Archiv für den Monat: März 2018

Beschädigtes Motorrad, oder: Nutzungsausfall ja oder nein?

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Urheber Noop1958

Und in der zweiten Entscheidung geht es heute noch einmal um das Motorrad, und zwar um die Frage, ob ein Anspruch auf Schadensersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit besteht, wenn ein Motorrad beschädigt wird und dadurch die Gebrauchsmöglichkeiten beeinträchtigt werden. Im entschiedenen Fall hatte der Beklagte das Motorrad des Klägers umgestoßen. Das Motorrad wurde beschädigt. Der Kläger macht Nutzungsausfall für 40 Tage geltend. Die Sache landet beim BGH. Der meint im BGH, Urt. v. 23.01.2018 – VI ZR 57/17, nachdem AG und LG die Klage abgewiesen hatten:

„Die Gebrauchsmöglichkeit des Motorrads, das dem Kläger als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht, ist als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass der vorübergehende Entzug einen Vermögensschaden darstellt. Der Umstand, dass der Kläger sein Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zur Nutzung willens und in der Lage war. Die hierzu erforderlichen Feststellungen sind noch nicht getroffen….“

Der BGH stellt dann (noch einmal) die Grundsätze betreffend einen Anspruch auf Entschädigung für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit von Kraftfahrzeugen dar und wendet die dann entsprechend an:

„Diese Grundsätze gelten auch für die Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das als Kraftfahrzeug ebenfalls geeignet ist, Zeit und Kraft zu sparen und unabhängige Mobilität zu gewährleisten. Verfügt allerdings der Geschädigte neben dem Motorrad über einen Pkw und stützt er die Wertschätzung des Motorrads vor allem darauf, dass das Motorradfahren sein Hobby sei oder im Vergleich zur Fahrt mit einem Pkw ein anderes Fahrgefühl vermittle, betrifft dieser Gesichtspunkt nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entzieht sich daher einer vermögensrechtlichen Bewertung (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2012 – VI ZR 92/12, Schaden-Praxis 2012, 438; vom 13. Dezember 2011 – VI ZA 40/11, NZV 2012, 223). Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads hingegen, das als einziges dem Geschädigten zur Verfügung stehendes Kraftfahrzeug nicht ausschließlich zu Freizeitzwecken genutzt wird, stellt sich nicht lediglich als individuelle Genussschmälerung dar und kann ebenso wie der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Pkw den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen (vgl. OLG Hamm, MDR 1983, 932; einschränkend: OLG Saarbrücken, NZV 1990, 312; OLG Düsseldorf, NJW 2008, 1964 sogar für den Fall, dass ein Zweitfahrzeug vorhanden ist; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 25 Rn. 51). Im Rahmen der im ersten Schritt anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise ergibt sich anderes nicht daraus, dass die Nutzung eines Motorrads häufig – insoweit anders als in der Regel die Nutzung eines Pkw – von den Wetter- und Witterungsbedingungen abhängig gemacht wird. Auch der Gebrauch eines Motorrads, das nur in der wärmeren Jahreszeit zugelassen ist und auch in diesem Zeitraum nur bei geeignetem Wetter gefahren wird, spart Zeit und Kraft und ermöglicht es seinem Nutzer, sein Ziel unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Zwar muss er sich von vornherein damit arrangieren, dass er bei ungeeignetem Wetter sein Fahrzeug nicht nutzen und damit von der mit dem Gebrauch des Fahrzeugs verbundenen Zeitersparnis nur unter Umständen profitieren kann, die er weder beeinflussen noch sicher vorhersehen kann. Auch muss er seine Lebensführung so gestalten, dass er jederzeit – ggf. auch kurzfristig – auf ein anderes Fortbewegungsmittel, zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, ausweichen kann. In der Zeit, in der er das Motorrad nutzt, profitiert er aber von dem Vorteil unabhängiger Mobilität und dem Zeitgewinn ebenso wie ein Pkw-Fahrer. Der hierin liegende geldwerte Vorteil kann ihm ebenso wenig wie einem Pkw-Fahrer mit der Begründung abgesprochen werden, dass er ersatzweise die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könnte.

