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Geplausche am Telefon ist kein rechtlicher Hinweis (§ 265 StPO)

Erst vor kurzem hat der 1. Strafsenat des BGH zur Erforderlichkeit des auf § 265 StPO gestützten rechtlichen Hinweis nach Austausch der Bezugstat beim Verdeckungsmord Stellung genommen und das bejaht (siehe BGH, Beschl. v. 12.01.2011 – 1 StR 582/10), vgl. dazu hier.

Nun nimmt der BGH, Beschl. v. 23.03.2011 – 2 StR 584/10 erneut zu § 265 StPO Stellung: Er bestätigt die frühere Rechtsprechung des BGH zur Erforderlichkeit eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO bei einer möglichen Verurteilung wegen einer andersartigen Begehungsform desselben Strafgesetzes. Erfolge die Anklage eines Täters zunächst wegen Mordes aus Heimtücke beziehungsweise zur Verdeckung einer Straftat und komme für das erkennende Gericht im Laufe des Verfahrens auch eine Verurteilung wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen in Betracht, so sei, wenn das Urteil darauf gestützt werden solle, ein förmlicher rechtlicher Hinweis seitens des Gerichts in Bezug auf dieses neue Mordmerkmal erforderlich.

Die Entscheidung zeigt, welche Bedeutung die Rechtsprechung des BGH dem zutreffenden rechtlichen Hinweis zumisst. Und zwar auch hinsichtlich der Form. Telefonische Auskünfte von Gerichtsmitgliedern, wie hier der Berichterstatterin, sind nicht ausreichend.

Rechtlicher Hinweis: Wenn der fehlt, hat die Revision häufig Erfolg – oder: BGH, 1 StR 582/10 sollte man lesen

Der vergessene rechtliche Hinweis nach § 265 StPO verhilft einer späteren Revision häufig zum Erfolg, weil die Rechtsprechung des BGH in dem Bereich immer noch verhältnismäßig streng ist. Das zeigt sich sehr deutlich an dem zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Beschl. des BGH v. 12.01.2011 – 1 StR 582/10, in dem es um den Austausch der so. Bezugstat beim Verdeckungsmord ging. Der BGH sieht, was m.E. zutreffend ist, in den Fällen einen rechtlichen Hinweis als erforderlich an. In der Sache ging es um den Austausch „veruntreuende Unterschlagung“ gegen „Körperverletzung“.

Besonders achten muss man als Verteidiger in den Fällen auf die „Beruhensfrage“. Auch dazu macht der BGH lesenswerte Ausführungen, die bei der Abfassung einer Revision beachtet werden sollte. Also: Entscheidung lesen!

Der rechtliche Hinweis – nicht nur bei Änderung des Sachverhalts…

Eine der Verfahrensrügen, die häufig (noch) Erfolg haben, ist die Rüge der Verletzung des § 265 StPO – also fehlender bzw. nicht korrekter rechtliche Hinweis. So dachte auch der Verteidiger in dem der Entscheidung des BGH vom 30.11.2010 – 1 StR 509/10 zugrundeliegenden Verfahren, in dem der Angeklagte wegen Mordes angeklagt war. Angeklagt war „Heimtücke“ und „Habgier“, es erging rechtlicher Hinweis auf „sonstige niedrige Beweggründe“. Dazu der BGH.

1. Während dem Angeklagten mit der Anklageschrift vorgeworfen worden war, sein Opfer heimtückisch und habgierig getötet zu haben, hat das Landgericht ihn wegen einer heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangenen Tat verurteilt. In der Hauptverhandlung hatte der Vorsitzende den Angeklagten darauf hingewiesen, dass u.a. auch „sonstige niedrige Beweggründe“ als Mordmerkmal in Betracht kommen. Die Revision meint, dieser Hinweis seiunzulänglich gewesen, weil der die rechtliche Bewertung tragende Sachverhalt hätte genau bezeichnet werden müssen. Diese Rüge geht fehl. Denn die ihr zugrunde liegende Annahme, ein Hinweis gemäß § 265 StPO müsse aus Rechtsgründen stets auf neuen tatsächlichen Erkenntnissen beruhen, ist unzutreffend. Freilich ist dies nach forensischer Erfahrung vielfach der Fall, jedoch ist ein Hinweis nach § 265 StPO auch dann geboten, wenn sich der Sachverhalt selbst nicht geändert hat, er aber nach Auffassung des Gerichts dennoch rechtlich anders als noch in der zugelassenen Anklage zu bewerten ist (vgl. KK/Engelhardt, StPO, 6. Aufl. § 265 Rn. 17). Ein Verfahrensverstoß ist daher allein mit der Behauptung, geänderte tatsächliche Grundlagen eines Hinweises gemäß § 265 StPO seien nicht mitgeteilt worden, nicht schlüssig dargetan.

Im Übrigen könnte eine auf die Behauptung unzulänglicher tatsächlicher Erläuterung eines Hinweises gemäß § 265 StPO gestützte Rüge schon im An-satz nur dann Erfolg haben, wenn Urteil und zugelassene Anklage in tatsächlicher Hinsicht wesentlich voneinander abweichen würden. Derartige Differenzen vermag der Senat nicht zu erkennen; sie sind von der Revision auch nicht einmal abstrakt behauptet, erst recht nicht konkret ausgeführt worden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09 mwN).“

Erhöhung der Geldbuße – rechtlicher Hinweis erforderlich?

Ich hatte ja gestern schon über die Entscheidung des OLG Stuttgart v. 11.06.2010 – 5 Ss 321/10 – berichtet, vgl. hier. Die ist auch noch aus einem weiteren Punkt interessant. Das OLG setzt sich nämlich auch mit der Frage auseinander, ob und wann bei der Erhöhung der Geldbuße ein Hinweis an den Betroffenen erforderlich ist, bei dessen Unterlassen dann ggf. ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorliegt. Das OLG sagt, dass bei der Verhängung einer höheren als im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße – auch im Abwesenheitsverfahren nach § 74 OWiG – ein rechtlicher Hinweis grundsätzlich nicht geboten, zumal dann nicht, wenn eh schon nicht die Geldbuße verhängt worden ist. Ähnlich haben bereits das OLG Jena und das OLG Hamm entschieden. Man kann es m.E. auch anders sehen. Jedenfalls gehört es m.E. zum „fair-play“, den Betroffenen auf eine ggf. anstehende erhöhung hinzuweisen, damit er sich darauf einstellen kann.