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Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Nach welchem Gebührenrahmen, LG oder SchwG, kann ich abrechnen?

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Am vergangenen Freitag hatte ich üner: Ich habe da mal eine Frage: Nach welchem Gebührenrahmen, LG oder SchwG, kann ich abrechnen?, berichtet.

Hier meine Antwort, die auch einige andere Kollegen gegeben hatten, nachdem der Sachverhalt „nachgebessert“ war:

„Die Frage verstehe ich nicht und auch die Antwort des Kollegen nicht, die Sie im Ohr haben.

Es kann doch nach dem Wortlaut der Nr. 4118 VV RVG nur darum gehen, ob beim Schwurgericht verhandelt worden ist oder bei einer Strafkammer nach den §§ 74a, 74c GVG. Angeklagt war nach §§ 223, 224 StGB. Dann ist doch im Zweifel zur normalen großen Strafkammer vorgelegt worden oder ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, den Sie ja nun sicherlich auch gelesen haben, etwas anderes? Wahrscheinlich nicht.

Die Frage des Sicherungsverfahrens spielt insoweit keine Rolle. Sie spielt nur dann eine Rolle, wenn das Schwurgericht ggf. im Sicherungsverfahren verhandelt hat, weil man dann fragen könnte, ob das dann die Nrn. 4118 ff. RVG ausschließt?. Die Frage stellen heißt aber, sie verneinen.

Mir erschließt sich nicht, woraus der Kollege, dessen „Antwort Sie im Ohr haben“, aus dem Umstand: „normales“ Sicherungsverfahren schließt, dass dann Gebühren nach den Nrn. 4118 ff. RVG entstehen.“

Ich habe da mal eine Frage: Nach welchem Gebührenrahmen, LG oder SchwG, kann ich abrechnen?

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Und dann noch die Gebührenfrage – mal wieder auf der FB-Gruppe „Strafverteidiger“, und zwar wie folgt:

„……

ich stehe (trotz Kommentar) etwas auf dem Schlauch. in einem Sicherungsverfahren war ich beigeordnet. (Große Strafkammer nach § 76 GVG drei Berufsrichter zwei Schöffen). Ich will jetzt abrechnen, weiß aber nicht in welcher strukturellen Besetzung die Kammer entschieden hat, also ob bsp. die Gebühren Nrn. 4112/4114 VV RVG anfallen oder die aus Nrn. 4118/4120 VV RVG. Weder auf dem PV-Beschluss noch auf dem Eröffnungsbeschluss steht etwas. Ich weiß nur, dass es eine große Strafkammer war.“

Durch Nachfragen – die erforderlich waren – anderer Gruppenmitglieder, was denn der Tatvorwurf gewesen sei und ob eine Zuständigkeit nach § 74a GVG oder § 74c GVG überhaupt gegeben gewesen wäre, ist „nachgebessert“ worden: “ ….. es waren erst zwei Anklagen wegen §§ 223, 224 zum AG. Diese wurden verbunden und es wurde dem LG vorgelegt. Das hat eröffnet und verhandelt.“

Welche Auslagenerstattung nach Zurückverweisung?, oder: Auslegung von „Die Kosten des Termins….“

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Wird ein Urteil im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren aufgehoben, stellt sich ggf. nach der abschließenden Entscheidung im neuen Erkenntnisverfahren die Frage, welche Gebühren die Staatskasse ggf. als notwendige Auslagen des Beschuldigten/Betroffenen tragen muss. Das LG Magdeburg befasst sich in LG Magdeburg, Beschl. v. 14.2.2024 – 26 Qs 6/24 mit einer amtsgerichtlichen Kostenentscheidung in einem Verfahren, in dem zunächst ein Verwerfungsurteil ergangen war. Zudem nimmt es zur Verfahrensgebühr Stellung.

Das AG hatte im Hauptverhandlungstermin am 15.08.2022 den Einspruch des Betroffenen gegen einen gegen ihn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassenen Bußgeldbescheid verworfen, weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung ohne Entschuldigung ferngeblieben sei  (§§ 73, 74 Abs. 2 OWiG). Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das OLG das AG-Urteil mit Beschluss vom 06.03.2023 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des AG zurückverwiesen. Das AG hat den Betroffenen dann mit Urteil vom 04.09.2023 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt. Die Kostenentscheidung lautete wie folgt: „„Die Kosten des Termins vom 15.08.2022 und des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last. Im Übrigen trägt der Betroffene die Kosten des Verfahrens.”

Der Verteidiger des Betroffenen hat die Festsetzung der von der Staatskasse zu erstattenden Auslagen des Betroffenen beantragt. Dabei hat er für den Hauptverhandlungstermin vom 15.08.2022 eine Verfahrensgebühr Nr 5109 VV RVG und eine Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG nebst Abwesenheitsgeldern und Postpauschale Nr. 7002 VV RVG sowie die Verfahrensgebühr Nr. 5113 VV nebst einer weiteren Pauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht.

Die Bezirksrevisorin beim LG hat Einwendungen gegen die Geltendmachung der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5109 VV RVG sowie der Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG für das erstinstanzliche Verfahren erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Staatskasse neben den notwendigen Auslagen des Betroffenen für das Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch die notwendigen Auslagen für den Termin am 15.08.2022 auferlegt worden seien. Die Verfahrensgebühr und auch die Pauschale seien jedoch nicht für den Termin selbst, sondern für das „übrige” Verfahren entstanden. Diese Auslagen seien nicht ausscheidbar und daher nicht zu erstatten.

