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2. KostRMoG – Zwei Auslagenpauschalen: Gesetzesänderung oder nur „Klarstellung“?

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Das 2. KostRMoG hat § 17 RVG a.F. geändert. In § 17 Nr. 10a RVG ist jetzt bestimmt, dass im Strafverfahren vorbereitendes Verfahren und gerichtliches Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind. Somit kann nach der Anm. zu Nr. 7002 VV RVG die Postentgeltpauschale zweimal geltend gemacht werden (zu den Änderungen durch das 2. KostRMoG hier). Die Frage, die sich wegen der Änderungen durch das 2. KostRMoG stellt: Handelt es sich um „richtige“ Gesetzesänderungen oder handelt es sich „nur“ um Klarstelllungen der bisherigen Gesetzeslage. Geht man von letzterem aus, dann kommt es auf die Übergangsregelung des § 60 RVG nicht an, sondern die Klarstellungen finden auch in Altfällen Anwendung. Geht man hingegen von Gesetzesänderungen aus, dann gelten die Neuerungen erst in den Fällen, in denen dem Rechtsanwalt der unbedingte Auftrag ab 01.08.2013 erteilt worden.

Zu der Frage gibt es jetzt eine erste Entscheidung eines LG. Der LG Hildesheim, Beschl. v. 23.09.2013 – 22 Qs 7/13 – stellt sich auf den Standpunkt: Gesetzesänderung; a.A. sind übrigens die Gebührenreferenten der RAK im Sommer 2013 gewesen. Dazu das LG:

„2. Das Amtsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass der Rechtsanwalt der Nebenklägerin die Auslagenpauschale nach VV 7002 nur einmal fordern kann.

Es ist zwar richtig, dass aus § 17 Nr. 10 RVG n. F. folgt, dass nunmehr das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das nachfolgende (erstinstanzliche) Gerichtsverfahren kostenrechtlich als verschiedene Angelegenheiten gelten und dem Verteidiger oder Nebenklägervertreter, der sowohl im Vorverfahren als auch im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren tätig war, daher künftig die Auslagenpauschale zweimal zusteht.

Die nunmehrige Fassung des RVG gilt aber nur, wenn der Rechtsanwalt nach ihrem Inkrafttreten im Rahmen des 2. KostRMoG am 1. August 2013 in derselben Angelegenheit beauftragt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Dies ist vorliegend nicht der Fall; selbst der Abschluss der Angelegenheit(en) im kostenrechtlichen Sinne erfolgte vor dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG, nämlich durch das Urteil des Amtsgerichts pp. vom 11. März 2013.

Entgegen der Auffassung der Nebenklägerin handelt es sich bei der Neufassung von § 17 RVG auch nicht um eine Klarstellung der bereits geltenden Rechtslage.

Vielmehr hat die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur – der auch die Kammer u. a. in dem v. g. Beschluss vom 2. März 2010 gefolgt ist – aus der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Gesetzesfassung geschlossen, dass Ermittlungsverfahren und nachfolgendes erstinstanzliches Strafverfahren kostenrechtlich dieselbe Angelegenheit darstellen und dem in beiden Verfahrensabschnitten tätigen Verteidiger daher die Auslagenpauschale nach VV Nr. 7002 nur einmal zusteht (vgl. LG Zweibrücken, Beschl. v. 29. Juni 2012, Qs 56/12, JurBüro 2013, 35 m. w. N.; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 17 Rn. 59, a. A. ohne eigene Begründung AG Neuss, Beschl. v. 24. August 2007, 12 Ls 60 Js 40708/06, AGS 2008, 598)

Die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Beschl. v. 29. April 2013, 1 Ws 46/13) betrifft hingegen eine ganz andere Rechtsfrage, nämlich, ob das Beschwerdeverfahren in Strafvollstreckungssachen mit dem erstinstanzlichen Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer kostenrechtlich dieselbe Angelegenheit bilden könnte.“

Kann man auch anders sehen, aber ist sicherlich vertretbar.

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Wann hat der Verteidiger an der Einstellung des Verfahrens mitgewirkt?