Der Umstand, dass das Motorrad nur eingeschränkt – bei geeignetem Wetter – genutzt wird, spielt erst im zweiten Schritt, nämlich im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte im streitgegenständlichen Zeitraum zur Nutzung willens und in der Lage gewesen wäre und der Gebrauchsentzug für ihn fühlbar geworden ist. Dass dies im Einzelfall – bei einem Motorrad anders als bei einem Pkw möglicherweise unter Einbeziehung der Wetterbedingungen in dem maßgeblichen Zeitraum – festgestellt werden muss, läuft entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit des Schadens nicht zuwider.“

Der BGh hat dann allerdings nicht „durchentschieden“, sondern zurückverwiesen. Das LG muss nun im Einzelnnen klären, wie und wann der Kläger sein Motorrad nutzt.

Wenn das Motorrad nach dem Versetzen umfällt, oder: Haftung aus Betriebsgefahr

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Im samstäglichen „Kessel Buntes“ heute zunächst das AG Regensburg, Urt. v. 14.03.2018 – 10 C 2535/17 – zur Frage der Haftung aus Betriebsgefahr. Entschieden hat das AG über einen Verkehrsunfall im Dezember 2016 in Regensburg. Der Kläger hatte sein Motorrad auf einem Motorradparkplatz abgestellt. Dieses wurde beschädigt, wobei sich nicht feststellen ließ, wie und wodurch genau. Der Kläger hat behauptet, der Fahrer eines bei dem Beklagten versicherten lettischen Lkw sei  beim Abbiegen aus vermeidbarer Unachtsamkeit gegen das Kraftrad gefahren, welches hierdurch umgefallen sei. Der Beklagte hat das bestritten und behauptet, das Kraftrad sei verkehrswidrig behindernd abgestellt gewesen, weshalb der Fahrer dieses zur Seite geschoben habe. Als der Fahrer weiterfahren wollte, habe er im Rückspiegel gesehen, dass das Kraftrad aus unbekannten Gründen umgefallen sei. Aus diesem Grunde sei er ausgestiegen, und habe es wieder aufgerichtet.

Das AG sagt: Egal, welche Version stimmt. Der Beklagte haftet auch, wenn seine Version richtig ist:

 

(2) Das Umstürzen des Kraftrades ist in jedem Fall auf den Betrieb des lettischen Autotransporters, amtl.lett. pp. zurückzuführen, unabhängig davon, ob insoweit die Version der Klagepartei oder die des Beklagten zugrundegelegt wird:

Selbstverständlich liegt bei der Version der Klagepartei (welche sich zwanglos mit der in der Ermittlungsakte festgehaltenen Angabe des Zeugen E. in Einklang bringen lässt) eine Schädigung des Kraftrades bei Betrieb des Lkw vor, weil hier mit dem Lkw gegen ein abgestelltes Fahrzeug gefahren worden wäre.

Auch bei der Version des Beklagten ist das Umfallen (mit der Konsequenz der hieraus erfolgenden Beschädigung) des Kraftrades auf den Betrieb des Lkw zurückzuführen. Nach der Version des Beklagten hat der Fahrer das abgestellte Kraftrad zur Seite geschoben, weil es das Abbiegen des Autotransporters erschwert hat. Kurz nach dem Versetzen ist das Kraftrad sodann umgefallen. Insoweit ist das Umfallen auf das Versetzen zurückzuführen, und muss damit erklärt werden, dass es nicht sicher genug abgestellt wurde. Das Versetzen erfolgte durch den Fahrer, um das Abbiegen zu erleichtern. Damit besteht der unmittelbare Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs, auch wenn das Kraftrad bei dieser Konstellation nicht durch einen direkten Anstoß des Lkw umgefallen ist.

Somit ist in jedem Fall eine Haftung des Beklagten aus §§ 6 AusIPflVG, 115 VVG, 7 StVG begründet.“

Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?

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Und zum Abschluss dann das Gebührenrätsel, also ein wenig etwas zum Nachdenken über die Osterfeiertage. Ist nichts Dolles. Die Frage stammt übrigens aus dem Rechtspflegerforum, wo ich mich gelegentlich ja auch blicken lassen und aus dem ich dann ganz gern auch mal die ein oder andere „Frage an mich ziehe“ 🙂 . Hier also dann:

Hallo zusammen,

ich habe hier in einer OWi-Sache einen Festsetzungsantrag des RA. Die Verfahrens-und Einigungsgebühr beantragt er in Höhe von je 290,00 EUR mit der Begründung der immensen Länge des Verfahrens und den damit verbundenen Rückfragen.
Bußgeldbescheid ist von Jan. 2015: Geldbuße 90,00 € und 1 Punkt“.