Das AG hat das anders gesehen und ist dem Kostenfestsetzungsantrag des Betroffenen gefolgt. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG und der Postpauschale Nr. 7002 VV RVG hat es damit begründet, dass das Verfahren vom OLG an das AG zurückverwiesen worden sei. Damit sei § 21 Abs.1 RVG einschlägig.

Dagegen hat die Bezirksrevisorin sofortige Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt hat. Dort hatte die sofortige Beschwerde Erfolg:

„Die sofortige Beschwerde der Landeskasse hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Festsetzung der dem Betroffenen aufgrund der Kostengrundentscheidung des Urteils des Amtsgerichts Wernigerode vom 04.09.2023 zu erstattenden notwendigen Auslagen auch auf die beantragte Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG sowie die Postpauschale, jeweils nebst 19 % Umsatzsteuer, erstreckt. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 18.10.2023 sowie in ihrer Beschwerdebegründung vom 04.12.2023, denen sich die Kammer nach kritischer Prüfung vollinhaltlich anschließt, Bezug genommen. Die Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG entsteht unabhängig von der Durchführung eines Hauptverhandlungstermins und kann daher nicht – wie die Verteidigung meint – untrennbar mit einem solchen verbunden sein. Ebenso wenig ergibt sich vorliegend aus der Regelung des § 21 Abs. 1 RVG eine Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr Nr. 5109 und der Postpauschale im Wege der Festsetzung der dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen. Es mag nach dieser Vorschrift eine weitere Verfahrensgebühr angefallen sein, allerdings ist diese nach der Kostengrundentscheidung des Urteils vom 04.09.2023 nicht von der Landeskasse, sondern vom Betroffenen zu tragen.“

Die Entscheidung ist zutreffend. M.E. kommt es bei der Bewertung der Entscheidung zunächst auf die vom LG angesprochenen Fragen des Entstehens der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr sowie die der Frage der Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1 RVG) an. Insoweit stellt das LG zutreffend dar, dass die Terminsgebühr nach Vorbem. 5. Abs. 3 VV RVG und auch Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG für die Teilnahme des Rechtsanwalts an einem Termin entsteht. Es handelt sich um eine der in den Vorbem. 5 Abs. 2 VV RVG bzw. Nr. 4 Abs. 2 VV RVG erwähnten besonderen Gebühren. Die durch sie abgegoltene Teilnahme wird nicht von einer Verfahrensgebühr (für das gerichtliche Verfahren) erfasst. Die erfasst nur das (allgemeine) Betreiben des Geschäfts (zum Abgeltungsbereich der Gebühren Burhoff AGS 2022, 1 und 97). Und man muss auch nicht darüber streiten, dass durch die Zurückverweisung der Sache gem. § 21 Abs. 1 RVG alle Gebühren – mit Ausnahme der Grundgebühr – noch einmal entstehen, da es sich nach Zurückverweisung um eine neue Angelegenheit i.S. von § 15 RVG handelt (vgl. dazu Burhoff AGS 2023, 102; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Teil A Rn 2690 ff.). Damit hat das LG Recht, wenn es – unter Bezugnahme auf die Bezirksrevisorin ausführt -, dass durch den Termin vom 15.8.2022 eine Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG nicht mehr entstehen konnte. Denn die war bereits durch die sonstigen Tätigkeiten des Verteidigers im gerichtlichen Verfahren – unabhängig von der Hauptverhandlung entstanden. Es handelt sich nicht (mehr) um „die Kosten des Termins ….“.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie geht man mit der (Verlängerungs)Pause um?

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Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Wie geht man mit der (Verlängerungs)Pause um?

Und ich hatte dem Kollegen, den ich gut kenne, geantwortet:

„Lies mal bitte RVG Kommentar Vorbem. 4.1 VV Rn 57 und 58, wenn du es nicht schon getan hast. :-).

Zusammenfassung danach: Es werden mehrere Unterbrechungen an einem Tag nicht zusammengerechnet, jede hat ihr eigenes Schicksal. Das bedeutet hier: Die 70 Minuten waren angekündigt, die zählen nicht als HV-Zeit bzw. werden abgezogen. Danach wir neu gezählt. Und dann hast du nur 30 Minuten, die werden als HV-Zeit gerechnet, also nicht abgezogen. Denn auf die hast du dich nicht zusätzlich noch einrichten können.“

Und hier dann der <<Werbemodus ein>> obligatorische Hinweis auf: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, den man hier bestellen kann, um solche Fragen klaären zu können. <<Werbemodus aus>>.

Ich habe da mal eine Frage: Wie geht man mit der (Verlängerungs)Pause um?

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Und dann noch die Gebührenfrage. und zwar heute aus einer FB-Gruppe: „Sachliche Sachverteidiger“. Es geht um die (neue) Pausenregelung in Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG. Neu, weil die Regelung ja erst duch das KostRÄndG 2021 ins RVG gekommen ist. Eine „weise“ Entscheidung, weil sich durch die Regelung m.E. viele Fragen geklärt haben. Das merkt man auch daran, dass es seitdem nur wenig Entscheidungen gibt, die sich mit der „Pausenproblematik“ befassen (müssen).

So, und gestellt worden ist folgende Frage:

„Wie würdet Ihr bei Anwendung von der Vorbemerkung 4.1 Abs. 3 Satz 2 der Anlage 1 zum RVG:

„Dies gilt nicht für Wartezeiten und Unterbrechungen, die der Rechtsanwalt zu vertreten hat, sowie für Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden.“

vorgehen, wenn das Folgende geschieht: Es wird eine Pause von zunächst 70 Minuten angeordnet. Bei Wiederkehr wird eine weitere Pause (Verlängerung) von 30 Minuetn angeordnet.

Sind nun (nur) 70 oder 100 Minuten abzuziehen?“