Die Schulung des Messbeamten, oder: Was der kann, das kann er – immer ….

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Urheber Photo: Andreas Praefcke

Im Bußgeldverfahren spielt, wenn es um die Verwertung von Messungen geht, ggf. auch die Frage eine Rolle, ob und seit wann der Messbeamte in der Bedienung des Messgerätes geschult war. Damit befasst hat sich vor einiger Zeit nun auch das AG Castrop-Rauxel, Urt. v. 03.02.2017 – 6 OWi-267 Js 2376/16-334/16 – und zwar in Zusammenhang mit einer PoliscanSpeed-Messung.

Das AG geht davon aus, dass, wenn Messbeamte einmal in der Bedienung eines Geschwindigkeitsmessgerätes geschult sind, diese Schulung auch für nachfolgende Änderungen der Softwareversionen des Messgerätes gilt.

Das ist m.E. zweifelhaft. Jedenfalls muss der Verteidiger, wenn er einen Beweisantrag gerichtet auf die Feststellung, dass die Messbeamten nicht in der aktuellen Softwareversion des Geschwindigkeitsmessgerätes geschult sind, stellt, Angaben darüber machen, welche Änderungen aus der neuen Software sich für die Bedienung des Messgerätes ergeben. Sonst wird das AG – so jedenfalls das AG Castrop-Rauxel – dem bei einem standardisierten Messverfahren nicht nachgehen. Und Poliscan-Speed ist standardisiert – sagt das AG Castrop-Rauxel.

Die Entscheidung liegt in etwa auf der Linie der OLG, die hinsichtlich Schulungen recht streng sind. Die OLG (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.07.2014 – 1 RBs 50/14 und OLG Hamm, Beschl. v. 10.03.2017 – 2 RBs 202/16) gehen nämlich davon aus, dass auch eine bereits gut fünf Jahre zurückliegende Schulung nicht zu Zweifeln an der Befähigung des Messbeamten oder an der Richtigkeit der Messung veranlasst, wenn konkrete Hinweise fehlen, dass die erteilte Bescheinigung auf eine bestimmte Softwareversion des Messgerätes beschränkt war oder dass die zwischenzeitliche Einführung neuer Softwareversionen grundlegende Änderungen erfahren hat.

Frage: Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer usw.,  – gelegentlich sogar Richter 🙂 – alle bilden sich fort bzw. frischen ihre Kenntnisse auf. Warum Messbeamte das nicht müssen, erschließt sich mir nicht. Sollen die wirklich auf Jahre hin von den einmal erworbenen (?) Kenntnissen zehren dürfen?

11 Gedanken zu „Die Schulung des Messbeamten, oder: Was der kann, das kann er – immer ….

  1. WPR_bei_WPS

    Also mal abgesehen von der (meiner Meinung nach lächerlichen) ‚das vergisst er auch nach 100 Jahren nicht‘ Haltung: Das eine neue Schulung nicht nötig ist, wenn sich auf Nutzerseite nichts ändert macht durchaus Sinn.

  2. Ich

    Allein der Umstand, dass Fachanwälte ihren FA-Titel verlieren, wenn sie sich nicht jedes Jahr (!) in einem gewissen Umfang fortbilden, ist schon ein starkes Indiz dafür, als wie flüchtig erworbenes Wissen manchmal betrachtet wird. Und ich gehe nicht davon aus, dass Fachanwälte „dümmer“ sind als Messbeamte 😉 .

  3. Maste

    Neulich im AG: Schulungsnachweis aus dem Jahr 2002- reicht dem Gericht bzgl der Sachkunde des Messbeamten. Fortbildung braucht er nicht, der kann das wegen seiner jahrelangen Erfahrung…
    2002 war Rudi Völler noch Bundestrainer, Kahn im Tor, Ballack und Frings davor- vielleicht sollten die alle auch nochmal die Stiefel schnüren:-)
    Man fragt sich warum man so dämlich ist und als Fachanwalt 15 Stunden jährlich an Fortbildung ableisten muss,die im Übrigen auch noch aus eigener Tasche(NICHT VOM DIENSTHERRN) bezahlt werden muss. Sinnvoll ist sie allemal, die Kenntnisse helfen mir zumindest häufig weiter und man bleibt auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung!

  4. schneidermeister

    Also wenn es nur darum geht, einmal zu lernen, wie man ein Gerät aufzustellen und auszurichten hat, dann hat das recht wenig mit „Fortbildung“ zu tun, falls sich an dieser grundlegenden Handhabung nichts ändert, sondern nur an der Software, die für den Messbeamten ohnehin eine Blackbox ist. Messbeamte sind ja keine Softwareingenieure.

