Archiv der Kategorie: Gebührenrecht

„Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz“, oder: Welche Änderungen sind geplant?

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Die Justiz ist in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Erfordernisse der Praxis umfassend „digitalisiert“ worden. Insbesondere der elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten ist ausgebaut worden. Nun hat die Bundesregierung am 06.03.2024 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der durch weitere Rechtsanpassungen im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung die bereits fortgeschrittene Digitalisierung in der Justiz in allen Verfahrensordnungen weiter fördern soll (vgl. BT-Drucks. 20/10943).

Ich habe über die wesentlichen geplanten Änderungen ja schon in meinen Beiträgen Regierungsentwurf zu einem „Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz“ – Die wichtigsten geplanten Änderungen (VRR 3/2024, 13 = StRR 4/2024, 10) berichtet, will aber dennoch heute hier die Änderungen auch noch einmal vorstellen. Damit man weiß, worauf man sich einstellen muss:

Vorgesehen sind u.a. folgende allgemeine Änderungen:

  • Papierakten, die vor dem 1.1.2026 angelegt wurden, dürfen als Hybridakte derart weitergeführt werden, dass in Papier angelegte Aktenteile weiterhin in Papier geführt werden, die Weiterführung der Akte elektronisch jedoch möglich ist (vgl. dazu z.B. § 32 Abs. 1a StPO-E).
  • Bestimmten Verfahrensbeteiligten soll es in allen Verfahrensordnungen ermöglicht werden, die prozessuale Schriftform für von Naturalbeteiligten oder Dritten in Papierform unterzeichnete Anträge oder Erklärungen, z.B. Insolvenzanträge, durch elektronische Übermittlung als Scan zu wahren. Die Regelung im Straf- und Bußgeldverfahren soll auf professionelle Verfahrensbeteiligte, Verteidiger und Rechtsanwälte, beschränkt werden.

Folgende Änderungen in der StPO sind vorgesehen:

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 32d Satz 2 StPO auf die Rücknahme der Berufung und der Revision sowie den Einspruch gegen den Strafbefehl und dessen Rücknahme erstreckt
  • Ersetzung von Schriftformerfordernissen bei Stellung eines Strafantrages/einer Strafanzeige.
  • Wegfall der Schriftformerfordernisse in den §§ 81f, 81g, 81h, § 114b, 424 Abs. 2 StPO
  • Audiovisuelle Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung (§ 350 StPO)

Folgende Änderungen im OWiG ist vorgesehen:

  • Erweiterung des § 110c OWiG, der auch für den durch einen Rechtsanwalt eingelegten Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gelten soll.

Folgende Änderung des RVG ist beabsichtigt:

  • § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG soll so geändert werden, dass für die Vergütungsberechnung künftig die Textform genügt.

Wegen der Einzelheiten und weiterer Änderungen, die man an anderen Stelle erwarten kann/muss, verweise ich auf die BT-Drucksache und die o.a. Beiträge-

Ich habe da mal eine Frage: Schwierig, was kann ich in dem Verbindungsfall abrechnen?

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Und dann noch die „Freitagsfrage“ zum RVG

„Hallo lieber Herr Kollege,

hier habe ich eine Konstellation, die ggf. über Ihr RVG-Rätsel gelöst werden kann (oder man Referendare damit quält), denn ich vermag es nicht:

Mein Mandantin kommt zu mir mit einer Anklageschrift und einem Strafbefehl, jeweils wegen Vorwurfs Unfallflucht. Gegen den Strafbefehl hat ein Kollege bereits Einspruch eingelegt, die Mandantin ist aber mit der bisherigen Beratung unzufrieden und hat dessen Mandat gekündigt. Wegen eines weiteren Vorfalls erfolgte die Anklage. Dort wird neben der Anklage die Verbindung  beider Verfahren beantragt, also „das Hauptverfahren zu eröffnen und dieses Verfahren mit dem dort bereits anhängigen Verfahren xxxx zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.“.

Ich melde mich beim AG zu beiden Verfahren, danach erfolgt ein Beschluss zur Verbindung beider Verfahren und ich erhalte Akteneinsicht. Nach Sezierung der Beweislage erfolgt auf umfangreichen Schriftsatz nun die erfreuliche Verfahrenseinstellung insgesamt nach § 153a StPO.

