„Wie bescheuert darf man als Vorsitzende Richterin am BFH sein?“, oder: Aber so was von befangen…

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Starten wir in die Woche mit dem BGH, Beschl. v. 17.01.2018 – RiZ 2/16. Ja, das Aktenzeichen ist so richtig, denn es handelt sich um einen Beschluss, der in einem Prüfungsverfahren nach § 62 DRiG ergangen ist. Also etwas ungewöhnlich. Es ist aber auch ein „ungeöhnlicher“ Beschluss. Er gehört für mich in die Kategorie: Soll ich lachen, soll ich weinen, oder zu den Beschlüssen, bei denen man sich beim Lesen fragt: Wie bescheuert muss mal eigentlich sein, wenn man sich als Richter so verhält, wie es hier eine Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof (!), also keine Anfängerin, getan hat?

In dem beim BGH als Dienstgericht des Bundes anhängigen Prüfungsverfahren – man erfährt leider nicht worum es in dem Verfahren geht – gibt es gegen diese Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof – der BGH „anonymisiert“ mit Prof. Dr. J. – ein Ablehnungsgesuch der Antragstellerin des Verfahrens. Die wird wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und die Antragstellerin beruf s ich auf das Zeugnis der abgelehnten Richterin berufen. Die nimt zum Ablehnungsgesuch Stellung. Den letzten Absatz ihrer Äußerung hat sie mit dem Satz eingeleitet, die Antragstellerin sei ihr „schon aus dem Studium“ bekannt, „wo sie stets in der ersten Reihe“ gesessen habe. Die Antragstellerin hat dann ihr Ablehnungsgesuch ergänzend auf die Ausführungen der abgelehnten Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme gestützt.

Und – ich denke – es überrascht nicht: Das Ablehungsgesuch hat Erfolg:

„II.
Das Ablehnungsgesuch gegen Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof Prof. Dr. J. , über das der Senat unter Beteiligung ihres ersten Vertreters entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 24. März 2017 – 2 WD 13/16, juris Rn. 4), ist begründet.

Auf die Ablehnung eines Richters im Prüfungsverfahren sind nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO die §§ 41 bis 49 ZPO entsprechend anzuwenden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2015 – RiZ(R) 1/15, – RiZ(R) 2/15 und – RiZ(R) 3/15, jeweils juris Rn. 3 mwN). Nicht erforderlich ist dagegen, dass tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Vielmehr genügt es, dass die aufgezeigten Umstände geeignet sind, einem Verfahrensbeteiligten Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben; denn die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 15. März 2012 – V ZB 102/11, NJW 2012, 1890 Rn. 10, vom 20. August 2014 – AnwZ 3/13, NJW-RR 2014, 1469 Rn. 5 und vom 18. Dezember 2014 – V ZR 84/14, NJW-RR 2015, 445 Rn. 5; BVerfGE 108, 122, 126/129).

Danach liegt ein Ablehnungsgrund vor. Die dienstliche Stellungnahme, die eine mit den bis dahin vorgetragenen Ablehnungsgründen nicht in Zusammenhang stehende wertende Schilderung von Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen enthält, gibt aus Sicht der Antragstellerin – mehr ist für den Erfolg des Ablehnungsgesuchs nicht erforderlich – Anlass zu begründeten Zweifeln an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin.“

Erfrischend kurz. Aber mehr braucht der BGH nun wirklich nicht zu schreiben. Jedes weitere Wort wäre bei dieser an der Stelle völlig unnötigen – noch nicht mal witzigen – Bemerkung – zu viel gewesen. Das Ablehnungsgesuch ist nämlich so was begründet.

Man fragt sich dann allerdings, was das soll. Entweder ist die abgelehnte Richterin wikrlich „bescheuert“ oder hat kein Feeling“, beides wäre fatal, denn immerhin ist sie Vorsitzende Richterin am BFH. Da sollte man wissen, dass man sich so nicht äußert. Oder, was auch sein kann, aber auch nicht darf: Sie hat einen Weg gesucht, sich selbst aus dem Verfahren herauszuschießen. Nun, den hat sie gefunden.

