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Verkehrsrecht II: Hier etwas zur (Akten)Einsicht, oder: Zweimal falsch, einmal richtig

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Im zweiten Posting dann ein paar Entscheidungen, die sich mal wieder/noch einma/immer noch mit der Frage der Verwendung von Messergebnissen befassen, und zwar:

Die grundsätzliche Verwertbarkeit der Ergebnisse einer Geschwindigkeitsmessung unter Verwendung eines standardisierten Messverfahrens, wie z.B. mit dem Gerät ES 8.0, hängt – entgegen der Auffassung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs (NJW 2019, 2456; dagegen auch Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz NZV 2022, 427) – nicht von der nachträglichen Überprüfbarkeit der Daten ab, die der Messung zugrunde liegen.

 

Die Ablehnung des Antrags, der Verteidigung die gesamte Messreihe zur Verfügung zu stellen, kann nicht mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden.

Aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens und des hieraus folgenden Gebots der Waffengleichheit ergibt sich ein Recht auch auf Einsicht in Daten, welche nicht in der dem Gericht vorliegenden Akten befindlich sind, solange sie einen tatbestandsrelevanten Bezug zu der vorgeworfenen Tat aufweisen.

Tja, die Entscheidungen aus Altötting und Detmold sind falsch, liest man aber leider so immer wieder. Man muss damit leben.

Pflichti I: Zeitpunkt der Bestellung, oder: Wer schweigt, braucht keinen Pflichtverteidiger

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Heute dann seit längerem mal wieder Pflichtverteidigungsentscheidungen. Da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt.

Zunächst der AG Detmold, Beschl. v. 06.03.2020 – 2 Gs 514/20. Den bringe ich zuerst, dann haben wir es hinter uns – der Beschluss ist nämlich falsch:

Das AG hat in einem Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung u.a. die Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt, und zwar mit folgender Begründung:

„Aktuell besteht für das Gericht zum aktuellen Zeitpunkt keinen Grund dem Beiordnungsantrag zu entsprechen. Denn die Voraussetzungen des § 141 StPO für die Beiordnung bereits zu diesem Zeitpunkt liegen nicht vor,

Zwar besteht aktuell gegen den Beschuldigten der Verdacht der Begehung eines Verbrechens, mithin im Fall der Anklageerhebung ein Beiordnungsgrund nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 und auch nach Abs. 1 Nr. 1 StPO.

Derzeit ist aber der Beschuldigte bereits anwaltlich vertreten und es steht aktuell keine Vernehmung oder Gegenüberstellung oder weitere Untersuchungshandlung an — dass der Beschuldigte an einer Vernehmung nicht teilnimmt, wurde bereits mitgeteilt, BL 108 d.A. — so dass die Voraussetzungen des § 141 Abs. 1 StPO aktuell nicht vorliegen.

Nach der bisher zu dieser Neufassung vorliegenden Rechtsprechung, der sich das Gericht vorliegend anschließt, ist eine Beiordnung grundsätzlich dann nicht (mehr) veranlasst, wenn eine erste Beschuldigtenvernehmung nicht mehr zu erwarten ist (vgl.AG Freiburg, Beschl. v. 05.08.2019 – JSch 19 Ge 64/19 jug – zwar zu einem jugendlichen Beschuldigten, aber übertragbar.)

Ferner liegt — jedenfalls derzeit — auch keine der in § 141 Abs. 2 StPO aufgeführten Voraussetzungen vor.

Mithin kommt zum jetzigen Zeitpunkt die Beiordnung nicht in Betracht. Sollte sich der Verdacht gegen den Beschuldigten aber erhärten bzw. Haft in Betracht kommen, wäre ab diesem Zeitpunkt die Beiordnung zu beschließen, die Beiordnung hätte zudem spätestens im Fall der Anklageerhebung zu erfolgen.2

Falsch, denn:

1. Das AG missachtet schon den m.E. eindeutigen Willen des Gesetzgebers, mit der am 13.12.2019 in Kraft getretenen Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung den Beiordnungszeitpunkt nach vorne zu verlegen. Dementsprechend liegt ein Beiordnungsgrund nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO n.F. nunmehr nicht mehr erst dann vor, wenn Anklage erhoben wird, sondern bereits dann, wenn die Anklageerhebung mindestens zum Schöffengericht zu erwarten ist.