Na, vielleicht findet ja einer über Ostern das Ei 🙂 .

Vermögensabschöpfung nach neuem Recht, oder: Schönes Osterei

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Nach der nicht so schönen Entscheidung des BGH nun ein erfreulicher Beschluss, nämlich der LG Berlin, Beschl. v. 26.03.2018 – 537 Qs 26/18, den mir der Kollege M. Greisner aus Berlin geschickt hat. Es geht noch einmal um das Entstehen der Nr. 4142 VV RVG in der Fällen der Einziehung nach neuem Recht. Da gibt es ja schon den LG Berlin, Beschl. v. 16.01.2018 – 501 Qs 127/17 und dazu: Achtung! Hier die erste Gebührenentscheidung zur (neuen) Einziehung nach neuem Recht….. Der in dem Beschluss geäußerten Ansicht schließt sich das LG Berlin nun an, also nichts Neues, aber erferulich:

„Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG liegen vor. Danach entsteht die Gebühr u. a. für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf eine Einziehung bezieht. Das ist hier der Fall. Der Verteidiger hat den Angeklagten in der Hauptverhandlung in vollem Umfang vertreten und ist daher auch hinsichtlich der vom Amtsgericht angeordneten Einziehung des Wertes des Erlangten nach §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB n. F. tätig geworden.

Es kann dahinstehen, ob die Einziehung des Wertersatzes hier den Charakter eines strafrechtlichen Schadenersatzes hat, wie das Amtsgericht meint. Dies steht einer Anwendung der hier in Rede stehenden Gebührenvorschrift jedenfalls nicht entgegen. Dem Wortlaut der Nr. 4142 VV RVG ist eine entsprechende Einschränkung nicht zu entnehmen. Der Sinn und Zweck der Neuregelung der Opferentschädigung im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, das zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten ist, spricht ebenfalls dafür, Schadensersatzansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außer Betracht zu lassen. Infolge der Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB kann der Tatertrag oder ein dessen Wert entsprechender Geldbetrag nunmehr auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen (vgl. BT Drucksache 18/9525 S. 49). Danach wird ein Verteidiger mit Fragen der Einziehung unabhängig davon befasst, ob Ansprüche von Tatgeschädigten in Betracht kommen, so dass es nur folgerichtig ist, diese Ansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außen vor zu lassen.

Soweit vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung die Auffassung vertreten wurde, die Gebührenvorschrift der Nr. 4142 VV RVG sei nicht anwendbar bei Wertersatz, wenn er den Charakter eines zivilrechtlichen Schadensersatzes habe (vgl. Gerold/ Schmidt/Burhoff, RVG, 23. Aufl. 2017, VV 4142, Rn. 8; LG Saarbrücken, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 2 Qs 18/1 1 -, Rn. 7, juris•, a. A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. April 2014 – 1 Ws 212/13 – Rn. 11), dürfte dies angesichts der Gesetzesänderung überholt sein. Diese Auffassung beruhte im Wesentlichen auf der nach alter Rechtslage vorzunehmenden Unterscheidung zwischen Einziehung und Verfall, die sich infolge der unterschiedslosen Bezeichnung der Anordnungen gemäß §§ 73 ff. StGB n. F. als „Einziehung“ erledigt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 16. Januar 2018 — 501 Qs 127/17 —, Rn. 7, juris, mit zustimmender Anmerkung von Burhoff unter https://blog.burhoff.de/2018/01 /achtung-hier-die-erstegebuehrenentscheidung-zur-neuen-einziehung-nach-neuem-recht/).“

Wie gesagt: Nichts Neues, aber schönes Ostereier. Und: Eine h.M. zeichnet sich ab, zumindest in Berlin…..

Wird eine höhere als die RVG-Vergütung erstattet, oder: Nein, sagt der BGH

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Heute ist Karfreitag, also Feiertag. Aber der ein oder andere Kollege wird vielleicht doch (auch) arbeiten. Daher fahre ich hier das ganz normale Programm, also, da Freitag ist, gebührenrechtliche Entscheidungen.