Was kann ich hier abrechnen?“

Vorsicht! Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung, oder: Der Begriff des „deutlichen Absetzens“

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Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich längere Zeit nicht mit der Vergütungsvereinbarung befassen müssen. Jetzt hat sich das OLG Düsseldorf in OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.11.2023 – 24 U 116/22zum Begriff des „deutlichen Absetzens“ in § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG geäußert.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von Anwaltshonorar nebst Verzugszinsen auf der Basis einer Vergütungsvereinbarung, deren rechtliche Wirksamkeit in Streit steht, in Anspruch genommen. Zugrunde liegt eine Vereinbarung zwischen den Parteien, bei der sich auf einem Deckblatt die Überschrift „Vergütungsvereinbarung“ und die Worten „wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:“ befinden. In der Vereinbarung ist dann ohne besondere Hervorhebung ein § 3 eingefügt, der einfach mit „Vergütung/Auslagen/Fälligkeit“ überschreiben ist.

Das LG hat verurteilt. Es ist von der Woirksamkeit der Vergütungsvereinbarung ausgegangen, insbesondere verstoße sie nicht gegen § 3a Abs. 1 S. 2 RVG. Da die Vereinbarung schon in der Überschrift als „Vergütungsvereinbarung“ bezeichnet sei und die Vereinbarung über die Vergütung alsdann in einem gesonderten und entsprechend mit einer Überschrift „Vergütung…“ gekennzeichneten § 3 geregelt sei, seien die Anforderungen an ein „deutliches Absetzen“ erfüllt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie Erfolg hatte:

„Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstößt die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung gegen § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG, weil sie nicht deutlich von anderen Vereinbarungen, die verschieden von der Vergütungsvereinbarung und der Auftragserteilung sind, abgesetzt ist. Dass die Vergütungsvereinbarung dem Gebot des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG nicht entspricht, führt zwar – anders als die Beklagte (teilweise) geltend gemacht hat – nicht etwa zur Nichtigkeit gem. § 125 BGB. Der Verstoß hat jedoch zur Folge, dass die Beklagte an die Klägerin keine höhere als die gesetzliche Vergütung entrichten muss (§ 4b RVG).

1. Zunächst ist festzuhalten, dass die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung neben der Vergütungsabrede und der Auftragserteilung noch als „andere Vereinbarungen“ iSv § 3a Abs. 1 S. 2 RVG einzustufende Regelungen enthält.

Das gilt unzweifelhaft für den in § 8 vereinbarten „Haftungsausschluss“ sowie die Gerichtsstandvereinbarung gem. § 10 Abs. 3 (vgl. dazu explizit BGH NJW 2016, 1596 Rn. 15), aber auch für § 2 („Heranziehung von Mitarbeitern des Auftragnehmers/Mitwirkung Dritter“), § 5 („Mitwirkungspflichten des Auftraggebers“), („Mündliche Auskünfte“), § 7 („Weitergabe beruflicher Äußerungen des Auftragnehmers“) sowie § 9 („Kommunikation“), da sich auch die letztgenannten Paragraphen auf das gesamte Mandatsverhältnis beziehen (vgl. allgemein hierzu BGH, a.a.O. Rn. 15 mwN).

Demzufolge liegt eine kombinierte Vergütungs- und Mandatsvereinbarung vor, die sämtlichen Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG genügen muss.

2. Die streitgegenständliche Vereinbarung erfüllt zwar unstreitig das Bezeichnungsgebot iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG, nicht jedoch das Gebot eines „deutlichen Absetzens von anderen Vereinbarungen“ iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG.

a) Für das Erfordernis „deutlich abgesetzt“ iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG kommt es weder auf die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch auf diejenigen Maßgaben an, die im Heilmittelwerberecht (§ 4 Abs. 3 S. 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 S. 2 AMG) an „deutlich abgesetzte und abgegrenzte“ Angaben gestellt werden. Entscheidend sind vielmehr allein die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele (BGH, a.a.O. Rn. 17 mwN). Nach dem Willen des Gesetzgebers zielt dies auf eine räumliche Trennung zwischen der Vergütungsvereinbarung und sonstigen Abreden ab und soll dem Schutz des rechtsuchenden Auftraggebers dienen (vgl. BT-Drs. 16/8384, 10; BGH, a.a.O. Rn. 17). Regelungsziel ist es, den Mandanten auf die Vergütungsvereinbarung klar erkennbar hinzuweisen und auf diese Weise davor zu schützen, unbemerkt eine Honorarabrede abzuschließen, die dem Rechtsanwalt von den gesetzlichen Gebührenvorschriften abweichende Honoraransprüche auf vertraglicher Grundlage verschafft (BGH, a.a.O. Rn. 17 mwN).