    Auffrischungskurse im engeren Sinne (also Nochmallernen bzw. Nachweis des Könnens des bereits Gelernten und ggf. jahrelang Praktizierten) gibt es in anderen Berufen auch nicht immer. Ärzte müssen zB nicht alle 3 Jahre noch mal nachweisen, dass sie in der Lage sind, einem Patienten eine intravenöse Injektion zu verpassen, um mal ein „standardisiertes Behandlungsverfahren“ als Beispiel zu nehmen (und ja, da kann sehr viel schiefgehen von der Embolie bis zum Spritzenabszess).

  5. Sascha Petzold

    „Erfahrung ist das, was mein jahrelang falsch macht!“
    Das dieses Zitat durchaus richtig ist, sieht man täglich bei der richterlichen Glaubhaftigkeitsprüfung. Ich habe jedenfalls noch kein Gericht angetroffen, dass auch nur andeutungsweise die Grundsätze der Wissenschaft angewendet hat.
    Daher muss regelmäßige Fortbildung und Schulung Pflicht sein, für Fachanwälte, Richter und halt auch für Messbeamte.

  6. schneidermeister

    @Sascha Petzold:
    Das liegt aber nicht daran, dass die Richter die Glaubhaftigkeitsprüfung einmal gelernt und nicht ausreichend Wiederholungkurse gemacht hätten, sondern dass sie (wie auch Rechtsanwälte) es von vorneherein gar nicht gelernt haben.
    Hier geht es darum, ob man einmal einen Sachkundenachweis erbracht hat und ob der wiederholt abgelegt werden muss, wenn sich trotz Änderungen an der Software an der Bedienung nichts ändert.

  7. Briag

    Die Bedienung eines Geschwindigkeitsmessgerätes ist regelmäßig kein Hochreck. PoliscanSpeed könnte ich nach einmaligem Zusehen selbst aufstellen und bedienen. Im Übrigen führt eine Fehlbedienung bei PoliscanSpeed nicht zu falschen Messwerten, sondern allenfalls dazu, dass überhaupt keine Werte mehr ermittelt werden, weil die Fahrzeuge nicht lang genug erfasst werden.

    Die Bedienung eines PKW ist deutlich komplizierter. Trotzdem fragt niemand, ob denn der Fahrer seine Führerscheinprüfung auch wirklich auf einem baugleichen PKW abgelegt hat und ob er sich – wenn dem nicht so ist – zumindest regelmäßig fortbildet.

    Und der Vergleich mit Glaubhaftigkeitsprüfungen (gemeint ist wohl die Prüfung von Gutachten?), die eine hochkomplexe Materie darstellen und bei denen sich sogar die Experten untereinander widersprechen, greift doch ebenso wenig, wie der mit vorgeschriebenen Fortbildungen für Fachanwälte, die jedes mal einen neuen Teil einer potentiell unendlichen Materie beleuchten. Und der Sinn dieser Fortbildung (die teilweise auch einfach im dem ankreuzen Simpler Multiple-Choice-Fragen aus irgendwelchen Zeitschriften oder aus einem mehrtägigen, von der Steuer absetzbaren Mallorcaurlaub bestehen kann) liegt ja gerade darin, behaupten zu dürfen, sich in einer bestimmten Rechtsmaterie besser auszukennen, als der durchschnittliche Rechtsanwalt, der sie auch mal studiert hat. Der Messbeamte behauptet aber nicht, das Gerät deutlich besser zu bedienen, als andere Messbeamte.

  8. Detlef Burhoff

    Immer noch besser eine FB auf Mallorca als überhaupt keine FB wie bei manchen (Amts)Richtern. FB auf Mallorca ist übrigens kein Urlaub – jedenfalls die nicht, die ich gemacht habe,

  9. Raimund Frenzel

    Die Technik und ihr Umfang verändern sich mit der Zeit atemberaubend. Und das stellt sich einfach die Frage, ob man sich von einem Arzt operieren lässt, der vor zehn Jahren das Skapell aus der Hand gelegt hat. Stillstand bedeutet immer wieder Rückschritt.

    Selbst, wenn man auf dem laufenden ist, sind im Einzelfall die letzten 2% entscheidend. Normalerweise kann man nach 5 JHren sein erworbenes Wissen getrost in die Ewigkeitsablage verbringen.

    Erfahrung heißt in diesem Fall “ Lernen sammeln von eigenen Erfahrungen“ , wenn man so denkt, dann kann man auch den Beruf der Lehrer locker vergessen.

    Man muss sich doch die Frage stellen, warum der Dienstherr keine Fortbildung bezahlt. Denn solange die Gerichte die Fortbildung der Messbeamten nicht hinterfragen, solange sind sie sein Werkzeug, um Buerger unberechtigterweise abzukassieren.

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