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„Wege durch den Knast“ gibt es in Berlin nicht, oder: Hieß das Buch vielleicht „Wege aus dem Knast“?

entnommen wikimedia.org
Author Denis Barthel

Heute dann mal eine bunte Mischung, quasi ein „Kessel Buntes“ mitten in der Woche :-).

Den Auftakt mache ich mit dem KG, Beschl. v. 17.11.2017 – 2 Ws 99/17 Vollz. Es geht um die Einbringung eines Buches mit dem Titel „Wege“ durch den Knast und dessen Aushändigung an einen Strafgefangenen in der JVA Tegel. Wenn man das so liest, fragt man sich, ob der KG, Senat sich nicht mit dem Titel vertan hat und das Buch doch vielleicht „Wege aus dem Knast“ geheißen hat. Das würde nach der Ausbruchswelle in Berlin jedenfalls passen. Die JVA wusste auch, womit zu rechnen war. Nämlich dass, das Buch die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gefährdet und deshalb nicht ausgehändigt werden darf. Begründung – auch der StVK: „Die eingehende Lektüre des Buches ergäbe, dass dieses nicht lediglich in einer vollzugskritischen Weise (rechtliche) Informationen vermittele, sondern dass es vielmehr erhebliche vollzugsfeindliche Tendenzen beinhalte, die geeignet seien, eine Oppositionshaltung bei Gefangenen herbeizuführen. Eine Vielzahl von Textstellen, die sich durch die Kapitel des Buches hindurch ziehe, belege diese Haltung:…“

Das KG hat sich der Auffassung angeschlossen:

„Nach diesen Maßstäben erweist sich die Annahme der Vollzugsbehörde, das Buch „Wege durch den Knast“ gefährde die Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie die Erreichung des Vollzugsziels als tragfähig.

Die Vollzugsbehörde hat sich mit dem Inhalt des streitgegenständlichen Buches auseinandergesetzt und ist insoweit von einem ordnungsgemäß ermittelten Sachverhalt ausgegangen. Da das StVollzG Bln – anders als das Strafvollzugsgesetz des Bundes – keine spezielle Regelung für Bücher zur Fortbildung oder Freizeitbeschäftigung enthält, hat die Vollzugsanstalt das streitgegenständliche Buch auch zu Recht als Gegenstand im Sinne der §§ 50 bis 52 StVollzG Bln betrachtet. Anhaltspunkte dafür, dass die Vollzugbehörde den Begriff der Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt oder der Erreichung des Vollzugszieles unzutreffend ausgelegt oder bei der von ihr vorgenommenen Gefährdungsprognose die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraumes überschritten hat, sind nicht ersichtlich.

Die im Beschluss der Strafvollstreckungskammer festgestellten Textpassagen weisen nach Inhalt und Zielsetzung eine gegen den Wiedereingliederungsauftrag gerichtete sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdende Tendenz aus. Sie sind geeignet, sowohl beim Beschwerdeführer, als auch bei anderen Gefangenen eine massive Oppositionshaltung gegenüber dem Strafvollzug sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Vollzugsanstalt hervorzurufen, zu verfestigen oder zu verstärken.

Dies ergibt sich bereits eindeutig aus der im Vorwort umrissenen Intention der Autoren, für eine „Welt ohne Knäste“ und damit gegen jegliche Form des Strafvollzuges einzutreten.  Die in diesem Zusammenhang gewählte konfrontative Diktion, die insbesondere durch wiederholte Verwendung des Wortes „Kampf“ hervortritt, zieht sich auch durch die weiteren von der Strafvollstreckungskammer dargestellten Textpassagen und gibt dem Buch damit ein insgesamt vollzugsfeindliches Gepräge. Die in den Passagen vielfach enthaltenen despektierlichen Äußerungen über Vollzugsbedienstete oder im Vollzug tätige Ärztinnen und Ärzte schüren zudem pauschale Ressentiments gegenüber den an der Erreichung des Vollzugszieles mitarbeitenden Personen und verstärken gleichzeitig bei den Gefangenen bestehende Feindbilder. All dies birgt die Gefahr, dass sowohl der Beschwerdeführer, als auch andere Gefangene veranlasst werden, sich von der Mitarbeit an Maßnahmen der Resozialisierung abzukehren, eine feindselige Haltung gegenüber dem Vollzug, aber auch gegenüber anderen gesellschaftlichen Zwängen („Unterdrückung“) zu entwickeln und das Vollzugsziel eines künftig straffreien Lebens dadurch verfehlen. Soweit das Buch über Möglichkeiten zur Manipulation von Urinkontrollen und über „alternative Konsumformen“ hinsichtlich verschiedener Drogen informiert, begründet eine solche unverhohlene Anleitung zur Unterminierung der anstaltsinternen Drogenfreiheit eine offensichtliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in der Vollzugsanstalt.