2. Falsch ist es auch, wenn das AG darauf abstellt, dass der Beschuldigte bereits anwaltlich vertreten sei. Der Antrag des Wahlverteidigers, ihn zum Pflichtverteidiger zu bestellen, enthält die Erklärung, die (Wahl-)Verteidigung solle mit der Beiordnung enden. Das ist uralte Rechtsprechung der Obergerichte.

3. Doch es geht noch schlimmer, wenn das AG die gebotene Beiordnung unter Hinweis darauf verweigerr, dass der Beschuldigte mitgeteilt habe, für eine Vernehmung nicht zur Verfügung zu stehen. Damit wird letztlich die Inanspruchnahme eines der zentralsten und selbstverständlichsten Beschuldigtenrechte mit einem „Pflichtverteidigerentzug“ sanktioniert.

Günstigere Reparaturmöglichkeit „freie Fachwerkstatt“, oder: 20 km entfernt ist nicht „mühelos“

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Vor ein paar Jahren haben die Fragen der Unfallschadenregulierung die Rechtsprechung des BGH und der OLG beherrscht. Fast jeden Monat gab es neue Entscheidungen. Ich bin im VRR mit der Veröffentlichung kaum nachgekommen. An der „Front“ ist jetzt Ruhe eingekehrt, der BGH feilt allenfalls gelegentlicht noch an Feinheiten. Jetzt gibt es mehr/eher Rechtsprechung der Instanzgerichte, die die Vorgaben des BGh umsetzen. So z.B. das AG Detmold, Urt. v. 21.09.2016 – 6 C 166/15, das mir der Kollege Dr. Pott aus Detmold übersandt hat. Es geht um die Problematik: Günstigere Stundenverrechnungssätze in einer markenungebundenen Fachwerkstatt. Darauf hatte sich der Geschädigte berufen. Das AG sagt: Zu Unrecht:

„Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich die Klägerin im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten günstigeren Stundenverrechnungssätze auch nicht auf eine markenungebundene Fachwerkstatt verweisen lassen.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger. wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.

Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass es sich um eine mühelos und ohne weiteres zugängliche Fachwerkstatt handelt und dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in eine markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09).

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese Anforderungen nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der das erkennende Gericht folgt, gerade bei der fiktiven Abrechnung an den Schädiger zu stellen. Vorliegend kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Firma pp. um eine vergleichbare Fachwerkstatt handelt. Die Werkstatt ist aus Sicht der Klägerin, die in pp. wohnt, nicht mühelos und ohne weiteres zugänglich. Die Wegstrecke zwischen Wohnhaus und Werkstatt beträgt mehr als 20 km. Für die Frage, ob bei einer solchen Entfernung die Werkstatt noch mühelos erreichbar ist, sind insbesondere die örtlichen Begebenheiten zu berücksichtigen. Es ist gerichtsbekannt, dass der Weg zwischen pp.und pp. auf zum Teil kleinen Landstraßen durch diverse Ortschaften führt und damit entsprechend zeitaufwändig ist. Es ist einem Geschädigten, der durch den Schaden bereits einen erheblichen Mehraufwand hat, nicht zuzumuten, zwecks Reparatur eine derart zeitaufwendige Anfahrt durchzuführen. Es kommt auch nicht darauf an, dass bei einer fiktiven Abrechnung die Wegstrecke tatsächlich nicht anfällt. Denn an den fiktiv abrechnenden Geschädigten sind zur Erhaltung seines Wahlrechts als Herr des Restitutionsverfahrens nicht höhere Anforderungen zu stellen, als an den Geschädigten, der tatsächlich reparieren lässt. Soweit die Beklagte hierzu erwidert, dass ein Hol- und Bringservice durch die Werkstatt bestehe, fehlt es an einem hinreichend konkreten Vortrag. Die Beklagte hat hierzu zunächst vorgetragen, die Werkstatt biete „gegebenenfalls“ einen „in der Regel kostenlosen“ Service an. Der Geschädigte muss sich aber auf Unwägbarkeiten im Service und insbesondere eventuell zusätzlich anfallende Kosten für den Service nicht einlassen. Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 28.06.2016 behauptet, es bestehe ein kostenloser Abholservice der Firma pp. steht dieser Vortrag zum einen im Widerspruch zu dem bisherigen Vortrag; im Übrigen fehlt auch ein entsprechender Beweisantritt.“

