Schlagwort-Archive: Fristende

Wenn eine (Rechtsmittel)Frist an Heiligabend endet, oder: Ist der 24. Dezember ein allgemeiner Feiertag?

© by-studio – Fotolia.com

Heute dann im Kessel Buntes zunächst eine E ntscheidung aus einem familienrechtlichen Verfahren. Keine Angst, es ist kein Familienrecht i.e.S., sondern die Entscheidung beantwortet eine Frage, die in allen Verfahren eine Rolle spielen kann. Nämlich die Frage: Ist der 24.12. – also Heiligabend – ein (allgemeiner) Feiertag, mit der Folge, dass eine Frist, die an sich am 24.12. endet, z.B. nach § 43 Abs. 2 StPO erst am nächsten Werktag endet, also frühestens am 27.12.?

Das OLG Frankfurt am Main hat diese Frage im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 17.03.2022 – 5 UF 184/21 – verneint:

„Vorliegend erfolgte die Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses ausweislich des zur Akte gelangten Empfangsbekenntnisses am 24.11.2021. Die Beschwerdefrist endete daher, wie sich aus § 16 Abs. 2 FamFG, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB ergibt, mit Ablauf des 24.12.2021, einem Freitag.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass das Fristende auf Heiligabend fiel. Nach § 222 Abs. 2 ZPO endet zwar eine Frist erst mit dem Ablauf des nächsten Werktags, wenn das Fristende auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Bei Heiligabend handelt es sich jedoch nach § 1 HFeiertagsG v. 29.12.1971 nicht um einen allgemeinen Feiertag. Die in vielen Branchen verbreitete, allerdings nicht gesetzlich fundierte Praxis, diesen Tag als arbeitsfrei zu behandeln, führt angesichts des eindeutigen Wortlauts der Norm nicht zu einer Gleichstellung mit einem gesetzlichen Feiertag oder einem Samstag. Etwas anderes hätte der Gesetzgeber klarstellen müssen, was unterblieben ist, so dass auch für eine Analogie kein Raum ist (Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Auflage 2022, § 222 Rn. 1; vgl. unter Bezugnahme auf andere Landesgesetze: VGH Mannheim, Beschluss vom 07.02.2022, Az. A 3 S 3934/21, zit. n. juris; OVG Hamburg NJW 1993, 1941; zu § 193 BGB vgl. OLG Celle NJW-RR 1996, 372).

Bei Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht Offenbach am Main als dem Ausgangsgericht der angefochtenen Entscheidung am 27.12.2021 war die Frist zur Einlegung der Beschwerde damit bereits abgelaufen.“

Die Freizeitsperre – auf die Stunde kommt es an…

© chris52 – Fotolia.com

Zwischen dem Insassen einer JVA und der JVA bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, wann eine gegen den Insassen verhängte Disziplinarmaßnahme endet. Gegen ihn war mit Verfügung vom 26.03.2013 gemäß § 103 Abs. 1 Ziff. 4 Strafvollzugsgesetz eine Freizeitsperre von vier Wochen als Disziplinarmaßnahme verhängt worden, weil er illegale Drogen (THC) konsumiert hatte. Diese Disziplinarmaßnahme wurde seit dem 27.03.2013 vollzogen. Der Insasse meinte, dass das Ende der Freizeitsperre am 24.04.2013 um 16:00 Uhr erreicht sei. Nachdem im auf seine Anfrage von den Mitarbeitern der JVA erklärt worden ist, die Freizeitsperre ende erst am 24.04.2013 um 24 Uhr, hat er mit Schriftsatz vom 17.04.2013 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zum Ende der Freizeitsperre und zur Anwendung des § 43 StPO hat sich der LG Kleve, Beschl. v. 24.04.2013, 161 StVK 26/13 – geäußert.