Um dieser Schutz- und Warnfunktion gerecht zu werden, genügt es für ein „Absetzen“ als solches von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragrafen regelt (BGH, a.a.O. Rn. 18). „Deutlich“ ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen – mit Ausnahme der Auftragserteilung – abgegrenzt ist. Dies ist objektiv zu beurteilen (BGH, a.a.O. Rn. 18). Mehr ist im Hinblick auf die vom Kostenmodernisierungsgesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I 2004, 718) grundsätzlich erstrebte Lockerung der Formvorschriften gegenüber der Vorgängervorschrift des § 3 a.F. BRAGO (vgl. BT-Drs. 15/1971, 188) nicht erforderlich. Dies lässt sich durch eine klare räumliche Trennung, aber auch auf andere Art und Weise erreichen. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Gestaltung vor (BGH, a.a.O. Rn. 18 mwN). Entscheidend ist, dass die Art der gewählten Gestaltung das gesetzgeberische Ziel erreicht: Der Mandant muss bereits bei einem einfachen Blick auf die Gesamtheit der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen unschwer erkennen können, dass sie eine Abrede enthalten, die dem Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch auf vertraglicher Grundlage verschafft, der möglicherweise von der gesetzlichen Vergütung abweicht (BGH a.a.O. Rn. 18).

b) Vorstehenden Anforderungen genügt die streitgegenständliche Vereinbarung nicht.

aa) Abgesehen von der jeweils auf dem Deckblatt (LGA 45) befindlichen Überschrift „Vergütungsvereinbarung“ und den Worten „wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:“ entspricht die weitere Gestaltung der Vergütungsvereinbarung im Kern derjenigen, welcher der BGH (a.a.O. Rn. 19) die Qualität eines „deutlichen Absetzens“ gerade abgesprochen hat:

Die in § 3 der streitgegenständlichen Vereinbarung mit „Vergütung/Auslagen/Fälligkeit“ überschriebene Abrede ist ebenfalls unauffällig in den übrigen Vertragstext eingefügt. Weil sich der besagte § 3 zwischen anderen Regelungen befindet und sich in seiner Gestaltung in keiner Weise von den anderen – oben aufgezählten – Vereinbarungen unterscheidet oder abhebt, wird dem Mandanten nicht hinreichend vor Augen geführt, dass der Vertrag eine Vergütungsvereinbarung enthält, die von den gesetzlichen Regelungen abweicht. Dass die Überschriften aller einzelnen Paragraphen und deren Nummerierung jeweils durch Fettdruck und Zentrierung hervorgehoben sind, führt ebenso wenig zu einem deutlichen Absetzen gerade des § 3 wie der Umstand an sich, dass der Vergütungsvereinbarung mit dem § 3 ein eigener Paragraph gewidmet ist. Denn der gesamte Vertragstext ist völlig einheitlich gestaltet, so dass der § 3 in diesen gleichförmig eingebettet ist.

bb) Vergeblich argumentiert die Klägerin dahingehend, dass aufgrund der einleitend unter aa) geschilderten Umstände gleichwohl ein deutliches Absetzen gegeben sei.

Zwar ist der Klägerin noch darin zu folgen, dass sich die Sachverhaltskonstellation insofern vom oben zitierten BGH-Fall unterscheidet, als dort die Überschrift auf „Beratervertrag“ lautete und die Worte „wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:“ nicht vorhanden waren. Jedoch verfängt die rechtliche Argumentation der Klägerin, die scheinbar auf der Annahme beruht, eine besonders ausgestaltete Bezeichnung iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG könne dazu führen, dass trotz der unter aa) aufgezeigten Missstände der Gestaltung gleichwohl ein „deutliches Absetzen“ bejaht werden könnte, nicht.

In diesem Kontext braucht der Senat hier nicht abstrakt zu klären, ob das Gesetz überhaupt im Ansatz Raum für eine derartige Wechselwirkung zwischen den Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG einerseits und jener des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RGV andererseits mit der Folge zulässt, dass aufgrund einer solchen ein Defizit in Bezug auf die eine Anforderung durch überobligatorische Maßnahmen in Bezug auf die Erfüllung der jeweils anderen kompensiert werden kann. Jedenfalls vermag eine entsprechende Wechselwirkung nicht derart weit zu reichen, dass die jeweils andere, kumulativ zu beachtende weitere gesetzliche Anforderung im Ergebnis obsolet wäre.