8 Gedanken zu „„Wie bescheuert darf man als Vorsitzende Richterin am BFH sein?“, oder: Aber so was von befangen…

  1. meine5cent

    @-thh
    Ich hatte bei der Lektüre von 2 BvR schon befürchtet, dass Sedika W. statt bei Siemens jetzt am BFH tätig ist.

    Wenn man sich aus diesem Prüfverfahren herausschießt spart man sich vermutlich einige Mühsal inklusive künftiger Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung etc, angesichts der Klage- und Beschwerdewut der Richterin Dr. G. in der BVerfG-Entscheidung;
    Unter demselben RiZ-Az ist noch ein Beschluss des BGH veröffentlicht, wonach ein Bekannter der betroffenen Richterin im Verfahren bleiben muss.
    Bescheuert ist die abgelehnte Vorsitzende sicher nicht,wenn man so ihre Vita ansieht; eine Professur im Steuerrecht bekommt man wohl nicht wegen Inkompetenz oder als Trostpreis wenn man den FA-Lehrgang knapp versemmelt hat. Beim BFH scheint neben dieser Besetzungsquerele das Hauen und Stechen um Vorsitzendenstellen noch heftiger zu sein als weiland beim BGH in der „Tolksdorf-Fischer-Affäre“

  2. Detlef Burhoff

    „Bescheuert ist die abgelehnte Vorsitzende sicher nicht,wenn man so ihre Vita ansieht; eine Professur im Steuerrecht bekommt man wohl nicht wegen Inkompetenz oder als Trostpreis wenn man den FA-Lehrgang knapp versemmelt hat. Beim BFH scheint neben dieser Besetzungsquerele das Hauen und Stechen um Vorsitzendenstellen noch heftiger zu sein als weiland beim BGH in der „Tolksdorf-Fischer-Affäre“

    Das ist doch nicht das Problem dieser Entscheidung, sondern die Art und Weise der Stellungnahme. Natürlich war die „bescheuert“. Und was das mit einem FA-Lehrgang zu tun hat, erschließt sich mich nicht.

  3. Yann

    Witzig ist ja, dass Prof. Dr. G. bei ihrer Ernennung zur BFH-Richterin weder Prof. noch Dr. war.

    Entgegen der im BverfG-Beschluss erwähnten Umstände scheint beim BFH noch viel Luft im Dezernat zu sein.

  4. SKL

    Es ist „mutig“ von Herrn Maas (seinerzeit Bundesjustizminister) einen Bestseller unter seinem Vorwort „über mutige Richter im Nationalsozialismus zu veröffentlichen,“ Kränze niederzulegen und gleichzeitig die ihn von der Bundesrichterin (Richterin Prof. Dr. G). angezeigten aktuellen Verbrechen der Richter (BVerfGE 2 BvR 877/16) am Finanzgericht und Bundesfinanzhof, durch den weiteren Rechtsbruch seines Präsidenten am Bundesverfassungsgericht, zu ignorieren.

    Solange Richter entgegen ihrem Amtseid wegen offensichtlich begangener Rechtsbeugung (Verbrechen) nicht strafverfolgt werden, sind dem Gestaltungsspielraum in jeder Branche gar keine Grenzen gesetzt.

  5. meine5cent

    Schon eine alte Geschichte, aktuell dazu:

    Die betreffende Antragstellerin, die die „bescheuerte“ Richterin abgelehnt hat, ist nach einem justiziellen Amoklauf (anders kann man es wohl nicht bezeichnen, wenn man die vielen Entscheidungen zu diesem Az sieht und liest, was zur Entfernung geführt hat), aus dem Dienst entfernt…

    https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&anz=1114&pos=4

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