Und ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2018 – VII ZB 60/17, der seit einigen Tagen auf der Homepage des BGH veröffentlicht ist. Entschieden hat der BGH über die Frage der Erstattung einer in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarten höheren Vergütung als die sog. gesetzliche Vergütung. Ergangen ist die Entscheidung nach einem Zivilrechtsstreit, in dem die Beklagten von der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3,2 Mio € nebst Zinsen in Anspruch genommen worden waren. Die Klage ist abgewiesen worden. In dem rechtskräftig gewordenen Urteil hat das LG der Klägerin die Kosten auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Beklagten dann Kosten i.H.v. 4.819 € für eine Anschlussdeckung der Beklagtenvertreter bezüglich deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung geltend gemacht. Hintergrund dafür ist/war: Die Beklagtenvertreter hatten einen „Versicherungsstammvertrag mit einer Deckungssumme in Höhe von 2 Mio. EUR abgeschlossen. Aufgrund des hohen Streitwerts hatten die Beklagtenvertreter mit den Beklagten vereinbart, dass vorsorglich eine Einzelfallabsicherung über weitere 1,5 Mio. EUR abgeschlossen wird und dass die hierauf entfallende Prämie Bestandteil der geschuldeten Vergütung sein sollte. Diese Kosten sind weder vom LG noch vom OLG festgesetzt worden. Die Beklagten hatten mit ihrem Antrag dann schließlich auch beim BGH keinen Erfolg. Aus der Begründung:

„Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehen die Rechtsprechung und die Literatur fast einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige „gesetzliche Gebühren und Auslagen“ lediglich die Regelsätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt übersteigendes Honorar (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 56; offengelassen von BGH, Beschluss vom 13. November 2014 – VII ZB 46/12, NJW 2015, 633 Rn. 18 f. mit Nachweisen des Streitstands; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 49) und dass die unterliegende Partei Mehrkosten aufgrund eines vereinbarten Honorars auch nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2004 – VI ZB 22/04, NJW-RR 2005, 499, juris Rn. 8; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 85 Rn. 14; BVerfGE 118, 1, 18 f., juris Rn. 75 ff., zur Anbindung der Erstattungspflicht an die gesetzliche Vergütung; Hau, JZ 2011, 1047, 1050; a.M. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 3a Rn. 75)….“

Der BGH argumentiert dann „historisch“ mit „der Gebührenordnung für Rechtsanwälte in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 162, 170″ und mit der Ergänzung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Einfügung des Wortes „gesetzlichen“ im Jahr 1957.  Danach – so der BGH – sollte es dabei bleiben, dass die unterliegende Partei bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, keine prozessuale Kostenerstattungspflicht trifft. Und dann:

„Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiervon abrücken wollte, als im Jahr 2004 das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte getreten ist (vgl. Hau, JZ 2011, 1047, 1050). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Jahr 2008 in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten Vorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG. Danach hat eine Vereinbarung über die Vergütung einen Hinweis unter anderem darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass die rechtsuchende Person die vereinbarte Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der bloßen Statuierung einer Hinweispflicht in § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG die Regeln der prozessualen Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO abändern wollte. Der Hinweis darauf, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung „regelmäßig“ nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss, ist auch dann sinnvoll, wenn die unterliegende gegnerische Partei keine prozessuale Kostenerstattungspflicht bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, trifft. Denn nach der Rechtsprechung kann derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, in bestimmten Fällen materiellrechtlich verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer anwaltlichen Honorarvereinbarung zu erstatten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 58; Urteil vom 23. Oktober 2003 – III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697, juris Rn. 49; Urteil vom 14. Mai 1962 – III ZR 39/61, LM § 839 (D) BGB Nr. 18 Bl. 2, juris Rn. 11).“

Eine auch für Verteidiger „unschöne“ Entscheidung. Denn sie schreibt letztlich – auch die im Strafrecht – h.M. fest, wonach eine die gesetzliche Vergütung übersteigende vereinbarte Vergütung nicht erstattungsfähig ist. Hoffnung, dass sich das mal ändert, kann man m.E. jetzt kaum noch haben.