Pauschgebühr, nein? oder: Die Pauschgebühr ist keine Belohnung für Kosteneinsparungen beim Staat

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Als zweite gebührenrechtliche Entscheidung des heutigen Tages stelle ich den OLG Koblenz, Beschl. v. 13.02.2017 –  1 AR 110/16 – vor. Er behandelt einen Pauschgebührantrag. Der Verteidiger – es war der Kollege Siebers aus Braunschweig – hatte nach einem Berufungsverfahren eine Pauschgebühr beantragt. Zur Begründung hatte er vorgetragen, „der Angeklagte sei vom Amtsgericht „nach einer mehrtägi­gen aufwendigen Beweisaufnahme“ verurteilt worden: durch „intensives Aktenstudium und eine ausführliche Analyse“ sei er zu der dem Angeklagten ausführlich erläuterten Einschätzung gelangt, dass die Berufung kaum Aussicht auf Erfolg habe. Nach Erörterung der Sach- und Rechtlage zu Beginn der Hauptverhandlung habe er dem Angeklagten die Berufungsrückname nahegelegt.“

Das OLG hat abgelehnt und führt zur Begründung aus:

„2. Der Antrag ist unbegründet, weil weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass und warum die Sache besonders umfangreich oder besonders schwierig gewesen sein könnte und die Regelvergütung in Höhe von 672 € für die Teilnahme an einer kurzen Hauptverhandlung und deren Vorbereitung unzumutbar wäre.

Es mag sein, dass der Verteidiger einen wesentlichen Beitrag dazu leistete, dass der Angeklagte seine Berufung zurücknahm. Das ist aber kein Grund für die Bewilligung einer Pauschvergütung. Wenn die Erfolgsaussichten gering waren – was nach Aktenlage zutrifft – hat der Antragsteller mit einer entsprechenden Beratung des Angeklagten genau das getan, was seine Aufgabe war. Die Pauschvergütung ist aber keine Belohnung für pflichtgemäßes Verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dies im Endeffekt auch für den Staat als kostensparend erweist.

Auch bei einem bestellten Verteidiger gehört ein sorgfältiges Aktenstudium zur Erarbeitung einer zielführenden Verfahrensstrategie zu den Aufgaben, die grundsätzlich durch die Regelgebühren abgegolten werden. Besondere Umstände. die eine Pauschvergütung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Es mag nicht ganz einfach gewesen sein, aus dem Aktenwust mit viel „Verfahrensbürokratie“ die (potentiell) relevanten Protokolle und Vermerke zu extrahieren. Der verfahrensrelevante Stoff selbst war aber nicht besonders umfangreich. Das, was für die Schuld des Angeklagten sprach, konnte man im Urteil des Amtsgerichts nachlesen: Entlastendes, das vom Amtsgericht übersehen worden sein könnte, war in den Akten nicht zu finden.“

Tja: Jetzt lassen wir mal die Frage dahingestellt, ob in dem Fall eine Pauschgebühr nach § 51 RVG festzusetzen war oder nicht. Jedenfalls hat der Kollege ja wohl zur Abkürzung des Verfahrens beigetragen, was andere OLG bei der Bewilligung einer Pauschgebühr berücksichtigen. Das aber wohl nicht beim OLG Koblenz. Das meint vielmehr den Kollege über seine Pflichten belehren zu müssen, was der Kollege sicherlich mit großer Dankbarkeit über die belehrenden Worte zur Kenntnis genommen haben wird 🙂 . Das hätte das OLG sich m.E. sparen können. Der Satz: „Die Pauschvergütung ist aber keine Belohnung für pflichtgemäßes Verhalten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dies im Endeffekt auch für den Staat als kostensparend erweist.“ ist überflüssig. Es geht bei § 51 RVG nicht um pflichtgemäßes Verhalten des Verteidigers – wir können jetzt lange diskutieren, was das eigentlich ist – sondern nur darum, ob das Verfahren „besonders umfangreich“ oder „besonders schwierig“ war und die gesetzlichen Gebühren unzumutbar waren/sind. Mehr ist nicht gefragt.

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