Schlagwort-Archive: Antragsrecht

Klageerzwingung I: Der Erbe als Antragsteller?

© reeel - Fotolia.com

© reeel – Fotolia.com

In meinem Blogordner haben sich einige Entscheidungen zum sog. Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) 2 angesammelt, die ich heute dann mal posten will. Zum Aufwärmen 🙂 zunächst der OLG Bamberg, Beschl. v. 17.12.2015 – 3 Ws 47/15, der sich zur Antragsbefugnis des Erben und Pflichtteilsberechtigten im Klageerzwingungsverfahren verhält. Dazu schreibt das OLG die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung in der Frage noch eimal fest, was es in folgenden Leitsätzen festgehalten hat:

  1. Als zur Antragstellung berechtigter „Verletzter“ i.S.v. § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO kann nur derjenige angesehen werden, der durch die behauptete Straftat – ihre Begehung unterstellt – in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen unmittelbar beeinträchtigt ist (u.a. Festhaltung an OLG Bamberg, Beschl. v. 07.10.2008 – 3 Ws 60/08 = OLGSt StPO § 172 Nr. 47 und OLG Stuttgart Justiz 2010, 309).
  2. Der Erbe eines durch ein Vermögens- oder Eigentumsdelikt Geschädigten ist weder unmittelbar Verletzter i.S.v. § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO noch geht das höchstpersönliche Antragsrecht nach § 172 II StPO durch Erbfall auf ihn über. Dies gilt erst recht für den Inhaber eines lediglich schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruchs gegenüber dem Erben (u.a. Anschluss an OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.12.2008 – 1 Ws 208/08 und v. 30.09.2008 – 1 WS 147/08 [bei juris]; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.05.2006 – 2 Ws 155/06 = SchlHA 2007, 286 und OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.01.1994 – 2 Ws 396/93 = wistra 1994, 155).

Ein Schritt zurück beim BGH, oder: Die StA wird es schon richten

© pedrolieb -Fotolia.com

© pedrolieb -Fotolia.com

M.E. einen Schritt zurück macht die Ermittlungsrichterin des 3. Strafsenats des BGH im BGH, Beschl. v. 09.09.2015 – 3 BGs 134/15, und zwar einen Schritt zurück hinter den BGH, Beschl. v. 05.02.2002 – 5 StR 588/01. Es geht um die Frage, ob dem Beschuldigten im Ermittlungsverfahren ein (eigenes) Antragsrecht auf Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 bis 3 StPo zusteht. Das wird von der Ermittlungsrichterin kategorisch verneint, was sich schon aus dem Leitsatz ihrer Entscheidung ergibt:

„Dem Beschuldigten steht kein Antragsrecht auf Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 bis 3 StPO zu. Eine solche setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft zwingend voraus.“

Der BGH, nun, sagen wir lieber: die Ermittlungsrichterin bezieht also klare Position in der in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittenen Frage. Begründet wird das mit dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 StPO und den Zuständigkeitsregelungen. Und mit dem Argument: Die StA ist im Ermittlungsverfahren „Herrin des  Verfahrens“, sie ist zur Objektivität verpflichtet und wird es daher schon richten, da sie ja ggf. nach § 141 Abs. 3 Satz 2 StPO tätig werden muss Ob das Argument heute noch zieht, kann man m.E. bezweifeln, wenn man manche Verfahren sieht und auch hört, wie in manchen Verfahren von der Staatsanwaltschaft agiert wird.

M.E. stellt man durch die Verneinung eines eigenen Antragsrechts den Beschuldigten in der Phase auch schutzlos. Denn er hat, wenn sein Antrag unzulässig ist, kein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft bzw. kann nicht (gerichtlich) überprüfen lassen, wenn diese nicht nach § 142 Abs. 3 Satz 2 StPO tätig wird.

Wie geht man als Verteidiger mit der Entscheidung um? Nun, sie ist m.E. nicht der Weisheit letzter Schluss, da sie „nur“ vom Ermittlungsrichter kommt. Jedenfalls ist aber die Diskussion wieder eröffnet und man darf gespannt sein, wie sich ggf. demnächst die Senate positionieren. Als Verteidiger würde ich für den Mandanten ein Antragsrechts reklamieren und den Antrag stellen. Die Rechtsprechungs-Nachweise in der Entscheidung zeigen, dass die Instanzgerichte das teilweise ja auch anders gesehen haben als der BGH. Man darf dann auch gespannt sein, wie die sich nun positionieren.

Aufgepasst bei der Pflichtverteidigerbestellung – nie im eigenen Namen!!!!!

OLG München, Beschl. v.13.01.2012 – 1 Ws 25/12 gibt Anlass zu einem warnenden Hinweis hinsichtlich des Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung und der Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiordnung des Pflichtverteidigers.

Das OLG München hat nämlich in seinem Beschluss ausgeführt, dass sowohl eine entsprechende Beschwerde des Verteidigers als auch schon der Beiordnungsantrag „unzulässig“ gewesen sei, da er nicht im Namen des Beschuldigten gestellt sei, sondern offensichtlich im Namen des Rechtsanwalts. Der habe aber weder ein eigenes Antrags- noch ein Beschwerderecht. Also: Im Antrag bzw. in der Beschwerde deutlich machen, dass diese im Namen des Mandanten gestellt werden.

Das OLG hat zudem die Frage der rückwirkenden Beiordnung behandelt. Insoweit „alter Wein in neuen Schläuchen“, wobei die Besonderheit bestand, dass der Antrag erst nach Eintritt der Rechtskraft gestellt war.