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Bei gewalttätiger Vorgeschichte – Sachverständigengutachten erforderlich

Der BGH, Beschl. v. 06.07.2011 – 5 StR 230/11 nimmt zur Pflicht des Tatgerichts zur Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens über den Angeklagten bei einer „gewalttätiger Vorgeschichte“ Stellung.

In Kapitalstrafsachen besteht danach – wenn nicht ein länger geplantes, rational motiviertes Verbrechen vorliegt – häufig Anlass, einen psychiatrischen Sachverständigen beizuziehen. Maßgeblich seien insoweit die Umstände des Einzelfalls. Bei einer gewaltätigen Vorgeschichte der Beziehung zwischen dem Angeklagten und dem späteren Opfer und somit Verhaltensbesonderheiten des Angeklagten während der rund 20-jährigen Beziehung zum Opfer biete sich die Überprüfung möglicher  psychopathologischer Dispositionen der Persönlichkeit des Angeklagten, die nicht das Ausmaß von Persönlichkeitsstörungen erreichen müssten, durch einen Sachverständigen an. Bei Anhaltspunkten für einen die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindernden Affekt wie Erinnerungslücken könne eine Begutachtung geboten sein.

Bloggen macht ggf. süchtig, Traden/Börsengeschäfte aber nicht (sofort)

Auf der Suche nach interessanten Entscheidungen bin ich vor kurzem auf das Urteil des LG Düsseldorf v. 30.06.2010 – 14 KLs 3/10 gestoßen. Dort ging es um den Vorwurf des Betruges durch eine sog. betrügerisches Firmengeflecht. Der Angeklagte hatte u.a. unter Hinweis auf „Spielsucht“ geltend gemacht, es liege verminderte Schuldfähigkeit vor, wegen einer Sucht nach Börsengeschäften bei dem Betrieb des betrügerischen Firmengeflechts. Das sachverständig beratene LG Düsseldrof sagt: Nein. Es könne nicht von einer Spielsucht im Grade einer schweren anderen seelischen Abartigkeit ausgegangen werden, wenn der Angeklagte vortrage, er habe ein unüberschaubares betrügerisches Netzwerk aus Firmen nur gegründet und betrieben, weil er nach Börsengeschäften seit seinem ersten Trade unvermindert süchtig gewesen sei. Nicht stoffgebundene Süchte entstünden  in aller Regel nicht unvermittelt mit ihrer ersten Betätigung, sondern progedient bis zum Persönlichkeitsverfall. Auch eine süchtige Einengung auf ein bestimmtes Verhalten (hier: kurzfristiges Traden an der Börse) sei aber nicht anzunehmen, wenn der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt faktischer Leiter des Firmengeflechts sei, Vertriebsleute ausbilde, regelmäßige Newsletter erstelle und Schulungen abhalte.

Das Urteil ist rerchtkräftig, so dass wir eine Entscheidung des BGH zur der Frage nicht bekommen werden.

Zur Blogsucht, vgl hier.