Ein Lattentreffer und seine Folgen für den (Jugend)Trainer

Hallenfussball_soccer_D-Jugend_Wacker_MuenchenEin Jugendtrainer eines Fußballvereins, der ein Hallenfußballturnier für Mannschaften der D-Jugend organisiert hat, ist vom AG Detmold mit AG Detmold, Urt. v. 21.01.2015, 2 Cs 41 Js 489/13 – wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden, weil ein 11-jähriger Fußballspieler durch ein umgekipptes und unzureichend gesichertes Hallenfußballtor verletzt worden ist. Das AG sagt/meint:

„Die in diesem Fall gebotene Sorgfaltspflicht hat der Angeklagte verletzt. Diese bestimmt sich in Art und Maß nach den Anforderungen, die bei Betrachtung der Gefahrenlage an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind. Eine solche Person aus dem Verkehrskreis des Angeklagten hätte ein höheres Maß an Sorgfalt beachtet. Die Tatbestandsverwirklichung war für den Angeklagten auch voraussehbar und vermeidbar. Die Gefahrenlage durch die unbefestigten Tore war offensichtlich. Zudem verfügte der Angeklagte auf Grund seiner langjährigen praktischen Erfahrungen als Jugendvorstand und Fußballtrainer im Allgemeinen und im Spielbetrieb und der Turnierausrichtung in dieser Halle im Besonderen über spezielle Kenntnisse hinsichtlich der Erforderlichkeit und der Umsetzung der sicheren Befestigung von Toren.

Der Angeklagte hat in mehrfacher Hinsicht nachlässig gehandelt. Zum einen war ihm über Jahre bekannt, dass in der kleinen Halle die nicht zu befestigenden Handballtore ohne eine Zugangssicherung bereitstanden und dass diese entsprechend der im Verein üblichen Praxis von den Nutzern der Halle – jedenfalls bei den alljährlichen Jugendturnieren – als Fußballtore verwendet wurden. Die Gefahr eines „Torunfalls“ bestand dauerhaft. Von dem Angeklagten wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen Zustand nicht duldet und zumindest intern auf Ebene des Vereins oder gegenüber dem Hallenträger auf geeignete Maßnahmen hinwirkt, um diese Gefahr zu beseitigen. Dies hat er jedoch unterlassen. Eine solche Verantwortung oblag dem Angeklagten insbesondere deshalb, weil er nicht nur selbst als D-Jugendtrainer sondern auch als Jugendvorstand in der Führungsebene des Vereins für die Leitung der Jugendabteilung zuständig war. Zum anderen traf den Angeklagten auch an diesem Turniertag eine besondere Verantwortung, weil er als verantwortlicher Vertreter des ausrichtenden Vereins die Turnierausrichtung maßgeblich vor Ort in der Halle mitorganisierte. Von ihm war zu fordern, dass er vor Beginn der Turnierveranstaltung offensichtliche Gefahren für die kindlichen Spieler beseitigt. Dazu hätte gehört, die Handballtore gegen die unsichere Verwendung abzusichern oder eine zuverlässige Beaufsichtigung des freien Spielbetriebs in der kleinen Halle zu gewährleisten. Auch dies ist unterblieben und führte zu dem unglücklichen Unfall, welchen der Angeklagte durch die von ihm zu fordernde Sorgfalt hätte vorhersehen und vermeiden können und müssen.

Diese Nachlässigkeiten in der Person des Angeklagten begründen – jedenfalls in ihrer Summe – die strafrechtliche Fahrlässigkeit. Wegen der in diesem Fall an das Verhalten des Angeklagten zu stellenden Anforderungen kommt es insofern auch nicht entscheidend darauf an, ob der Angeklagte ehrenamtlich handelte. Selbstverständlich bringt auch eine ehrenamtliche Tätigkeit die Pflicht mit sich, erkennbare Gefahren nach Möglichkeit zu verhindern.“

Werden die Ehrenamtlichen nicht so gerne lesen, allerdings: Wenn der Gefahrenzustand schon länger andauert…..

siehe aber auch hier: OLG Hamburg zu Sorgfaltspflicht im EhrenamtVerurteilung wegen fahrlässiger Tötung aufgehoben.

