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Kein Familienbetrieb LG/BGH? :-)

Auf der Homepage des BGH ist erst heute (man fragt sich warum) BGH, Beschl. v. 26.05.2011 – 5 StR 165/11 eingestellt worden, der sich mit einer Ablehnungsfrage befasst. Der Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof B. [Basdorf?] hatte gemäß § 30 StPO angezeigt, dass seine Tochter im Verfahren vor dem LG Hamburg als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft tätig war. Dazu der Senat:

Der Angeklagte hat sich zu dem angezeigten Umstand nicht geäußert. Mit dem Generalbundesanwalt erkennt der Senat keinen Grund anzunehmen, dass der Vorsitzende Richter wegen der Mitwirkung seiner Tochter eine Haltung einnehmen könnte, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung betrifft das von unabhängigen Richtern erlassene Urteil des Landgerichts. Welcher Sitzungsstaatsanwalt am Verfahren mitgewirkt hat, ist hierbei in der Regel ohne Bedeutung und vermag deshalb die Einstellung des das Urteil prüfenden Revisionsrichters nicht zu beeinflussen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1998 – 1 StR 171/98 zum ähnlichen Fall eines Bruders eines Senatsvorsitzenden, der als Nebenklägervertreter im Ausgangsverfahren tätig geworden war).

Also: Kein Familienbetrieb. Allerdings m.E. auch richtig. Denn die Tochter war nur Staatsanwältin im Ausgangsverfahren

Kennt die Amtsrichterin § 30 StPO nicht?

Im Forum von LexisNexis Strafrecht wird gerade folgender Sachverhalt zur Diskussion gestellt, der mich zumindest erstaunt, ich wollte erst schreiben „schlicht fassungslos macht“ (auf die Kommentare wegen dieses Ausdrucks bin ich gespannt):

Mdt kommt – leider erst vorhin – mit Strafbefehl wegen Beleidigungen, die er im Gerichtssaal einer Zeugin im damaligen Strafverfahren gegenüber begangen haben soll. Strafbefehl wird durch die Richterin erlassen, die auch im damaligen Strafverfahren zuständig war. Im Strafbefehl ist diese Richterin auch als eine der Zeugen aufgeführt.

Ist diese Sachlage „nur“ für einen Antrag wegen Besorgnis der Befangenheit von Bedeutung (Mdt. hat bereits mehrfach Erfahrungen mit der Richterin und fühlt sich von ihr sehr negativ behandelt) oder hätte die Richterin wegen ihrer Zeugenstellung den Strafbefehl gar nicht erlassen dürfen und er ist deshalb auch ohne Befangenheitsantrag aufzuheben…“.

Was tun? Also: § 22 Nr. 5 StPO – Ausschluss der Richterin – greift noch nicht ein – formuliert ist mit „… vernommen ist“, aber für einen Befangenheitsantrag reicht es m.E.

Mir ist „unverständlich“, dass die Kollegin nicht von sich aus auf die Idee gekommen ist, sich selbst abzulehnen. Ein Blick ins Gesetz… und schon hätten wir § 30 StPO entdeckt. 🙂