Durchsuchung II: Wenn das AG „keine Anträge mehr annehmen“ will, oder: Closed Shop?

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Urhber: Hichhich – Eigenes Werk

Nicht (unmittelbar) zur Durchsuchung ist der umfangreiche BGH, Beschl. v. 26.01.2017 – StB 26 und 28/14 – ergangen. Er behandelt nämlich Fragen des nachträglichen Rechtsschutz gegen bereits erledigte verdeckte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus nach §§ 20g bis 20n BKAG. Insoweit – sagt der BGH – ist nicht der ordentliche, sondern ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; das gilt auch, wenn wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ge-führt wird und somit gemäß § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG die Benachrichtigung der von diesen Überwachungsmaßnahmen betroffenen Personen durch die Strafverfolgungsbehörde entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts durchzuführen ist.

In der Sache geht es um die Vewertung der Ergebnisse von TKÜ-Maßnahmen, die vom BKA nach dem BKA-Gesetz durchgeführt worden waren. In dem Zusammenhang dann auf Seite 41 des Beschlusses folgende Ausführungen des BGH:

(b) Sämtliche anderen von dem Bundeskriminalamt präventiv durchge-führten Überwachungsmaßnahmen waren – soweit hier für die Begründung des gegen die Beschwerdeführer bestehenden Tatverdachts von Belang – rechtmä-ßig. Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:……….

(bb) Hinsichtlich der Überwachung der ISDN-Anschlüsse der Betreiber des Internetcafes „Cy. Cafe“ gemäß § 20l BKAG bestehen allerdings rechtliche Bedenken, soweit dieser Maßnahme aufgrund angenommenen Gefahrenverzugs zunächst nur die Eilanordnung des Präsidenten des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010 zugrunde lag (§ 20l Abs. 3 Satz 2 BKAG). Der Eilanordnung war um 15.05 Uhr ein Telefonat zwischen einem Beamten des Bundeskriminalamts und dem für die Anordnung zuständigen Amtsrichter vorausgegangen, bei dem der Amtsrichter erklärt hatte, dass das Amtsgericht Wiesbaden an diesem Tage „keine Anträge mehr annehmen würde. Der zuständige Richter sei heute damit nicht mehr zu erreichen“ (Vermerk des Bun-deskriminalamts vom 23. Dezember 2010). Da in die Bewertung des Gefahrenverzugs seitens der für den Erlass einer Eilanordnung zuständigen nichtrichterlichen Organe auch einzustellen ist, in welchem zeitlichen Rahmen mit einer Anordnung durch das Gericht zu rechnen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 BvR 2718/10 u.a., BVerfGE 139, 245, 270), begegnete das Vorgehen des Beamten des Bundeskriminalamts zwar keinen rechtlichen Bedenken, soweit dieser zunächst abklärte, ob in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen mit einer gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung gerechnet werden konnte. Jedoch lassen sich die Hintergründe für die Erklärung des Amtsrichters – etwa die Notwendigkeit, vorrangig andere bereits eingegangene Anträge auf Erlass von Anordnungen nach den §§ 20g ff. BKAG bearbeiten zu müssen – weder dem Vermerk des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010 noch der daraufhin ergangenen Eilanordnung entnehmen. Diese verstehen sich – abgesehen davon, dass die Entscheidung, ob Anträge der Ermittlungsbehörden „angenommen“ werden, nicht der Disposition des Gerichts unterliegt – insbesondere angesichts der Uhrzeit des Telefonats auch nicht von selbst (zum Erfordernis der Dokumentation der den Gefahrenverzug begrün-denden Umstände vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. März 2006 – 1 StR 534/05, wistra 2006, 311, 312). Das lässt besorgen, dass seitens des Amtsgerichts eine richterliche Entscheidung aus sachwidrigen Erwägungen verweigert und diese Erklärung vom Bundeskriminalamt ohne weiteres hingenommen worden war. Es bedarf indes keiner Klärung, ob dies zur Rechtswidrigkeit der Eilanordnung führte, weil die nach § 20l Abs. 3 Satz 1 und 3 BKAG erforderliche richterliche Entscheidung am 25. Dezember 2010 nachgeholt und relevante Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung erst danach gewonnen wurden.“

Warum der Beschluss hier? Nun, eine „Konstellation, die sich ggf. auch mal bei der beantragten Anordnung einer Durchsuchungsmaßnahme stellen kann, mit der sich daran dann anschließenden Frage: Besteht dann „Gefahr im Verzug“?

Allerdings: Schon heftig, wenn das AG „keine Anträge mehr annehmen“ will. Closed Shop?

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