Alkohol an Minderjährige, die sich besaufen – verurteilt wegen Körperverletzung

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Interessanter Fall, der seinen Ausgang bei Facebook hatte. Dort fragen zwei 15-jährige Midnerjährige bei einem Kioskbesitzer an, ob er ihnen für ein Trinkspiel Alkohol verkauft.Er sagt zu und verkauft den beiden Wodka, und eine 1l-Flasche C- Vodka (40%) und zwei Flaschen D-Wodka zu je 40 ml mit je 37,5 % Alkohol. Den nehmen die beiden bei dem Trinkspiel zu sich. Ergebnis: Die Minderjährigen geraten „in einen akuten Rauschzustand, beide mussten sich mehrfach erbrechen und wurden bewusstlos. Wegen des Verdachts einer Alkoholvergiftung wurden beide per Notarzt in ein Krankenhaus verbracht und mussten dort stationär behandelt werden. Bei der Aufnahme ergab eine Blutprobe bei der Zeugin Z1 eine Blutalkoholkonzentration von 1,50 Promille und bei dem Zeugen Z3 die Blutprobe drei Stunden nach Aufnahme noch eine BAK von 0,59 Promille. Spätfolgen trugen die Zeugen nicht davon.“

Ergebnis des gegen Kioskbesitzer eingeleiteten Strafverfahrens. Verurteilung durch das AG Detmold, Urt. v. 17.06.2013 – 2 Ds-41 Js 398/12-422/13 – wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB):

Die beiden Angeklagten haben sich damit der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil der Zeugen Z3 und Z1 nach § 229 StGB schuldig gemacht.

Beide Angeklagten handelten objektiv pflichtwidrig; der Angeklagte A1 durch seine Anweisung als Ladenbesitzer an seinen Bruder und der Angeklagte A2 durch die Alkoholabgabe an die Zeugin entsprechend der durch seinen Bruder erteilten Anweisung. Sie wussten beide um das Alkoholabgabeverbot an Minderjährige. Aufgrund dieser Kenntnis hätten sie die Pflichtwidrigkeit beide vermeiden können.

Durch die Herbeiführung des akuten Rauschzustandes mit Bewusstlosigkeit und Erbrechen wurden die Zeugen Z1 und Z3 an der Gesundheit geschädigt.

Die Pflichtwidrigkeit hat sich auch objektiv und den beiden Angeklagten zurechenbar verwirklicht. Das Handeln des Angeklagten A1 hat sich auch nicht etwa durch das dazwischentretende Handeln des Angeklagten A2 nicht im Erfolgseintritt niedergeschlagen. Das Handeln beider hat vielmehr kumulativ zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolges, der Gesundheitsschädigung bei den Zeugen Z1und Z3, geführt.

Mit der Anklageerhebung hat die Staatsanwaltschaft auch das nach § 230 StGB erforderliche besondere öffentliche Interesse bejaht.

Vorliegend entfällt die Tatbestandsmäßigkeit auch nicht etwa deshalb, weil die beiden minderjährigen Zeugen letztendlich den Alkohol freiwillig konsumiert haben. Eine tatbestandsausschließende Selbstgefährdung liegt nur dann vor, wenn sich jemand frei verantwortlich und in voller Kenntnis des Risikos und der Tragweite seiner Entscheidung in eine Gefahrensituation begibt. Diese Kenntnis und Möglichkeit der Risikoeinschätzung und -abwägung hatten die beiden alkoholunerfahrenen minderjährigen Zeugen jedoch gerade nicht. Die beiden erwachsenen Angeklagten hatten gegenüber den minderjährigen Zeugen überlegenes Sachwissen. Insoweit haften sie nach den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGHSt 32, 262ff, (265); BGH, NStZ 1986, 266 f. (267); BGH, JR 2001, 246 ff. (247), der sich das Gericht vorliegend anschließt, bei Realisierung des Risikos als Täter.

Soweit den beiden Angeklagten in der Anklageschrift eine gemeinschaftliche vorsätzliche Körperverletzung zur Last gelegt wurde, konnte in der Beweisaufnahme die subjektive Tatseite – nämlich dass die beiden eine Gesundheitsschädigung der Zeugen mindestens billigend in Kauf nahmen – nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Insoweit war – ein entsprechender richterlicher Hinweis wurde erteilt – lediglich wegen der fahrlässigen Tatbegehung zu verurteilen.“

Ich denke mal: Recht so, oder? Verurteilung wegen vorsätrzlicher Körperverletzung lag im Übrigen wohl gar nicht so weit weg.