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Starke Worte vom BGH: „Nicht nachvollziehbare“ Strafzumessung

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Revisionsgerichte formulieren in der Regel „vorsichtig“. Aber manchmal eben auch nicht bzw. manchmal kann man aus bestimmten Formulierungen ableiten, was das Revisionsgericht von dem angefochtenen Urteil, dessen Richtigkeit es überprüft hat, hält. Nämlich, (teilweise) nichts bzw. nicht viel. Das kann man m.E. aus dem BGH, Beschl. v. 27.07.2016 – 1 StR 336/16 – ableiten, in dem sich der 1. Strafsenat zu einem Urteil des LG Hof, geäußert hat, das den Angeklagten wegen bewaffneter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt hat.

Mit dem Schuldspruch hatte der 1. Strafsenat des BGH keine Probleme. Insoweit hat er die Revision (nach § 349 Abs. 2 StPO) als unbegründet verworfen. Aber beim Rechtsfolgenausspruch. Da hat es – ganz gehörig – gehapert. Denn dazu führt der BGH aus:

2. Der Strafausspruch erweist sich allerdings als rechtsfehlerhaft. Auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs hält die Begründung der Ablehnung eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der Angeklagte über den ehemaligen Grenzübergang S. nach Deutschland, wobei er 13,99 Gramm Methamphetamin in seinem Darm inkorporiert einführte. Auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs befand sich griffbereit in einem Rucksack ein in der Tschechischen Republik erworbenes Pfefferspray, das nicht über das erforderliche PTB-Prüfzeichen verfügte. Dabei war ihm bewusst, dass dieses Pfefferspray in Deutschland verboten und zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt war.

b) Die Versagung eines minder schweren Falls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Urteil vom 11. März 2015 – 2 StR 423/14, NStZ-RR 2016, 110 mwN).

So stellt das Landgericht eine Vielzahl gravierender, zu Gunsten des Angeklagten sprechender, schuldmindernder Gesichtspunkte fest, u.a. dass er vollumfänglich geständig ist, sich reuig und schuldeinsichtig gezeigt hat, die erworbenen Betäubungsmittel lediglich zum Eigenkonsum dienen sollten und er als Konsument unter erheblichem Suchtdruck stand, der Grenzwert der nicht geringen Menge nur um das 1,9-fache überschritten wurde, die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten und nicht in den Verkehr gelangten sowie vor allem auch, dass dem Pfefferspray im Vergleich zu anderen Waffen eine weitaus mindere Gefährlichkeit innewohnt.

Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht neben einigen Vorstrafen nur das hier gerade wenig belastende „gesamte Tatbild“ berücksichtigt (UA S. 29). Angesichts des Umfangs und Gewichts der vom Landgericht zugunsten des Angeklagten angeführten gravierenden Milderungsgründe, denen hier nur wenig bedeutsame Strafschärfungsgründe gegenübergestellt wurden, ist es für das Revisionsgericht nicht nachvollziehbar, weshalb dem Angeklagten die Annahme eines minder schweren Falles versagt worden ist.“

„Nicht nachvollziehbar“ – das sind eben schon starke Worte. Und m.E. zu Recht. Denn: Sechs Jahre Freiheitsstrafe für „13,99 Gramm Methamphetamin“ das ist schon ein „Hammer“, auch wenn man die Vorstrafen des Angeklagten nicht kennt. Vorsichtiger ausgedrückt als der BGH: In meinen Augen „leicht übersetzt“. < Ironie aus >. Aber vielleicht liegt es ja daran, dass das LG-Urteil aus Bayern kommt?