Die Beklagte verkennt insoweit, dass sich das Erfordernis des „deutlichen Ansetzens“ nämlich gerade auf den Inhalt der Vergütungsvereinbarung als solche (hier: die „eigentliche“ Vergütungsabrede gem. § 3 der Vereinbarung) und nicht etwa auf die Bezeichnung iSv § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG bezieht. Eine vermeintlich besonders ins Auge fallende Verortung der Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung kann daher nicht die eigens auf die eigentliche Vergütungsvereinbarung bezogene Anforderung des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG gänzlich hinfällig machen.

Dass die Bezeichnung als „Vergütungsvereinbarung“ nicht notwendig im Rahmen einer Überschrift vor der gesamten Mandatsvereinbarung aufscheinen muss, streitet daher keineswegs in entscheidungserheblicher Weise für die Sichtweise der Klägerin. Weder die vergrößerte Überschrift mit dem Wort „Vergütungsvereinbarung“ noch der zusätzliche Umstand, dass auf dem Deckblatt die Worte „wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:“ dispensieren je für sich noch zusammen betrachtet von einem deutlichen Absetzen der eigentlichen Vergütungsvereinbarung in § 3 von weiteren Vereinbarungen jenseits der Auftragserteilung.

Insofern verfängt auch nicht die Überlegung der Klägerin, wonach vorstehend genannte Maßnahmen auf dem Deckblatt den Mandanten bereits derart sensibilisierten, dass die Gefahr eines unabsichtlichen Abschlusses eines (von der gesetzlichen Vergütung möglicherweise abweichenden) Zeithonorars von vornherein gebannt sei. Denn eine der vom Gesetzgeber insoweit geforderten Maßnahmen liegt in einem deutlichen Absetzen gerade der Vergütungsvereinbarung als solcher von sonstigen Vereinbarungen jenseits der Auftragserteilung begründet. Die „eigentliche“ Vergütungsvereinbarung als solche muss in einer irgendwie gearteten, geeigneten Weise so gestaltet sein, dass auch diese an der Etablierung der gewünschten Warn – und Schutzfunktion in maßgeblicher Weise teilhat. Wie der BGH – siehe oben – klargestellt hat, muss der Mandant bereits bei einem einfachen Blick auf die Gesamtheit der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen (Hinzufügung diesseits: und nicht etwa nur auf die Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung) unschwer erkennen können, dass sie eine Abrede enthalten, die dem Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch auf vertraglicher Grundlage verschafft, der möglicherweise von der gesetzlichen Vergütung abweicht. Es reicht also gerade nicht ein Blick auf die Überschrift oder auf andere Vertragsteile im bloßen Vorfeld der einzelnen konkreten Vereinbarungen.

Die gegensätzliche Argumentation der Klägerin läuft letztlich darauf hinaus, dass jede Vereinbarung, die mit „Vergütungsvereinbarung“ überschrieben ist, zugleich die Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG erfüllen würde. Das würde indessen die gesetzliche Vorgabe des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG in unstatthafter Weise gleichsam aushöhlen.

2. Da die streitgegenständliche Vereinbarung nach alledem nicht der gesetzlichen Vorgabe des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG entspricht, ist der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Vergütungsvereinbarung der Höhe nach auf denjenigen Betrag nach obenhin begrenzt, welcher der gesetzlichen Vergütung entspricht (§ 4b RVG).

Die Beklagte hat insofern auf ihren unwidersprochen gebliebenen erstinstanzlichen Vortrag im Schriftsatz vom 14.10.2021 (LGA 220f; s. auch LGA 245 a.E.) Bezug genommen (OLGA 131 a.E.), in dem sie das gesetzlich geschuldete Honorar berechnet und ausgeführt hat, dass die Klägerin bereits überbezahlt sei. Dem ist die Klägerin auch zweitinstanzlich nicht gesondert entgegen getreten.

