Archiv für den Monat: April 2018

Der dürstende Hund im Pkw, oder: Tierquälerei

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Schon etwas älter ist das AG München, Urt. v. 29.11.2017 – 1115 OWi 236 Js 193231/17, aber es passt dann jetzt ganz gut in die Jahreszeit. Denn die warmen Tage kommen (hoffentlich) und Wärme/Hitze spielt in dem Urteil eine Rolle. Es geht nämlich um eine Betroffene, die vom AG schuldig gesprochen worden ist, fahrlässig einem Hund erhebliche Leiden zugefügt zu haben. Das ist/war eine Ordnungswidrigkeit gem. §§ 2, 18 Abs. 1 TierschutzG – kurz: Tierquälerei.

Das AG hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 13.09.2016 zwischen 11.00 Uhr und 11.30 Uhr parkte die Betroffene ihr Fahrzeug amtliches Kennzeichen M-xxx in Hof, an der Ecke Jaspisstein/Ottostraße. Obwohl das Fahrzeug der prallen Sonne ausgesetzt war, ließ sie ihren Hund, eine Rottweiler/Doggenmischung in der prallen Sonne bei Außentemperaturen laut Wetterwarte Hof von 25 Grad Celsius zurück. Lediglich die hintere Scheibe der Beifahrerseite war einen Spalt, maximal 5 cm geöffnet. Alle anderen Fenster waren verschlossen. Wasser stand dem Hund nicht zur Verfügung. Er hatte bereits blutunterlaufene Augen, Schaum vor dem Mund und hyperventilierte. Die starke Erhitzung im Fahrzeug erzeugte eine andauernde Wärmeempfindung des Hundes. Dadurch entstand bei diesem die Motivation, einen kühleren, schattigen Ort aufzusuchen. Da der Hund den Pkw nicht verlassen konnte, blieb das Hitzeempfinden bestehen. Der Hund erlebte seine Unfähigkeit, die Situation im Rahmen seiner Möglichkeiten zu bewältigen. Beim Hecheln des Hundes ging über den Atmungstrakt dem Körper vermehrt Wasser verloren, eine Austrocknung war die Folge.“

Die Betroffene hatte das anders dargestellt: „.………., sie habe den Hund bei offenem Autofenster maximal 20 Minuten im Auto gelassen. Außerdem habe sich eine Wasserschale im Auto befunden. Dabei habe sie das Auto circa alle 10 Minuten kontrolliert und beim zweiten Nachsehen sei bereits die Polizei vor Ort gewesen, die den Hund unter Augen des Sohnes gewaltsam mitgenommen habe. Ferner seien blutunterlaufene Augen bei der Rasse des Hundes ganz normal, ebenso das Hecheln, wenn es warm ist. „

Das AG hat das aufgrund von Zeugenaussagen als widerlegt angesehen und die Betroffene zu einer Geldbuße von 200 € verurteilt. Zur Fahrlässigkeit führt es aus:

„Die Betroffene hätte die Gefahr für den Hund durchaus erkennen können. In der Presse wird häufig über solche Fälle, sei es im Auto zurückgelassene Kleinkinder oder Tiere mit den entsprechenden Gefahren berichtet. Sie hätte auch ohne weiteres durch Öffnen der Fenster und Bereitstellen einer Wasserschale, das Leiden des Hundes verhindern können.“

Wer als Polizeibeamter immer wieder säuft und (Alkohol)Verkehrsstraftaten begeht, fliegt

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Über das OVG Koblenz, Urt. v. 07.03.2018 – 3 A 11721/17.OVG – ist schon an verschiedenen anderen Stellen berichtet worden. Nachdem ich nun den Volltext habe, will ich darüber auch im samstäglichen Kessel-Buntes berichten. Denn das Urteil gehört in die „Abteilung“ Verwaltungsrecht, obwohl Verkehrsstraftaten auch eine Rolle spielen.