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Die zusätzlichen Verfahrensgebühren Nr. 4141, 5115 VV RVG – die sog. Befriedungsgebühren – setzen eine Mitwirkung des Verteidigers an der Einstellung des Verfahrens voraus. Ausreichend ist eine irgendwie geartete Mitwirkung, die objektiv geeignet ist, die Einstellung zu fördern. Hohe Anforderungen werden daran nicht gestellt. Jedenfalls nicht von der h.M., anders aber wohl vom AG Wiesbaden im AG Wiesbaden, Urt. v. 27.12.2013 – 93 C 3942/13. Da hatte der Verteidiger seine Mandatierung angezeigt, Akteneinsicht gefordert und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat das Strafverfahren eingestellt und an die Verwaltungsbehörde wegen einer OWi abgegeben. Das AG sagt: Keine Mitwirkung, denn:

„Darüber hinaus bestünde vorliegend aber auch bei Anwendung der neuen Gesetzeslage kein Anspruch, da auch das Erfordernis der Mitwirkung an der Einstellung nicht gegeben ist. Vorliegend hat der Verteidiger des Klägers lediglich seine Mandatierung angezeigt, Akteneinsicht gefordert und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Das reicht nicht aus, um von einer „Mitwirkung bei der Erledigung des Verfahrens“ auszugehen. Erforderlich ist, dass der Verteidiger die Einstellung des Verfahrens zumindest gefördert hat und die entsprechende Entscheidung nicht auch ohne sein Zutun erfolgt wäre (vgl, BGH, Urteil vorn 20.01.2011, Az. IX ZR 123/10), Vorliegend war für die Staatsanwaltschaft noch nicht ersichtlich, wie sich der Kläger im Ermittlungsverfahren verhalten, insbesondere ob er sich zur Sache einlassen würde. Dennoch wurde das Verfahren eingestellt und an die Ordnungsbehörde abgegeben, ohne dass überhaupt Gelegenheit zur Einlassung gegeben .wurde. Diese Entscheidung erfolgte daher unabhängig von der Tätigkeit des Verteidigers. Allein die Anzeige der Mandatierung und das Akteneinsichtsgesuch sind nicht als ausreichende Mitwirkungshandlungen anzusehen.

Na ja, dass kann man auch anders sehen. Denn ursächlich muss die Tätigkeit des Verteidigers nicht gewesen sein.

Das AG verweist im Übrigen auf das BGH, Urt. v. 05.11.2009 – IX ZR 237/08 (RVGGreport 2010, 70 = StRR 2010, 109) und hält daran fest. Die Entscheidung ist aber durch das 2. KostRMoG v. 23.07.2013. (BGBl 2013, S. 2586) überholt, nachdem in Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 1 VV RVG das Wort „Verfahren“ durch „Strafverfahren“ ersetzt worden ist (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2013, 330, 335). Allerdings stellt sich die Frage, ob die Neuregelung, wovon offenbar das AG ausgeht, in Altfällen nicht anwendbar ist (zur Übergangsregelung s. Burhoff RVGreport 2013, 330, 337). Das wäre nur der Fall, wenn man von einer Gesetzesänderung ausgeht. Nimmt man hingegen eine bloße Klarstellung an, dann wäre/ist die Neuregelung auch in Altfällen anwendbar (vgl. dazu RVGreport 2013, 260). Die Frage wird die Rechtsprechung noch klären müssen. Das AG Wiesbaden ist die Anzwort schuldig geblieben.

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Ich habe da mal eine Gebührenfrage: Alles neu, alles alt oder gesplittet?

FragezeichenAus meinem gebührenrechtlichen Forum auf meiner HP Burhoff-online eine m.E. ganz interessante Frage zur Erstreckung (ein Dauerbrenner), allerdings dieses Mal kombiniert mit einer Übergangsproblematik in Zusammenhang mit dem 2. KostRMoG.

Es wird gefragt:

„Die Pflichtverteidigerbeiordnung erfolgte im Juni 2013. Nach dem 01.08.2013 wurden mehrere Verfahren hinzuverbunden, die Beiordnung auch auf diese Verfahren erstreckt.

Wird jetzt gesplittet, also das führende Verfahren nach „altem“ Gebührenrecht abgerechnet und die hinzu verbundenen Verfahren nach „neuem“ Recht ab dem 01.08.2013?

Ich habe dann geantwortet:

Ich bin der Auffassung, dass es insgesamt auf den Zeitpunkt der Bestellung ankommt und der lag vor dem Stichtag, also alles altes Recht. Anderenfalls käme man ja auch dazu, dass für Tätigkeiten, die vor dem 01.08.2013 erbracht worden sind, neues Recht gelten würde. 

Sorry, aber man kann nicht immer gewinnen :-), oder?

Denn ein Kollege hat dazu gepostet, und zwar wie folgt:

„Hallo Herr Burhoff,
in einem Fall wie oben geschildert habe ich vom AG Braunschweig für die nach dem 01.08.2013 hinzuverbundenen Sachen die Gebühren und Auslagen nach neuem RVG bekommen.
Ich würde mal sagen: Ausprobieren und damit argumentieren, dass die Erstreckung für die hinzuverbundenen Verfahren wie eine „Beauftragung“ ist. Vielleicht klappt es ja. :-)“

Also Fazit dann doch: Nur ein Versuch macht klug.

