass sich der Beschuldigte wegen Geldwäsche strafbar gemacht habe. Denn nach § 261 Abs. 1 StGB in der seit dem 18.03.2021 geltenden Fassung handelt es sich bei dem Betrag von 485.000 € nicht (mehr) um einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Vortat herrührt. Macht der Vortäter – wie es hier dem Beschuldigten vorgeworfen wird – gegenüber der Finanzbehörde falsche Angaben und erreicht hierdurch, dass gegen ihn ein zu niedriger Steuerbetrag festgesetzt wird, handelt es sich bei den insoweit ersparten Aufwendungen in Höhe des Verkürzungsbetrags nicht um „illegal erworbene“ Vermögenswerte, sondern lediglich um einen rechnerischen Vorteil im Gesamtvermögen, der zwar konkret bezifferbar ist, sich aber nicht in einem bestimmten, von diesem abtrennbaren Vermögensbestandteil niederschlägt (amtl. Begründung BT-Drs. 19/24180, S. 17 und 14/7471, S. 9; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 261 Rn. 11 m.w.N.). Um solche Vermögenswerte im Rahmen des Geldwäschetatbestands zu erfassen, sah § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB in der bis zum 17.03.2021 gültigen Fassung für bestimmte Delikte eine Erweiterung des Kreises der Tatobjekte gegenüber § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB vor und erstreckte ihn bei gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Steuerhinterziehung nach § 370 AO auch auf die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen. Diese Regelung ist in der seit dem 18.03.2021 gültigen Neufassung des § 261 StGB weggefallen. In der Gesetzesbegründung ist insoweit ausgeführt, dass wegen der mit dem Wegfall eines selektiven Vortatenkatalogs verbundenen erheblichen Ausweitung der Geldwäschestrafbarkeit an den bisher in § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB für bestimmte Steuerdelikte vorgesehenen Erweiterungen des Tatobjektsbegriffs nicht festgehalten werden soll (BT-Drs. 19/24180, S. 17). Der Wegfall des bisherigen § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB widerspreche auch nicht Art. 2 Nr. 1 Buchstabe q der Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (ABl. L 284 vom 12.11.2018), wonach Steuerstraftaten im Zusammenhang mit direkten und indirekten Steuern Vortat der Geldwäsche sein sollen, da es sich bei den durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen gerade nicht um Fälle von Geldwäsche nach den Vorgaben der Richtlinie oder der Financial Action Task Force (FATF) handele. Als geldwäscherelevant würden sowohl nach der Richtlinie als auch nach der Empfehlung 3 der FATF Vermögensgegenstände bezeichnet, die aus einer kriminellen Tätigkeit stammen bzw. Erträge aus Straftaten sind. Ersparten Aufwendungen fehlte aber genau dieser kriminelle Ursprung, denn es handele sich regelmäßig um legal erworbenes Vermögen, das wegen der Tat nur weiterhin in der Vermögensgesamtheit des Täters als rechnerischer Vorteil verbleibe. Damit werde er aber nicht zu einem tauglichen Geldwäscheobjekt (BT-Drs. 19/24180, S. 18).

Werden danach durch eine Steuerhinterziehung ersparte Aufwendungen durch § 261 StGB in der seit dem 18.03.2021 gültigen Fassung nicht mehr erfasst, führt dies vorliegend dazu, dass der Beschuldigte sich nach diesem Gesetz, das vorliegend gemäß § 2 Abs. 3 StGB als das mildeste Gesetz – hierunter ist auch ein Gesetz zu verstehen, nach dem die Tat straflos ist (vgl. BGHSt 20, 119; Fischer, a.a.O., § 2 Rn. 10) – anwendbar ist, nicht wegen Geldwäsche strafbar gemacht hat.

Da der Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch nicht berufen ist, dem angeordneten Vermögensarrest eine andere, in einem weiteren Strafverfahren verfolgte Tat, namentlich die im Verfahren 5 Js 16/20 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken verfolgten – bei Anordnung des Vermögensarrestes als Vortaten der Geldwäsche gewerteten – Taten der Steuerhinterziehung zugrunde zu legen, waren der angefochtene Beschluss und der – den Vermögensarrest anordnende – Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21. Dezember 2020 aufzuheben.“