Es geht um die Entfernung eines Polizeibeamte aus dem Dienst. Begründung für die Disziplinarmaßnahme: Alkoholrückfall und Verkehrsstraftaten unter Alkoholeinfluss. Zudem hatte sich der Polizeibeamte – so das VG und das OVG – durch sein anmaßendes Verhalten anlässlich eines Verkehrsunfalls eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht, und zwar hatte er nach einem Verkehrsunfall, an dem er beteiligt war, eine Jacke mit der Aufschrift „Polizei“ angezogen, um die besondere Autorität der Polizei für seine privaten Zwecke in Anspruch zu nehmen. Aueßerdem hatte er sich mit den den Unfall aufnehmenen Kollegen in ein „Streitgespräch“ verwickelt.

Im Disziplinarverfahrens ist der Polizeibeamten dann aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Dagegen seine Klage beim VG, die keinen Erfolg hatte. Auch die Berufung beim OVG war erfolglos. Da das OVG-Urteil recht lang ist – sind immerhin 31 Seiten, nehme ich hier dann wegen der Begründung mal die Ausführungen aus der PM. Da heißt es zusammengefasst:

„Der Beamte habe durch sein Verhalten ein sehr schwer wiegendes Dienstvergehen begangen, wodurch er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Dabei sehe das Gericht den Schwerpunkt seiner Verfehlungen bei seinen unter Alkoholeinfluss begangenen Verkehrsstraftaten in Verbindung mit seinem Fehlverhalten anlässlich des Unfalls im November 2014. Schon diese Vorfälle und die von ihnen ausgehende Vertrauensbeeinträchtigung machten unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten seine Dienstentfernung unausweichlich. Bliebe er im Dienst, so müsste künftig jederzeit mit ähnlichem Fehlverhalten gerechnet werden. Seine Entfernung aus dem Dienst sei erst recht unumgänglich, wenn man seinen schuldhaften Rückfall in die „nasse Phase“ seiner Alkoholkrankheit – spätestens im Oktober 2015 – in die Betrachtung einbeziehe. Denn auch hierin liege eine Dienstpflichtverletzung von einigem Gewicht. Der Polizeibeamte, bei dem jedenfalls seit 2003 eine Alkoholsuchterkrankung bestehe, habe seine Alkoholsucht nach einer Behandlung im Jahr 2004 bis 2015 unter Kontrolle gehabt. Der Rückfall sei Ausdruck einer Haltlosigkeit und einer Willens- und Charakterschwäche, welche mit der Pflichtenstellung eines Polizeibeamten unvereinbar sei.“

Den Rest bitte ggf. selbst lesen…..

Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich die Nr. 4141 VV RVG, wenn das Verfahren gem. § 260 Abs. 3 StPO eingestellt wird?

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Ich war gestern unterwegs, bekomme aber natürlich 🙂 – sehr zur Freude meiner Frau 🙂 – meine Mails auf das Smartphone nachgesandt. Und darunter war gestern auch eine Anfrage, die mich ein wenig ratlos zurückgelassen hat. Ich habe sie natürlich von unterwegs beantwortet. Ich will sie dann aber hier (auch/dennoch) zur Diskussion stellen, und zwar:

„Sehr geehrter Herr Burhoff,

leider konnte ich in Ihrem Kommentar zu folgendem Problem keine Antwort finden:

Die Gebühr 4141 VV RVG soll entstehen, wenn der Hinweis des Rechtsanwalts auf den Tod des Mandanten zur Einstellung des Verfahrens nach § 206 a StPO führt (S. 1074). Ich frage mich nun, ob die Gebühr auch entsteht, wenn das Verfahren durch Urteil gem. § 260 Abs. 3 StPO eingestellt wird? Wenn man ausschließlich auf den Hinweis des Verteidigers und das Ergebnis, also die Einstellung des Verfahrens, und nicht die Norm, nach der die Einstellung erfolgt, abstellt, müsste die Gebühr doch entstanden sein – oder?

Vielen Dank.“

Nun, vielleicht hat hier ja jemand eine zündende Idee.  Ich bin gespannt….

Wann verjährt der Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers, oder: Augen auf, denn es geht um Ihr Geld….