Da sich vollzugsfeindliche Ausführungen und destruktive Handlungsanleitungen über das ganze Buch verteilen, ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Vollzugbehörde im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes das gesamte Buch und nicht nur einzelne Passagen als gefährdungsgeeignet eingestuft hat.“

„Rheingold! Reines Gold“, oder: Andere schreiben Anderes, vielleicht Besseres

Vom Autor erhalten

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Ich hatte vorhin ja in dem Beitrag zum LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 09.11.2015 – 2 Qs 107/15 (dazu Das „beschlagnahmte Handy“ des Rechtsanwalts, oder: „Steine statt Brot“) angekündigt, dass ich auf den Kollegen, der den Beschluss des LG erstritten hat und erleiden muss, noch einmal zurückkomme. Das aber aus einem ganz anderen Anlass.

Die Mail, mit der der Kollege Th. Scheffler aus Bad Kreuznach nach dem Interesse an dem Beschluss gefragt hatte, hatte noch einen weiteren Absatz, nämlich:

„Und dann noch etwas: Ich schreibe zum Zeitvertreib Krimis. Mein 5. Fall (Rheingold! Reines Gold) ist gerade erschienen, den würde ich Ihnen gerne zukommen lassen. Gewissermaßen als kleines Dankeschön. Wie wäre da die Anschrift? Verlag? Kanzlei? Borkum? Münster? Ich vermute mal, Sie bekommen Massen an Zusendungen und ich möchte zumindest nicht da landen, wo ein Sekretariat vorsortiert und wegwirft.“

Übwer das Angebot habe ich mich mindestens ebenso gefreut wie über den LG-Beschluss. Ich habe daher hurtig mein Interesse bekundet – eine Stelle, „wo ein Sekretariat vorsortiert und wegwirft“ gibt es hier übrigens nicht, hier wird alles gelesen und i.d.R. auch beantwortet – und inzwischen ist das Werk auch da. Gelesen habe ich es noch nicht – dafür ist es zu frish. Aber der Klappentext macht neugierig, wenn es da u.a. heißt:

„Landesnervenklinik Alzey, geschlossene Abteilung. Eine Frau wird hier seit Jahren zu Unrecht festgehalten. Der Auftakt zu einer Inszenierung, in der die Darsteller ihre wahren Rollen hinter Masken verbergen.

Ein Fehlurteil dient als Libretto, ein Wiederaufnahmeverfahren als Partitur, wenn aus dem Orchestergraben einer korrupten Justiz Melodien von tödlicher Falschheit erklingen. Wo endet die Realität, wo beginnt der Wahn? …..

Auf der Suche nach dem Leitmotiv wandelt der Protagonist durch Kreuznachs Gassen, durch Mainzer Gerichtsflure – und durch wagnerianische Stabreime. Es bedarf bester Naheweine, bis er das Stück versteht, das ihm geboten wird. Denn wirr und kraus kreist die Welt um Mord und Totschlag, Freundschaft und Verrat, Rheingold und Götterdämmerung. Bis endlich der Vorhang fällt und der Regisseur aus dem Hintergrund auf die Bühne dieses Krimis tritt.“

Ich bin gespannt. Gespannt bin ich auch den Nahewein, von dem der Kollege noch zwei Flaschen beigepackt hatte :-), herzlichen Dank. Ich bewundere den Kollegen schon jetzt. Denn das ist doch was ganz anderes als Bücher mit trockenem juristischen Verfahrensrecht.

Nähere Infos zu dem Werk dann hier oder hier. So und dann jetzt (Fremd)Werbemodus aus 🙂 .