Damit sind gesetzliche Honoraransprüche der Klägerin im gegebenen Umfang bereits vorgerichtlich erfüllt worden (§ 362 Abs. 1 BGB), so dass für eine weitergehende Verurteilung der Beklagten kein Raum besteht.“

Teures Lehrgeld für die Klägerin, aber: Nach der vom OLG angeführten Entscheidung des BGH (NJW 2016, 1596 = AGS 2016, 56) war das zu erwarten. Denn die vom BGH an das „deutliche Absetzen“ gestellten Anforderungen, die vom OLG angewendet werden, sind recht streng. Zu deren Erfüllung reicht eben nicht, worauf auch das OLG hingewiesen hat, dass versucht wird, durch Maßnahmen auf einem Deckblatt den Mandanten bereits derart zu sensibilisieren, dass die Gefahr eines unabsichtlichen Abschlusses eines (von der gesetzlichen Vergütung möglicherweise abweichenden) Zeithonorars von vornherein gebannt ist.

Fazit: Vergütungsvereinbarung/Formulare ggf. anpassen.

Besprechungsgebühr im Zivilverfahren entstanden?, oder: Was ist eine Besprechung/ein Gespräch?

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Und heute am Gebührenfreitag zwei OLG-Entscheidungen.

Die erste, der OLG Bamberg, Beschl. v. 18.01.2024 – 2 WF 177/23.  – behandelt eine Problematik aus einem familienrechtlichen Verfahren, gilt also für die Terminsgebühren nach Teil 3 VV RVG, also mal nicht Straf- oder Bußgeldsachen.

In dem Beschluss geht es um die Frage, welche Anforderungen an Gespräche erfüllt sein müssen, wenn dafür eine Terminsgebühr entstehen soll. Es geht um ein Gespräch zwischen Telefongespräch zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller und dem zuständigen Richter beim AG.

Das OLG sieht solche einseitigen Gespräche nur einer Partei mit dem Gericht nicht als Besprechung im Sinne von Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG an. Erforderlich sei vielmehr stets die Beteiligung von zumindest zwei am Verfahren Beteiligten mit dem Ziel, im Rahmen der Besprechung eine Erledigung des Verfahrens herbeizuführen. Ein Telefongespräch zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten einer Partei und dem zuständigen Richter könne daher mangels Einbeziehung der Gegenseite keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG auslösen.

Zur Begründung, auf die ich im verlinkten Volltext verweise, bezieht sich das OLG auf die Gesetzesmaterialien zur Einführung des RVG (vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/1971, S. 209), denen zum 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22.12.2006 (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/3038, S. 56) und auch denen zur Neufassung von Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 274). Nach dem gesetzgeberischen Willen erfasse der Begriff der Besprechung danach den mündlichen und auch telefonisch möglichen Austausch von Erklärungen mit der Gegenseite, wobei die Bereitschaft der Gegenseite bestehen müsse, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten.

Das OLG hat sich damit der wohl überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen (Nachweise im Beschluss). Das letzte Wort ist damit aber im Zweifel noch nicht gesprochen. Das OLG hat nämlich die Rechtsbeschwerde zugelassen, so dass sich ggf. der BGH demnächst zu der Streitfrage äußern wird.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie werden „Löschungsanträge“ nach dem CanG abgerechnet?

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Am Freitag hatte ich die Frage(n):  Ich habe da mal eine Frage: Wie werden „Löschungsanträge“ nach dem CanG abgerechnet? „in den „Raum“ gestellt. Hierzu meine Antwort(en).

„Ich denke, dass ist keine Strafvollstreckung i.S. des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG. Das entsprechende gerichtliche Verfahren dürfte ja wohl eins nach den §§ 23 ff. EGGVG sein. Und dann ist es Teil 3 VV RVG.“

Auf Nachfrage bei meinem Mitautor:

„Also: Herr Volpert und ich sind uns einig: Das ist keine Strafsache nach Teil 4 VV RVG, deshalb Geschäftsgebühr VV 2300 VV RVG für die Tätigkeit gegenüber dem Bundeszentralregister.“

Und zum Gegenstandswert:

„Haben sie schon mal im Streitwertkatalog geschaut? Nun, falls nicht: Vielleicht finden Sie da ja etwas Vergleichbares.

Ich meine, dass es da nichts gibt. Also bleibt nur der Auffangtatbestand. Und bevor die nächste Frage kommt: Nicht für jede Eintragung.“

Und wenn ich gleich hier nachgeschaut hätte, wäre es einfacher gewesen 🙂