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Und als zweite nicht so erfreuliche Entscheidung habe ich dann den LG Cottbus, Beschl. v. 16.11.2017 – 21 Kls 5/10, schon etwas älter, abr ich habe ihn erst vor kurzem erhalten und stelle ihn als Warnung für Pflichtverteidiger online. Denn es geht um die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Pflichtverteidigers. Der verjährt, sagt das LG gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ab  Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

 

„Der vom Antragsteller mit Kostenfestsetzungsantrag vom 30. Dezember 2014 gestellte Antrag auf Vergütung der ihm im Strafverfahren entstandenen Pflichtverteidigergebühren nach § 55 RVG ist verjährt. Die Kammer tritt insoweit der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors bei.

Nach 8 Abs. I RVG wird die Vergütung des Pflichtverteidigers für seine Tätigkeit in der ersten Instanz mit Abschluss dieser ersten Instanz fällig. Zum Abschluss gelangte diese vorliegend mit Verkündung des Urteils des Landgerichts Cottbus am 2. Dezember 2010.

Die Rechtskraft des Urteils braucht – für die Fälligkeit der Vergütung der Pflichtverteidigergebühren – nicht vorliegen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., Rn. 11 zu § 8 RVG).

Gemäß 199 Abs. 1 Nr. I BGB beginnt die Frist des Vergütungsanspruches des Pflichtverteidigers mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Mit Ende des erstinstanzlichen Verfahrens am 2. Dezember 2010 begann somit die in 195 BGB geregelte dreijährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2011. Die ab diesem Zeitpunkt laufende Verjährung war gemäß 8 Abs. 2 §. 1, 2 RVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gehemmt. Davon ausgehend, dass die Rechtskraft des Urteils seit dem 19. Juli 2011 besteht, setzte sich die dreijährige Verjährungsfrist ab dem 20. Juli 2011 fort und endete somit am 19. Juli 2014.

Nach alledem hat der Verteidiger seinen am 31. Dezember 2014 bei Gericht eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag verspätet gestellt, da erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben.

Soweit sich der Antragsteller bezüglich der von ihm vertretenen Rechtsauffassung auf die Entscheidungen des KG Berlin und des OLG Braunschweig beruft, beziehen sich diese im Gegensatz zum vorliegenden Fail – auf die Frage der Verjährung des Anspruches auf Pauschvergütung. Beide Entscheidungen gehen explizit auf die Besonderheiten der Pauschvergütung ein und arbeiten die Unterschiede zur regulären Pflichtverteidigervergütung heraus. Die dortigen Überlegungen zur Frage der Verjährung des Anspruches auf Pauschvergütung sind gerade nicht auf die Pflichtverteidigervergütung übertragbar.

Im Gegensatz zu der der Höhe nach feststehenden Pflichtverteidigervergütung kann die Pauschvergütung erst nach Abschluss des Verfahrens und nicht schon mit Erlass des erstinstanzlichen Urteils oder Beendigung des Rechtszuges erfolgen. Denn von der für das gesamte Verfahren zustehenden Pauschgebühr werden auch solche Leistungen erfasst, die der Rechtsanwalt erst nach den in 8 Abs. 1 §. 2 RVG genannten Fälligkeitszeitpunkten erbracht hat; die hierfür entstehende Vergütung kann naturgemäß erst danach fällig werden. Daher sind für die Prüfung, ob und in welcher Höhe dem Rechtsanwalt eine Pauschgebühr zusteht, in einer Gesamtschau sämtliche Tätigkeiten des Verteidigers in allen Verfahrensabschnitten zu berücksichtigen. Ist der Anspruch aus § 51 RVG im Zeitpunkt der Fälligkeit einzelner gesetzlicher Gebühren jedoch noch gar nicht entstanden, verbietet sich auch in Bezug auf den Verjährungsbeginn eine Gleichbehandlung mit den gesetzlichen Regelgebühren (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 25. April 2016 – I ARS 9/16). Erst wenn in dieser Weise festgestellt ist, dass dem Antragsteller überhaupt ein Pauschgebührenanspruch zusteht, tritt dieser an die Stelle des Anspruches auf die gesetzlichen Gebühren.

