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Verkehr II: Isolierte Sperre für eine Fahrerlaubnis, oder: Ungeeignet in Zusammenhang mit Führen eines Kfz

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Und die zweite Entscheidung kommt dann auch vom BGH. Der hat im BGH, Beschl. v. 31.01.2024 – 4 StR 205/23 noch einmal zu den Voraussetzungen für eine isolierte Sperrfrist (§ 69 StGB) Stellung genommen.

Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Ferner hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten nicht vor Ablauf von vier Jahren eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Hiergegen hat sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision gewendet. Das Rechtsmittel hatte hinsichtlich der Fahrerlaubnissperre Erfolg:

„Während der Schuld- und Strafausspruch sowie die Einziehungsentscheidung keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler aufweisen, kann die Anordnung einer Sperre gemäß § 69a Abs. 1 StGB nicht bestehen bleiben. Denn das Landgericht hat zum Verhalten des Angeklagten als Beifahrer einer Drogentransportfahrt keine Umstände festgestellt, die seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen belegen.

1. Eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB darf nur angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB vorliegen, die rechtswidrige Tat somit bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden ist und sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Tat muss damit in Beziehung stehen zu der Führung eines Kraftfahrzeugs durch den Täter oder zumindest einen anderen Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2023 – 4 StR 443/22 Rn. 5). Bei der Maßregelanordnung gegen einen Beifahrer sind besonders gewichtige Hinweise auf seinen Einfluss auf die Führung des Kraftfahrzeugs oder die Fahrweise zu fordern, aus denen sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2004 – 4 StR 585/03 Rn. 7 mwN).

2. Solche gewichtigen Hinweise auf die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen sind den Urteilsgründen zu Fall III.3 nicht zu entnehmen.

Zwar hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte als Beifahrer die gesondert verfolgte Fahrzeuglenkerin veranlasste, sich einer Polizeikontrolle durch Flucht vor dem Streifenwagen zu entziehen, um sich im Besitz der zum Handel bestimmten Betäubungsmittel zu erhalten. Diese überholte, wie vom Angeklagten beabsichtigt, das Halt gebietende Polizeifahrzeug und durchfuhr mit überhöhter Geschwindigkeit eine Baustelle, überholte rechts und links andere Verkehrsteilnehmer, überfuhr eine rot anzeigende Lichtzeichenanlage und verlor in einem Kreisverkehr die Kontrolle über das Fahrzeug. Jedoch ist ein über die Aufforderung zur Flucht hinaus gehender Einfluss des Angeklagten auf die Fahrweise der gesondert Verfolgten bei der anschließenden Fahrt in einer Weise, die seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen belegen könnte, nicht festgestellt. Über seine bloße Absicht zur riskanten Fahrweise hinaus lässt sich eine derartige Einwirkung des Angeklagten den Urteilsgründen auch in ihrem Zusammenhang nicht entnehmen.“

Drogen III: Amphetamin im Überraschungsei, oder: Schöne Überraschung

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Und zum Abschluss des Tages dann noch eine Drogenentscheidung, die von einem OLG stammt. Es handelt sich um den OLG Köln, Beschl. v. 21.02.2017 – 1 RBs 361/16 – mit einer verfahrensrechtlichen Problematik, die in BtM-Verfahren, die ihren Ausgang im Straßneverkehr genommen haben, immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die Frage des Strafklageverbrauchs.

So auch hier: Das AG stellt fest, dass der Betroffene am 31.07.2015 seinen PKW unter dem Einfluss von Amphetamin geführt hat. der Betroffene ist im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle angehalten worden; hierbei wurde ein mit Amphetamin gefülltes Überraschungsei aufgefunden. Durch ein weiteres, rechtskräftiges Urteil ist der Betroffene außerdem wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt worden, wobei diese Tat ebenfalls am 31.07.2015 begangen wurde. Gegen das im Bußgeldverfahren ergangene Urteil mit dem Verstoß gegen § 24a Abs. 2 StVG hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Diese hatte beim OLG Köln Erfolg:

