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1, 33 o/oo BAK – kein Schadensersatz, also „teures Kölsch“.

© roostler - Fotolia.com

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Vielleicht gar nicht so selten ist der Sachverhalt, der dem AG Köln, Urt. v. 20.05.2014 – 272 C 20/14 – zugrunde gelegen hat. Nach einem Verkehrsunfall in Köln wurde Schadensersatz verlangt. Grundlage war folgendes Verkehrsgeschehen:

„Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs befuhr mit Abblendlicht gegen 23.55 Uhr die Heinrichstraße. Das Beklagtenfahrzeug stand in Höhe der Hausnummer 13 entgegen der Fahrtrichtung und ohne Beleuchtung am – aus Sicht des Klägerfahrzeugs – rechten Straßenrand im absoluten Halteverbot, und zwar halb auf dem Gehweg und halb auf einem mit einer unterbrochenen Leitlinie von der Fahrbahn getrennten, sich auf der Straße befindlichen Radweg. Das Klägerfahrzeug fuhr ungebremst mit der vorderen rechten Seite gegen die vordere rechte Seite des Beklagtenfahrzeugs. Eine der Fahrerin des Klägerfahrzeugs um 01.33 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille.“

Für den Kläger hat es aber keinen Schadensersatz gegeben, ihm schlägt die Alkoholisierung des Fahrers seines Pkw „auf die Butterseite“, denn:

„Nach einer solchen Abwägung der Verursachungsanteile ist eine Alleinhaftung des Klägers gegeben. Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs tritt hinter das erhebliche Verschulden der Fahrerin des Klägerfahrzeugs zurück.

Auf Beklagtenseite ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass das Beklagtenfahrzeug nicht ordnungsgemäß geparkt war. Zum einen befand sich der Bereich, in dem das Beklagtenfahrzeug stand, das Verkehrszeichen Nr. 283 (absolutes Halteverbot). Zum anderen folgt aus Anlage 3, Abschnitt 8, lfd. Nummer 22, lit. 3 zu § 42 Abs. 2 StVO, dass, wer ein Fahrzeug führt, auf durch Leitlinien markierten Schutzstreifen für den Radverkehr nicht parken darf. Ferner stand das Beklagtenfahrzeug entgegen § 12 Abs. 4 StVO am linken Fahrbahnrand.

Auf Klägerseite ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,33 Promille (um 01.33) im Unfallzeitpunkt absolut fahruntauglich war, und dennoch ein Fahrzeug im Straßenverkehr in Betrieb gesetzt hat.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs den Fahrradschutzstreifen jenseits der unterbrochenen Leitlinie am rechten Fahrbahnrand befahren hat. Hierdurch hat sie gegen Anlage 3, Abschnitt 8, lfd. Nummer 22, lit. 2 Satz 1 zu § 42 Abs. 2 StVO verstoßen. Hiernach darf, wer ein Fahrzeug führt, auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierte Schutzstreifen für den Radverkehr nur bei Bedarf überfahren. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass nachts um 23.55 Uhr ein solcher Bedarf bestand. Das Klägerfahrzeug hätte deshalb die unterbrochene Leitlinie als rechte Fahrbahnbegrenzung einhalten müssen.

Bei einer Abwägung dieser Umstände treten die einfache Betriebsgefahr und der Parkverstoß der Beklagten zu 1) hinter die groben Verkehrsverstöße der Fahrerin des Klägerfahrzeugs und dessen Betriebsgefahr zurück.

Maßgeblich in die Abwägung einzustellen ist, dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs mit einer erheblichen Blutalkoholkonzentration von (um 01.33 noch) 1,33 Promille ohne überhaupt zu bremsen innerorts über einen Fahrradschutzstreifen und ohne jede Reaktion frontal gegen das dort stehende Beklagtenfahrzeug gefahren ist. Die erhebliche Alkoholisierung der Fahrerin des Klägerfahrzeugs hat sich auch im streitgegenständlichen Unfall niedergeschlagen. Dafür, dass eine zum Unfallzeitpunkt vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit unfallursächlich ist, spricht ein Anscheinsbeweis, wenn sich der Unfall unter Umständen und in einer Verkehrslage ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (statt aller BGH, Urt. v. 10.01.1995 – VI ZR 247/94) Die bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit umschreibt einen Zustand, in dem jeder Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen (BGH, Beschl. v. 28.06.1990 – 4 StR 297/90). Deshalb kann insoweit von der feststehenden Ursache einer solch erheblichen Alkoholisierung unter den soeben genannten Voraussetzungen auf ihre Unfallursächlichkeit geschlossen werden. Es handelt sich um einen typischen Geschehensablauf (OLG Hamm, Urt. v. 28.01.2010 – 6 U 159/09).

Der Unfall geschah in einer Situation, die ein nüchterner Fahrer ohne Weiteres hätte meistern können. Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hatte selbst das Abblendlicht eingeschaltet und hätte das innerorts stehende Beklagtenfahrzeug sehen müssen. Das Beklagtenfahrzeug hatte seine Scheinwerfer nicht eingeschaltet und blendete die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hierdurch auch nicht. Selbst die reine Reflektion ausgeschalteter Scheinwerfer (unterstellt, dass diese die Fahrerin des Klägerfahrzeugs geblendet hätten), ist für einen nüchternen Verkehrsteilnehmer kein Grund, über den Fahrbahnverlauf einer – wie hier – innerorts gelegenen Straße zu zweifeln und nicht einmal durch einen Bremsvorgang zu versuchen, eine Kollision zu verhindern.“

Teures Kölsch, wenn es denn Kölsch war, das zu der Alkoholisierung geführt hat.