Diese Unterschiede führen zu einer unterschiedlichen Beurteilung des Zeitpunktes des Verjährungsbeginns, weil der Zeitpunkt des Beginns der Verjährung aus Gründen der Rechtsicherheit von vornherein feststehen muss und nicht von dem ungewissen Ergebnis einer (nachträglichen) Prüfung abhängen darf, ob schon mit Beendigung des ersten Rechtszuges eine Pauschvergütung verdient war oder erst später infolge weiterer entfalteter anwaltlicher Tätigkeit entstanden ist. Aus diesem Grund stellt das KG Berlin ausdrücklich fest, dass der Anspruch aus § 51 RVG hinsichtlich des Verjährungsbeginns nicht mit dem Anspruch des Pflichtverteidigers nach § 55 RVG gleichbehandelt werden darf (NStZ-RR 2015, 296).

Im vorliegenden Fall geht es aber allein um den Anspruch des Pflichtverteidigers auf seine Regelvergütung, die mit Abschluss der ersten Instanz fällig wird, ohne dass es auf die Rechtskraft der Entscheidung ankommt.“

Also: Augen auf und sich nicht durch die Rechtsprechung der OLG zur Verjährung der Pauschvergütung verwirren lassen.

500-Blatt-Formel, oder: Was schert mich mein Geschwätz von gestern, jedenfalls aber: 500-Blatt-Formel, ade!

Heute am „Gebührenfreitag“ zwei nicht so schöne Entscheidungen. Bei dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.04.2016 – 3 AR 256 u. 257 u.  258 u. 259/16, den mir der Kollege B.Jäger aus Düsseldorf übersandt habe, war ich mir nicht so klar, wie ich das Posting eröffnen soll. Mit „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ oder: „Da geht sie hin die schöne 500 Blatt-Formel“. Denn es geht um Pauschgebühr (§ 51 RVG) und die Frage: Wie wird eigentlich die Einarbeitung in umfangreiche Akten bewertet? Das OLG hatte diese Formel im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.06.2015 – III 3 AR 65/14 entwickelt, war davon aber schon im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.05.2016 – 3 AR 118/16 – nach Kritik ein wenig abgerückt. Nun hat es sich ganz abgewendet, aus welchen Gründen auch immer. Ich vermute, dass die Neubesetzung des Senatsvorsitzes nicht ganz ohne Einfluss ist/war. Denn seitdem der gewechselt hat, hat sich m.E. die Rechtsprechung zur Pauschgebühr aus Düsseldorf nicht unbedingt verbessert. Also würde auch passen. „Neue Besen kehren gut“. Nun ja, ob gut, lassen wir mal dahin stehen.

Jedenfalls gilt: 500-Blatt-Formel, ade:

„bb) Ein mit den Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis nicht angemessen abgegoltenes Schwergewicht der Arbeit der Pflichtverteidiger lag hier jedoch ohne Zweifel in der erstmaligen Einarbeitung in die Ermittlungsakten, die sich bis zum Beginn der Hauptverhandlung auf ca. 96.000 Seiten beliefen und damit im Vergleich zu einem normalen „Rechtsfall“ i. §. d. Nr. 4100 VV als weit überdurchschnittlich umfangreich erwiesen. Es liegt daher auf der Hand, dass die Antragsteller für diese Tätigkeit mit dem zumindest überwiegenden Teil ihrer Arbeitskraft für längere Zeit gebunden waren, so dass die gesetzlichen Gebühren für diesen Verfahrensabschnitt unzumutbar sind.

