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Ta-Tü-Ta – hier komme ich: Die Fahrt des Privaten mit Blaulicht….

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Amtsanmaßung, also § 132 StGB, durch Fahrt mit blauem Blinklicht? Die Frage stellte sich in Berlin in einem Verfahren beim AG Tiergarten. Umfangreiche tatsächliche Feststellungen hatte das AG nicht getroffen. Es war davon ausgegangen, dass der Angeklagte mit einem W-Bus die Bundesautobahn A 111 innerstädtisch befahren und dabei ein im Frontbereich des Fahrzeuges installiertes Blaulicht in Gang gesetzt zu hatte, um sich freie Fahrt zu verschaffen, obwohl ihm klar gewesen sei, dass dies nur in hoheitlicher Funktion erfolgen konnte. Darin hatte die Staatsanwaltschaft eine Amtsanmaßung gesehen. Das AG hat den Angeklagten aus rechtlichen Gründen frei gesprochen, weil aus dem Einsatz von Blaulicht nicht gefolgert werden könne, dass der Angeklagte sich als Hoheitsträger geriert habe, da das Setzen von Blaulicht nicht nur Hoheitsträgern überlassen und das Handeln des Angeklagten damit mehrdeutig gewesen sei.

Das hat dem KG nicht gereicht. Das  KG, Urt. v. 09.01.2013 – (4) 121 Ss 247/12 (304/12) – hat das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben. Es vermisst  eststellungen zu Zeit, Ort und Umständen der Fahrt, zu Art und Aussehen des Fahrzeugs, zu Form und Einsatzweise des blauen Blinklichts und zu den Auswirkungen seines Einsatzes auf etwaige andere Verkehrsteilnehmer fehlen.

„Solche Feststellungen waren auch nicht deshalb ausnahmsweise entbehrlich, weil eine Verurteilung wegen Amtsanmaßung in keinem Fall in Betracht gekommen wäre. Zwar geht der Tatrichter zutreffend davon aus, dass nach § 52 Abs. 3 StVZO auch Kraftfahrzeuge mit Kennleuchten für blaues Blinklicht – als Rundumlicht (Satz 1) bzw. mit Hauptabstrahlrichtung nach vorne (Satz 2) – ausgestattet sein können, deren Halter privatrechtlich organisiert sind, und dass folglich auch Private blaues Blinklicht unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 StVO einsetzen. Dies rechtfertigt jedoch ohne nähere Würdigung der – nicht festgestellten – Umstände des Einzelfalls nicht die generelle Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Amtsanmaßung.

 Im – hier allein in Betracht kommenden – Fall der Amtsanmaßung nach der 2. Alternative des § 132 StGB ist strafbarkeitsbegründend die Vornahme einer Handlung, die nur der Inhaber eines öffentlichen Amtes vornehmen darf. Es kommt darauf an, ob die vorgenommene Handlung im Rahmen der sie begleitenden Umstände bei einem objektiven Betrachter den Anschein hoheitlichen Handelns hervorruft und deswegen mit einem solchen Handeln verwechselbar ist. Erfasst werden auch Handlungen, die zwar auch von Privatpersonen vorgenommen werden dürfen, aber unter äußeren Umständen erfolgen, die sie als Ausübung hoheitlichen Handelns erscheinen lassen und deshalb den Anschein einer Amtshandlung hervorrufen (vgl. BGHSt 40, 8 (13); Krauß in LK-StGB 12. Aufl., § 132 Rdn. 28 f.). Die Tatsache, dass auch Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen blaues Blinklicht einsetzen dürfen, ist für sich allein daher nicht geeignet, den Tatbestand einer Amtsanmaßung auszuschließen. Der Tatrichter hätte insoweit berücksichtigen müssen, dass der überwiegende Teil der nach § 52 Abs. 3 StVZO mit Kennleuchten für blaues Blinklicht ausgestatteten, zu Einsatzfahrten nach § 38 Abs. 1 und 2 StVO berechtigten Fahrzeuge im Rahmen hoheitlichen Handelns eingesetzt wird und daher der erste Anschein auch aus Sicht eines objektiven Betrachters für ein solches Handeln spricht. Er hätte weiter Feststellungen dazu treffen müssen, ob das von dem Angeklagten genutzte Fahrzeug seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Anschein eines Unfallhilfswagens der Verkehrsbetriebe (x) als des in xx tätigen öffentlichen Verkehrsbetriebs oder des Fahrzeugs einer nach § 5 Rettungsdienstgesetz Berlin im Rahmen von Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports tätigen Hilfsorganisation oder anderen privaten Einrichtung und damit einer nicht im Rahmen hoheitlichen Handelns erfolgenden Einsatzfahrt zu erwecken geeignet war oder aber nach Form und Farbe gerade Ähnlichkeit mit einem Einsatzfahrzeug z.B. der Polizei oder Feuerwehr aufwies und damit den Eindruck hoheitlichen Handelns noch verstärkte. Wäre der Tatrichter zu dem Ergebnis gekommen, dass das Fahrzeug des Angeklagten insoweit das neutrale Erscheinungsbild eines Privatwagens vermittelt, so hätte er erwägen müssen, dass die Anbringung von Kennleuchten für blaues Blinklicht an einem Privatwagen für einen objektiven Betrachter den Eindruck erwecken kann, es handele sich um ein Zivilfahrzeug der Polizei, das das Blinklicht im Rahmen einer Einsatzfahrt und damit hoheitlichen Handelns verwendet.“