Verärgert, oder: Es wäre „schädlich“, wenn das 2. KostRMoG noch später in Kraft getreten wäre

Ich lese die Beiträge von LTO ganz gerne und habe ja auch schon immer mal wieder darauf verlinkt. M.E. eine bunte Mischung von dem, was in der juristischen Welt passiert/interessiert, für jeden etwas dabei, breit gestreut, mal interessant, mal weniger interessant. Und bisher habe ich mich über einen Beitrag auch nie geärgert. Sicher hat man schon mal an der ein oder anderen Stelle gedacht: Na ja, das kann man auch anders sehen, aber wie gesagt: Breit gestreut.

Nun habe ich mich aber doch über einen Beitrag geärgert – schon etwas mehr -, und zwar über: „Unnötig schnelles Inkrafttreten von Gesetzen Die Suche nach dem geltenden Recht“, vom Kollegen Martin W. Huff. Der mokiert sich in seinem Beitrag über das in seinen Augen zu schnelle in Kraft Treten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz am 01.08.013 – nur wenige Tage nach seiner Verkündung am 29.07.2013 – und über den Umstand, dass man eine aktuelle Fassung des Gesetzes sucht, – kostenfrei – (noch) nicht findet und man, wer die aktuelle Fassung sucht/braucht, auf kostenpflichtige Angebote ausweichen muss. Die Hast, mit der die Novelle in Kraft getreten sei, sei exemplarisch für gesetzgeberischen Übereifer, der mehr schadet als nütze, findet Martin W. Huff.

Na ja, ob das so stimmt, weiß ich nicht. Sicherlich verwundert es schon, dass man online kostenfrei beim BMJ/bei Juris (sind also auch nicht immer so schnell) immer noch keine aktuelle Version des RVG – nur das interessiert mich 🙂 – findet (vgl. hier – Stand 09.08.2013). Das müsste doch möglich sein. Eine Woche nach Inkrafttreten des Gesetzes!

Aber, lieber Herr Huff, und da beginnt mein Ärger – bezogen auf die Änderungen des RVG. Berechtigt der „Mangel“ zu:

„Aber die Vorgänge werfen ein Licht auf die Hektik, mit der Gesetze in Kraft treten. Es ist in Deutschland leider üblich geworden, dass dies bereits „am Tag nach der Verkündung“ geschieht. Erforderlich ist dies in den allermeisten Fällen überhaupt nicht. Viele Gesetze könnten auch einige Wochen oder Monate später wirksam werden, ohne dass dies irgendeinen Schaden verursachen würde.

Im Gegenteil: Eine gewisse Vorlaufzeit hat durchaus ihre Vorzüge. Die betroffenen Verkehrskreise können sich so auf die Novelle einstellen und erste Handreichungen erstellt werden – das beugt auch Fehlern bei der Anwendung der neuen Vorschriften vor. Dies betrifft nicht nur Rechtsanwälte, sondern oft auch Behörden und sonstige Institutionen. Der Gesetzgeber scheint dies aber nicht sehen zu wollen, denn die gegenüber dieser Vorgehensweise oftmals erhobene Kritik prallt wirkungslos an ihm ab.

Wäre es schädlich gewesen, wenn die Änderungen bei Gebühren und Honoraren erst am 15. August oder gar am 1. September 2013 in Kraft getreten wären? Gerade in der Urlaubszeit sicherlich nicht. Vielleicht war diese übermäßige Eil aber auch dem laufenden Wahlkampf geschuldet. „

M.E. mit Sicherheit: JA. Es wäre schädlich gewesen – für die Auswirkungen der RVG-Änderungen -, wenn „die Änderungen bei Gebühren und Honoraren erst am 15. August oder gar am 1. September 2013 in Kraft getreten wären„. Denn rund 160.000 Rechtsanwälte haben auf die linearen Erhöhungen ihrer Gebühren seit 1994 gewartet. Warum sollen sie (noch) bis zu einem Monat länger warten?

Nur, damit man im Internet eine aktuelle Online Version des BMJ findet? Wer das Gesetz jetzt schon anwenden will/muss – es findet bisher wegen der Übergangsregelung nur in wenigen Verfahren Anwendung -, der kann doch ganz gut mit den BT- und BR-Drucksachen leben und ggf. selbst lesen und rechnen. Das Internet ist doch kein „betreutes Wohnen“. Früher haben wir doch auch lange warten müssen bis die amtlichen Fassungen vorlagen und im „Schönfelder“ eingeordnet waren. Wo ist das Problem?

By the way: Andere haben es geschafft bzw. können es: Bei dejure steht das RVG in der aktuellen Fassung vom 23.07.2013. Chapeau und schönen Gruß nach Berlin ins BMJ oder nach Bonn zum Bundesamt für Justiz, davon kann man sich eine Scheibe abschneiden. Und: Finden kann man das ganz einfach über eine Suchmaschine. Das an die, die die aktuelle Version online suchen.