Der Senat bemisst die für diesen Verfahrensabschnitt zu gewährende Pauschvergütung allerdings nicht länger nach der von ihm entwickelten „500-Blatt-Formel“. Im Versuch der Schaffung einer objektiven Bewertungsgrundlage war der Senat davon ausgegangen, dass vom Pflichtverteidiger angesichts der Höhe der Grundgebühr der Nr. 4100 W das Studium einer Akte von nicht mehr als 500 Blatt erwartet werden könne, so dass diese Grundgebühr dem Gesamtumfang der Akten entsprechend verhältnismäßig erhöht wurde (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 23. Juni 2015 — 111-3 AR 65/14; s.o.). Diese mathematische Herangehensweise ist nicht nur von anderen Oberlandesgerichten mangels hinreichender Eignung „für die Findung eines an sämtlichen Gesichtspunkten und am Gesamtgepräge eines konkreten Falles orientierten billigen und zumutbaren Ausgleichs für die entfaltete anwaltliche Tätigkeit“ abgelehnt worden (vgl. etwa OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Juli 2016 — 4 ARS 91/15 juris). Auch führt sie in Umfangsverfahren heutigen Zuschnitts, die — gerade im Bereich der Kommunikationsüberwachung — von flächendeckender Informationssammlung mit umfassendem Datenbestand geprägt sind, zu keinen hinreichend angemessenen Ergebnissen. Die Akteninhalte sind nicht mehr in ihrer Gesamtheit per se klassischer Lesestoff, sondern bedürfen in großen Teilen lediglich der kursorischen Erfassung und sind Grundlage für computergestützte Recherchen. Dieses Bild ergibt sich auch im vorliegenden Verfahren. Der Senat hat die gesamten zu Beginn der Hauptverhandlung existenten ca. 96.000 Blatt Akten und Beiakten einer aufwändigen stichprobenartigen Sichtkontrolle unterzogen und dabei festgestellt, dass nur etwa ein Drittel davon eigentliches Lesematerial enthält. Der restliche (Groß-)Teil besteht aus Deckblättern, teilbeschrifteten Seiten, Doppeln, Fotos, Quittungen, Formularen und Vertragsbedingungen, Tabellen, TKO-Ereignis- und E-Mail-Listen sowie sonstigen technischen Daten. Wenn natürlich auch diese Aktenbestandteile eine gewisse geistige Aufmerksamkeit der Antragsteller erforderten, so handelt es sich doch nicht um diejenigen Akteninhalte, deren sachgerechte Bewertung der Senat durch die Schaffung der „500-Blatt-FormeI“ bewirken wollte. Schließlich tritt hinzu, dass sich der Senat in den vergangenen Jahren wiederholt in anderen Verfahren mit Fällen zu befassen hatte, in denen Pflichtverteidiger unter Berufung auf die „500-Blatt-Formel — etwa für das (angebliche) Studium von (auf ihren Antrag) beigezogenen Akten aus anderen Großverfahren, die nach Mitteilung des Tatgerichts im Wesentlichen ohne Bedeutung für das zu entscheidende Verfahren blieben — weit überhöhte Pauschanträge in zum Teil sechsstelliger Höhe stellten.

Der Senat kehrt daher zu einer Bemessung der Pauschgebühr durch Bewertung der konkreten Vorbereitungstätigkeit des Pflichtverteidigers — insbesondere durch die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall — zurück. Zwar kann der Senat sich hierzu naturgemäß nicht wie zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung in die Verfahrensakten einarbeiten — tatrichterlich war er hier selbst nicht zuständig. Die vorgenannte stichprobenartig durchgeführte Sichtprüfung der Akten bietet aber eine hinreichend tragfähige Grundlage zur Ausübung des insoweit bestehenden pflichtgemäßen Ermessens. Sie ergibt, dass das Verfahren selbst im Vergleich mit anderen erstinstanzlichen OLG-Staatsschutzverfahren einen höchst außergewöhnlichen Umfang hatte. Es handelte sich um eines der umfangreichsten Al Qaida-Verfahren in Deutschland, das schon vom ermittelnden Bundeskriminalamt mit größtem Aufwand betrieben wurde und angesichts der nicht geständigen Angeklagten zu einer aufwändigen und anspruchsvollen Beweisaufnahme und -würdigung führte. Vor diesem Hintergrund erscheinen die von den Antragstellern zum Teil ins Feld geführten   mehrere Hundert Stunden für die Einarbeitung nicht aus der Luft gegriffen.“

Ich frage mich bei solchen Rechtsprechungsänderungen immer: Warum eigentlich und: Hat sich niemand bei „Einführung“ der 500-Blatt-Formel Gedanken gemacht, wohin die führen kann? Aber egal, mit einem Federstrich entscheidet man sich anders, obwohl man die Formel ja auch sicherlich noch einschränkend hätte anwenden können. Aber allein ein Windchen aus Stuttgart führt dazu, dass man seine eigene Auffassung aufgibt. Allerdings – und das darf man nicht übersehen: Es war dann auch wohl Verfahren, in denen von Verteidigern nicht mit Augenmaß mit dieser Formel umgegangen worden ist. Das ist dann das Ergebnis.