„Die Kammer ist der Auffassung, dass eine Freizeitsperre, bei der es sich um eine Disziplinarmaßnahme nach § 103 Abs. 1 Nr. 4 StVollzG handelt, höchstens für die Dauer der Zeit vollzogen werden kann, für die sie auch angeordnet worden ist. Ein Zeitraum von vier Wochen, der zu einer bestimmten Stunde am 27. März zu laufen beginnt, endet danach am 24. April zur gleichen Stunde. Ein darüber hinausgehender Vollzug ist rechtswidrig, weil für diesen „überschießenden“ Vollzug eine Rechtsgrundlage nicht besteht. Die Vollzugsbehörde, die eine nach Wochen bestimmte Sanktion verhängt hat, muss sich am Wortlaut ihrer Entscheidung festhalten lassen, die für alle am Disziplinarverfahren beteiligten Stellen und Personen verbindlich ist.

Der Antragsgegner kann sich für seine Auffassung nicht auf die Vorschriften über die Fristberechnung, die in verschiedenen Gesetzen enthalten sind, berufen. Das Strafvollzugsgesetz selbst enthält eine Vorschrift über die Berechnung der Dauer von zeitlich befristeten Disziplinarmaßnahmen nicht. Soweit § 120 Abs. 1 StVollzG anordnet, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung, die in ihren §§ 42 und 43 Regelungen über Fristberechnungen trifft, entsprechend anzuwenden sind, gilt dies, wie sich aus der Stellung des § 120 StVollzG im 14. Titel des Zweiten Abschnitts des Strafvollzugsgesetzes ergibt, allein für das System der Rechtsbehelfe und hier insbesondere für das gerichtliche Verfahren über Anträge auf gerichtliche Entscheidung. Darüber hinaus passen die §§ 42, 43 StPO ebenso wenig wie die entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über Fristen und ihre Berechnung (vgl. dazu §§ 186 bis 193 BGB) auf die Berechnung der Dauer zeitlich bestimmter Sanktionen, die für den Betroffenen mit einem Nachteil verbunden sind.

Die §§ 42, 43 StPO treffen Bestimmungen über prozessuale Frist, d. h. über Fristen, die im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu beachten sind. Innerhalb dieser Fristen muss derjenige, der von ihnen betroffen ist oder dem sie gesetzt worden sind, eine Handlung vornehmen oder darf dies nicht tun. Soweit die Anwendung der genannten Vorschriften dazu führt, dass eine Frist über den Zeitraum hinausreicht, für den sie nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und/oder den Regeln der Mathematik bestimmt ist, beruht dies auf Gründen der Praktikabilität und führt dazu, dass demjenigen, der die Frist beachten muss, ein Vorteil eingeräumt wird, den er bei genauer Berechnung nicht hätte. So führt § 43 Abs. 1 StPO bei Geltung einer nach Wochen bestimmten Frist dazu, dass diese Frist mit Ablauf des Tages endet, der seiner Zahl oder Benennung demjenigen entspricht, an dem sie begonnen hat; § 43 Abs. 2 StPO sieht darüber hinaus eine Verlängerung der Frist über mehrere Tage hinweg vor.

Diese Folge wäre indes für eine Disziplinarmaßnahme, wie sie hier im Raum steht, unpassend. Sie führt nämlich für den Antragsteller nicht zu einer Vergünstigung. Der Antragsteller würde vielmehr benachteiligt. Eine Disziplinarmaßnahme greift stets in die Rechte des Gefangenen ein. Nach allgemeinen Grundsätzen darf sie daher nur verhängt werden, wenn das Gesetz es vorsieht und wenn das bei der Verhängung zu beachtende Verfahren eingehalten worden ist, und nur so lange vollzogen werden, wie es angeordnet worden ist. Für die Fristberechnung muss in einem solchen Fall die dem von der Maßnahme Betroffenen günstigste Art und Weise gelten. Dies ist hier die stundengenaue Ermittlung der Dauer, wobei ab dem Zeitpunkt zu rechnen ist, ab dem die Maßnahme vollzogen wird.“

Es kommt also auf die Stunde an.