Das OLG beanstandet, dass das Amtsgericht- was bereits auf die erhobene Sachrüge beachtlich ist (vgl. BGH NStZ 2010, 160; BGH NStZ 1999, 38) – die Erörterung der Frage unterlassen habe, ob der Verurteilung des Betroffenen das dauernde Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs entgegensteht. Und dazu weist das OLG auf Folgendes hin::

„bb) Nach diesen Maßstäben geht die Rechtsprechung in den Fällen des Zusammentreffens von Betäubungsmittelbesitz und Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss berauschender Mittel vom Vorliegen zweier Taten im prozessualen Sinne dann aus, wenn beide ohne innere Beziehung zueinander stehen, der Drogenbesitz gleichsam nur “bei Gelegenheit” der Fahrt stattfindet (BGH NStZ 2004, 694 = StV 2005, 256; SenE v. 09.05.2014 – III-1 RVs 49/14; SenE v. 09.02.2007 – 83 Ss 1/07 -; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 154; KG NStZ-RR 2012, 155 = NZV 2012, 305; OLG Braunschweig Urt. v. 10.10.2014 – 1 Ss 52/14 bei Juris Tz. 21; zust. König/Seitz DAR 2012, 362). Ein innerer Zusammenhang zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung berauschender Mittel bei gleichzeitigem Mitsichführen von Betäubungsmitteln wird indessen angenommen, wenn die Fahrt den Zweck verfolgt, den Drogenbesitz aufrechtzuerhalten bzw. abzusichern, also dazu dient, die Betäubungsmittel zu transportieren, zu finanzieren, an einen sicheren Ort zu bringen, sie zu verstecken oder dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Maßgeblich ist demnach eine Finalbeziehung von Fahrt und Drogenbesitz (vgl. BGH NStZ 2012, 709; BGH DAR 2012, 390; BGH NStZ 2009, 705; BGH NStZ 2004, 694 = StV 2005, 256; SenE v. 28.06.2016 – III-1 RBs 181/16; SenE v. 09.05.2014 – III-1 RVs 49/14 -; s. zum Verhältnis von BtM-Delikt und Fahren ohne Fahrerlaubnis SenE v. 14.02.2017 – III-1 RVs 294/16 m. w. N.).

Eine diesbezügliche Erörterung drängte sich hier jedenfalls deswegen auf, weil die Zeugin M. ausweislich der Urteilsgründe angegeben hatte, bei der Kontrolle des Betroffenen sei in dessen Auto ein mit Amphetamin gefülltes Überraschungsei aufgefunden; insoweit sei – wie dies im Übrigen gängiger Praxis entspricht – eine gesonderte Strafanzeige gefertigt worden.“

Es ist dann, nachdem das OLG die Strafakten beigezogen hat, in diesen aber nichts abschließend festsllen konnte, zurückverwiesen worden, denn:

„cc) Weitergehende Erkenntnismöglichkeiten bestehen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht; deren Ausschöpfung muss vielmehr einer erneuten tatrichterlichen Hauptverhandlung vorbehalten bleiben. Das entspricht der in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Annahme, dass es in Fällen wie dem vorliegenden, in welchen es für die Frage des Bestehens eines Verfahrenshindernisses auf den genauen Tathergang ankommt, die entsprechenden Feststellungen den Regeln des Strengbeweises unterliegen (BGHSt 46, 349 – bei Juris Tz. 10; SenE v. 18.08.1987 – Ss 293/87; Löwe/Rosenberg-StPO-Stuckenberg, 26. Auflage 2008, § 206a Rz. 64 aE; s. a. SK-StPO-Velten, 5. Auflage 2016, § 267 Rz. 64 f.). Dabei wird zu beachten sein, dass das Tatgericht schon grundsätzlich nicht gehalten ist, zu Gunsten eines Angeklagten Sachverhaltsvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (BGH NJW 2003, 2179 w. Nachw.; BGH NStZ 2009, 285). Dieser Grundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses. Insofern reichen bloß theoretische, nur denkgesetzlich mögliche Zweifel nicht aus; sie müssen sich vielmehr auf konkrete tatsächliche Umstände gründen und – nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten – unüberwindbar sein (BGHSt 46, 349 – bei Juris Tz. 9; BGH NStZ 2010, 160).“

Also: Auf ein Neues. Oder: Schöne Überraschung